Tief in meinem Herzen
Beth.
„Aber du … du hast doch sicher deine Frau geliebt?“, fragte sie zögernd.
Seine Augen wurden schmal.
„Wenn ich sie geliebt hätte, dann wäre mein Sohn jetzt vielleicht noch am Leben“, gab er verbittert zurück.
„Was meinst du damit?“
Er schüttelte den Kopf.
„Vergiss es. Es spielt jetzt keine Rolle. Ich habe andere Neuigkeiten, die dich viel mehr interessieren werden. Wie ich mir schon gedacht hatte, hat es gestern weiter unten am Berg einen Erdrutsch gegeben. Das waren also die Geräusche gewesen, die wir gehört haben.“
Erschrocken sah Beth ihn an.
„Wurde jemand verletzt?“
„Glücklicherweise stehen keine Häuser auf dieser Seite des Berges. Die Straße nach Oliena ist allerdings blockiert. Bis die Massen an Erde abgetragen sind, sitzen wir hier fest und kommen nicht in die Stadt. Und zu uns kann auch niemand rauskommen. Also auch nicht der Arzt, den ich beauftragt hatte, den DNA-Test durchzuführen.“
Beth runzelte die Stirn, als ihr die Bedeutung seiner Worte bewusst wurde.
„Was können wir also tun?“
Er zuckte die Schultern.
„Wir können nur warten, bis die Straße wieder frei ist. Und das kann ein paar Tage dauern.“
„Aber dann sitze ich hier vielleicht mehrere Wochen lang fest, wenn wir danach auch noch auf die Ergebnisse warten müssen.“ Der Chef der Reinigungsfirma, für die sie arbeitete, würde ihr sicher nicht ewig freigeben, dachte Beth beunruhigt.
Cesario warf einen Blick auf den sonnigen Schlosshof und dann auf die Berge.
„Es gibt sicher schlimmere Orte, an denen man festsitzen könnte“, versuchte er sie aufzumuntern. „Und sieh es doch einmal so – auf diese Weise haben wir genug Zeit, uns richtig kennenzulernen. Das könnte wichtig sein, falls Sophie meine Tochter ist.“
Seine Worte verursachten ein Kribbeln in Beths Magen, welches sie sofort unterdrückte. Sie musste diese Schwärmerei für ihn endlich unter Kontrolle bekommen. Schließlich sah er in ihr nichts weiter als Sophies Vormund. Dennoch schlug ihr Herz schneller, als er auf sie herabsah und sein Mund sich zu einem leichten Lächeln verzog.
„Um acht Uhr wird das Dinner serviert. Ich freue mich auf deine Gesellschaft, Beth“, murmelte er schließlich, bevor er das Pferd antrieb und quer durch den Garten davongaloppierte.
5. KAPITEL
Beth besaß nur ein einziges Kleid. Und wie fast alle ihre Kleidungsstücke hatte sie es in einem Secondhandladen erstanden. Im Gegensatz zu ihrer übrigen eher armseligen Garderobe jedoch war das jadegrüne Abendkleid eine exklusive Kreation eines bekannten Designers. Es war schlicht geschnitten mit einem herzförmigen Ausschnitt, schmalen Spaghettiträgern und zartem Chiffon über dem seidenen Unterrock.
„Ich kann es nicht fassen, dass du dieses Designerkleid fast umsonst bekommen hast“, hatte Mel sich beschwert. „Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, was dieses Kleid neu gekostet hätte?“
Tränen traten Beth in die Augen, als sie an ihre verstorbene Freundin dachte.
Und jetzt war Mel fort. Und ihr letzter Wunsch war gewesen, dass sie ihre Tochter großziehen würde.
„Bitte liebe Sophie für mich“, hatte sie ihr ins Ohr geflüstert, als sie schon sehr schwach gewesen war. Und Beth hatte es ihr versprochen. Sie musste es irgendwie schaffen, Cesario davon zu überzeugen, dass er sie und Sophie nicht trennen durfte, komme, was wolle.
Sie war ein wenig nervös wegen des Abendessens mit ihm. Die ganze Zeit musste sie daran denken, wie unglaublich sexy er hoch zu Ross ausgesehen hatte. Er strahlte so viel Stärke und Macht aus. Und als er sie angelächelt hatte, war ihr wieder so gewesen, als würde sich ihr Herz zusammenziehen.
Sofort rief sie sich zur Vernunft. Sie würde sich jetzt nicht wieder irgendwelchen unvernünftigen Fantasien hingeben. Trotzdem leuchteten ihre Augen, und ihre sonst so blassen Wangen waren leicht gerötet. Ihre Hand zitterte ein wenig, als sie etwas Gloss auf ihre Lippen strich. Ihr frisch gewaschenes Haar war zu seidig zum Hochstecken, also ließ sie es offen über ihre Schultern fallen.
Um den Hals trug sie das einzige Schmuckstück, das sie besaß – ein goldenes Medaillon mit dem Foto ihrer Mutter. Flache Ballerinas, die sie in der Farbe ihres Kleid gefärbt hatte, machten ihr Outfit komplett. Nach einem letzten Blick in den Spiegel trat sie vom Schlafzimmer in das angrenzende Kinderzimmer und warf dem Zimmermädchen Carlotta, das auf Sophie aufpassen würde, ein Lächeln zu.
Teodoro
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