Tief in meinem Herzen
Schließlich hätte sie ihnen ja erzählen können, was wirklich passiert war.
Sie hatte nur keine Beweise. Es wäre das Wort einer Nanny gegen das eines hoch angesehenen Anwalts gewesen. Und nachdem Hugo es so aussehen lassen hatte, als sei sie eine Diebin, hätte ihr wohl niemand geglaubt, dass der Mann sie sexuell belästigt hatte.
Hugo Devingtons arrogantes Grinsen, als er eine Fünf-Pfund-Note aus der Tasche gezogen und ihr angeboten hatte, das Taxi zum Bahnhof zu zahlen, würde sie wohl nie vergessen. Genauso wenig wie sein rotes Gesicht, als er seine schwitzige Hand unter ihren Rock geschoben hatte.
Ein Gefühl der Übelkeit überkam sie, und sie zwang sich, Cesarios Blick zu erwidern.
„Ich habe nichts zu verbergen.“
„Tatsächlich nicht?“ Er schwieg einen Moment lang. „Und ich dachte, du versuchst die Tatsache, dass du ein Paar Diamantohrringe im Wert von vierzigtausend Pfund gestohlen hast, vor mir zu verheimlichen.“
„Das habe ich nicht getan.“ Ihre Stimme war fest, und fast glaubte Cesario ihr. „Es stimmt …“, fuhr sie fort. „Es hat einen … Zwischenfall gegeben. Aber die Polizei war nicht involviert, und die einzigen Leute, die davon wissen, sind Mr und Mrs Devington und ich. Ich verstehe nicht, wie jemand davon erfahren konnte“, sagte sie leise.
Cesario zuckte die Schultern.
„Die Devingtons beschäftigen mehrere Hausangestellte. Alle wussten, warum du plötzlich gehen musstest. Die Leute tratschen eben gern – vor allem, wenn sie etwas getrunken haben. Mein Detektiv hat sich eine Weile mit dem Koch unterhalten.“
„Der weiß nicht, was wirklich passiert ist.“ Beths Stimme zitterte. „Niemand weiß es. Außer mir und Mr Devington.“
„Willst du mir etwa sagen, dass die Cartier-Ohrringe, die Hugo Devington seiner Frau zum Geburtstag geschenkt hat, nicht aus ihrem Schmuckkästchen verschwunden und in der Kommode in deinem Zimmer gefunden worden sind?“, fragte Cesario kalt.
Beth wurde blass. Sie wollte sich verteidigen, konnte sich unter Cesarios hartem Blick jedoch kaum konzentrieren. Sie hasste diese Art von Konfrontationen. Ihr fiel der Vorfall an ihrer Schule damals wieder ein. Als eines der Mädchen klagte, seine teure Uhr sei aus ihrem Schließfach verschwunden.
Stephanie Blake war eines der hübschen beliebten Mädchen aus gutem Hause gewesen. Beth hatte nie viel mit ihr und ihren Freundinnen zu tun gehabt. Als sie die Uhr auf dem Spielfeld gefunden hatte, wo Stephanie sie fallen gelassen haben musste, hatte sie sich beeilt, sie ihr zurückzugeben. Statt sich zu bedanken, hatte das Mädchen ihr nur einen misstrauischen Blick zugeworfen. Später hatte Beth mitgehört, wie es mit seinen Freundinnen darüber sprach, dass Beth die Uhr sicher gestohlen und dann aus Angst wieder zurückgegeben hätte.
„Mein Vater hat gesagt, Heimkindern könne man nie trauen“, erklärte Stephanie überzeugt. „Sicher hatte Beth vorgehabt, meine Uhr zu verhökern.“
Damals, mit vierzehn, war sie zu schüchtern und unsicher gewesen, um sich zu verteidigen, erinnerte Beth sich bedrückt. Dieses Mal würde sie sich nicht so behandeln lassen.
„Ich schwöre, ich habe die Ohrringe nicht genommen. Ich war selber vollkommen überrascht, als sie in meinem Zimmer gefunden wurden. Ich weiß allerdings, wer sie dort versteckt hat.“
„Und warum hast du das damals nicht gesagt?“
Frustriert verzog Beth den Mund und sah an ihm vorbei. Er würde ihr ohnehin nicht glauben.
Beth war schuldig, dachte Cesario übellaunig. Es war eindeutig. Sie konnte ihm ja nicht einmal mehr in die Augen sehen. Dass die Devingtons keine Anzeige erstattet hatten, wunderte ihn etwas. Vielleicht wollten sie Beth auch einfach nur so schnell wie möglich aus dem Haus haben und die Sache abhaken.
In diesem Moment warf Beth ihm einen verstohlenen Blick zu, und zu seinem Ärger krampfte sich sein Magen zusammen, als er den gequälten Ausdruck in ihren Augen sah. Wie konnte sie ihm jetzt noch leidtun? fragte er sich voller Selbstverachtung. Sie tat nur so verletzt. Und es war sehr wahrscheinlich, dass ihre ganze Babystory erstunken und erlogen war, bloß, um Geld aus ihm herauszupressen.
„Pass auf, ich gebe dir jetzt eine letzte Chance, mir die Wahrheit darüber zu erzählen, warum du hier bist“, erklärte er kalt. „Ich glaube wirklich nicht, dass das Kind meins ist. Wenn es jedoch so sein sollte, dann werde ich dafür sorgen, dass du keinen Kontakt mehr mit ihm hast. Du bist mit deiner
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