Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
Vom Netzwerk:
im Kreml saßen. Sie hatten viel zu verlieren, wenn ein britisches U-Boot den Meeresboden von SONAZ untersuchte. Russlands Ehrgeiz, sich einen Platz in der neuen Weltordnung zu sichern, würde dadurch mindestens um zehn Jahre zurückgeworfen. Und sie würden doch nicht einfach untätig dabei zusehen, oder? Sie würden doch bestimmt Maßnahmen ergreifen?
    Es ist meine letzte Hoffnung, dachte Rattigan.
    *  *  *
    Vierundzwanzig Stunden lang hatte Kate ihre Ängste für sich behalten. Im Flugzeug nach Reykjavík und im Helikopter hatte sie sich mit den Einzelheiten des Vorgehens befasst. Als der Helikopter bei starkem Wind auf der – wie ihr vorkam – winzigen Tankplattform gelandet war, hatte sie die Augen fest zugekniffen, den Aluminiumrahmen ihres Sitzes umklammert und im Kopf lange Zahlenreihen dividiert. Selbst als sie auf die HMS Tenacious hinuntergelassen wurde, hatte sie durchgehalten. Wie eine Stoffpuppe hatte sie sich, ausgerüstet mit einer dicken orangefarbenen Schwimmweste, die ihr bis unters Kinn reichte, abseilen lassen und war wie ein Fisch an der Angel eingeholt worden. Als sie schließlich auf Zuruf die Augen wieder geöffnet hatte, stellte sie fest, dass zwei stämmige, grinsende Männer sie aufgefangen hatten. Roddy kletterte bereits über die Leiter in den Turm hinunter, wo Kommandant Gerhardie ihn erwartete.
    Anderthalb Stunden hatte es gedauert, bis die Kameras an der Außenhülle des U-Boots montiert worden waren. In dieser Zeit war sie im Kommandoturm geblieben. Roddy war bereits mit dem Kommandanten und einigen Offizieren unten in der Kommandozentrale. Dreimal hatten sie schon einen Matrosen zu Kate geschickt, um sie zu bitten, herunterzukommen, und einmal war Roddy sogar selbst aufgetaucht. »Was machst du da? Komm herunter?« »Ich komme ja«, hatte sie mit einem schwachen Lächeln erwidert, aber als er wieder weg war, hatte sie das Geländer nur noch fester umklammert und war oben geblieben.
    Roddy kam wieder, als das U-Boot bereit zum Tauchen war.
    »Was ist los?«
    Sie standen nebeneinander mitten im weiten, wogenden Ozean. Auch ein Offizier und zwei Gefreite waren im Turm.
    »Ich habe Phobien«, flüsterte sie.
    »Was für Phobien? Das hast du mir gar nicht gesagt.«
    Er legte den Arm um sie. Um sie herum war es still, nur der Wind pfiff. Jemand steckte den Kopf aus der Luke.
    »Kommandant Gerhardie lässt Ihnen ausrichten, dass alle nach unten müssen, Sir, Ma’am.«
    »Scheiße!«, flüsterte Kate.
    »Sag mir, was für Phobien du hast.«
    »Wasser«, gab sie zu und sah ihn an.
    »Wasser.« Er schaute auf das Meer. »Hier draußen ist eine Menge Wasser. Komm nach unten, dann siehst du es nicht mehr.«
    »Weil es dann alles auf uns drauf ist!«, schrie sie.
    »Okay, bleib ganz ruhig. Was ist die andere Phobie?«
    »Enge Räume.«
    »Wasser und enge Räume«, wiederholte er und nickte düster.
    »Ich kann nicht da runtergehen«, zischte sie.
    »Kate, das ist die große Geschichte, die du immer machen wolltest. Du wirst eine Sendung machen, auf die die ganze Welt wartet. Aber die Story findet eben am Meeresboden statt. Du musst dich überwinden.«
    »Ich weiß«, stieß sie hervor, »aber ich habe Angst, hysterisch zu werden, wenn ich da runtergehe. Und dann kann ich vielleicht nicht mehr aufhören.«
    Der Offizier, der neben ihnen auf dem Turm stand, sagte: »Entschuldigen Sie, Sir, aber können Sie mir sagen, was das Problem ist?«
    »Sie will nicht runtergehen«, erwiderte Roddy. »Phobie.«
    Eine Pause entstand, dann nickte der Offizier.
    »Das passiert schon mal. Ich hole den Alkohol.«

Teil III
    1
    Die Periskope in der Mitte der Kommandozentrale waren heruntergefahren worden, und der Steuermann lenkte das U-Boot mit einem einzigen Hebel durch den Atlantik. Der Navigator, ein junger Lieutenant, berechnete ihren Kurs am Navigationstisch. Für die nächsten sechs Stunden war er auch Wachoffizier. Zehn Offiziere und Kadetten konzentrierten sich auf ihre unterschiedlichen Aufgaben. Kadetten, die noch zu jung waren, um sich jeden Tag zu rasieren, beobachteten die Bildschirme der taktischen Systeme, während Ingenieure, die nicht viel älter waren, die Antriebssysteme überwachten; das Atom-U-Boot wurde von einem Reaktor angetrieben, der so viel Uran enthielt, dass es für Jahre reichte.
    In den angrenzenden Räumen wurden die geheimnisvollen Laute und Vibrationen des Ozeans von Hydrophonen aufgefangen, die am Bug der Tenacious angebracht waren, und dann in die unterschiedlichsten

Weitere Kostenlose Bücher