Tief
dafür und dagegen«, begann er. »Es ist ein Dilemma, und es liegt in der Natur der Sache, dass die Antwort darauf nicht leichtfällt.«
Er wippte auf den Fersen und machte keine Anstalten, weiterzureden.
»Und?«, drängte Roddy.
»Aber grundsätzlich unterstütze ich deine Interpretation.«
Kamala schnaubte verächtlich.
»Na toll, Männerbünde«, sagte sie bitter. »Erwarten Sie bloß nicht von mir, dass ich bei dem Treffen mit dem Komitee den Mund halte.«
Sie stürmte davon.
»Ach du liebe Güte«, sagte Derek. Er wandte sich den Walen zu. »Wo ist Blackfin?«
»Dort drüben«, antwortete Roddy und wies in Richtung des Wals. »Komm, ich zeige ihn dir.«
»Ich würde ja zu gerne wissen, was er sich dabei gedacht hat.«
»Das werden wir herausfinden müssen.«
Derek lachte, hörte aber sofort auf, als ihm klar wurde, dass Roddy es ernst meinte.
* * *
Summend und prustend lag Rattigan in der Badewanne. Sein fleischiger, seltsam fester Körper, der an einen Sumo-Ringer erinnerte, glänzte vor Nässe. Als er ausgelassen untertauchte, lief das Wasser zu beiden Seiten der Wanne über.
Sein erstes Ziel – festzustellen, ob Interesse an seiner Idee bestand – hatte er bereits erreicht. Er besaß einige Unternehmen in Japan, von einem Ein-Mann-Brokerbüro über einen Anteil an einer traditionellen Fischfangflotte bis hin zu mehreren Schiffen, die ihm über die üblichen komplizierten Kanäle gehörten. Und all diese Kontakte hatten ihm durch Mittelsmänner signalisiert, dass sie Interesse hätten. Mehr Ermutigung brauchte er nicht.
Als er gebadet hatte, verbrachte er den Rest des Vormittags vor dem Fernseher, lauschte den Experten und entwarf eine Strategie. Er würde Druck ausüben müssen, um seinen Plan in die Tat umzusetzen, stellte er fest. Eigentlich würde ich darauf lieber verzichten, dachte er, denn Menschen reagieren oft unvorhersehbar, wenn sie unerträglichem Druck ausgesetzt sind.
Ormond erschien auf dem Bildschirm. Ein Kommentator erklärte, der Leiter des Wal-Krisenkoordinationsteams würde nach der Sitzung, die um sechs Uhr morgens stattgefunden hatte, den größten Teil des Tags am Strand verbringen.
Rattigan zuckte zusammen. Dieser Bastard. Ungebeten und ohne jeden Zusammenhang fielen ihm die Worte seiner Tochter wieder ein – »Daddy, versuch nicht, mich zu finden« –, und wie als Rache für diesen Schmerz zuckten gewalttätige Fantasien durch seine düsteren Gedanken, in denen er Roddy Ormond zusammengeschlagen, blutig und gedemütigt vor sich sah.
* * *
In China waren dreihundert Menschen bei einem schweren Erdbeben ums Leben gekommen, im Irak hatten zwei Bomben eine Moschee dem Erdboden gleichgemacht, und in Hollywood hatte sich ein hochkarätiger Filmstar aufgehängt, nachdem er beim Sex mit einer Minderjährigen erwischt worden war. Keine dieser Geschichten gelangte auf die Titelseiten. Die ganze Welt redete nur von den gestrandeten Walen. Mehr als zwölfhundert Journalisten hatten sich vor dem Grand Hotel in Brighton, wo das Wal-Krisenkoordinationsteam und das Notfallkomitee tagten, versammelt.
Im Konferenzraum des Hotels lauschte Dr. Malcolm Gillie, stellvertretender wissenschaftlicher Leiter im wissenschaftlichen Stab des Verteidigungsministeriums in seiner Funktion als Beobachter der Regierung interessiert den Ausführungen. Die kleine Flasche Mineralwasser, die vor ihm stand, blieb unberührt. Einige Mitglieder des Komitees waren nicht ganz damit einverstanden gewesen, dass man drei Tage warten wollte, bevor die Wale wieder ins Wasser kamen, aber schließlich hatten die meisten, ihn eingeschlossen, zugestimmt, dass es die vernünftigste Lösung sei. Roddy Ormond hatte beschrieben, welche Tests in diesen drei Tagen durchgeführt werden sollten, und von Margaret Gilchrist, der Verwaltungschefin der Kommunalbehörde und Vorsitzende des Notfallkomitees, waren Vorschläge zur Unterstützung der notwendigen Untersuchungen gekommen. Aber die Vorstellung, sechs Wale töten zu müssen, war umstrittener. Gillie stellte mit Interesse fest, dass Dr. Ormond eine Rebellin in seinem Team hatte.
»Japan und Norwegen töten bereits Hunderte von Zwergwalen pro Jahr«, erklärte Kamala Mohandhas leidenschaftlich, »und angeblich zu wissenschaftlichen Zwecken versuchen sie, die Freigabe auch für die Spezies zu bekommen, die seit zwanzig oder dreißig Jahren geschützt sind, wie zum Beispiel Pottwale. Diese Strategie würde den Walfang-Nationen eine völlig falsche
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