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Tiefe Wunden

Titel: Tiefe Wunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Sportplatz in Fischbach.«
    Seine Stimme klang etwas undeutlich, was an den Blutergüssen und seiner aufgeplatzten Unterlippe liegen mochte, aber immerhin hatte er etwas gesagt.
    »Sie waren nicht zufällig danach noch kurz in Eppenhain?«
    »Nein. Was sollte ich denn da machen?«
    »Wie lange waren Sie auf diesem Fest? Wo waren Sie da nach?«
    »Weiß ich nicht genau. Bis um eins oder halb zwei. Danach war ich zu Hause«, erwiderte Nowak.
    »Und am Abend des 1. Mai? Waren Sie da vielleicht auf dem Mühlenhof bei Frau Kaltensee?«
    »Nein«, sagte Nowak. »Warum auch?«
    »Um mit Frau Dr. Kaltensee zu reden. Weil sie Sie angezeigt hat. Oder vielleicht, weil Sie Frau Kaltensee einschüchtern wollten.«
    Endlich kam Nowak aus der Reserve.
    »Nein!«, erwiderte er gereizt. »Ich war nicht auf dem Mühlenhof! Und warum sollte ich Frau Kaltensee einschüchtern wollen?«
    »Sagen Sie es mir. Wir wissen, dass Sie die Mühle restauriert haben. Dabei kam es zu einem Unfall, an dem Frau Kaltensee Ihnen ganz offensichtlich die Schuld gibt. Was ist da los zwischen Ihnen und Frau Kaltensee? Was ist damals passiert? Weshalb gab es Prozesse?«
    Es dauerte einen Moment, bis sich Nowak zu einer Antwort durchringen konnte.
    »Sie ist auf die Baustelle gegangen und durch den frischen Lehmboden gebrochen, obwohl ich sie gewarnt hatte«, erklärte er schließlich. »Sie hat mir die Schuld an ihrem Unfall gegeben und deshalb meine Rechnung nicht bezahlt.«
    »Vera Kaltensee hat Sie bis heute nicht für Ihre Arbeit entlohnt?«, fragte Pia nach. Nowak zuckte mit den Schultern und starrte auf seine gesunde Hand.
    »Wie viel schuldet sie Ihnen?«, wollte Pia wissen. »Weiß ich nicht.«
    »Ach kommen Sie, Herr Nowak! Sie wissen es ganz sicher auf den Cent genau. Erzählen Sie uns nichts! Also, wie viel Geld schuldet Ihnen Frau Kaltensee für Ihre Arbeiten an der Mühle?«
    Marcus Nowak zog sich wieder in sein Schneckenhaus zurück und schwieg.
    »Ein Anruf bei den Kollegen in Kelkheim reicht, und ich bekomme Einblick in die Klageschrift«, sagte Pia. »Also?« Nowak dachte kurz darüber nach, dann seufzte er.
    »Hundertsechzigtausend Euro«, sagte er widerstrebend. »Ohne Zinsen.«
    »Das ist viel Geld. Können Sie auf eine solche Summe verzichten?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber ich werde das Geld schon bekommen.«
    »Und wie wollen Sie das hinkriegen?«
    »Ich werde es einklagen.«
    Eine Weile war es ganz still in dem Krankenzimmer.
    »Ich frage mich«, sagte Pia in die Stille, »wie weit Sie gehen würden, um an Ihr Geld zu kommen.«
    Schweigen. Bodensteins Blick signalisierte ihr, so weiter zumachen.
    »Was haben die Männer gestern Nacht von Ihnen gewollt?«, fuhr Pia fort. »Weshalb haben sie Ihr Büro und das Lager auf den Kopf gestellt und Sie gefoltert? Was haben sie gesucht?«
    Nowak presste die Lippen zusammen und wandte den Blick ab.
    »Die Männer hatten es eilig wegzukommen, als Ihre Großmutter die Außenbeleuchtung angemacht hat«, sagte Pia. »Dabei haben sie einen Betonblumenkübel gerammt. Unsere Kollegen haben Lackspuren sichergestellt, die im Augenblick in unserem Labor ausgewertet werden. Wir werden die Kerle kriegen. Es würde nur schneller gehen, wenn Sie uns helfen.«
    »Ich habe niemanden erkannt«, beharrte Nowak. »Sie waren maskiert und haben mir die Augen verbunden.«
    »Was wollten die von Ihnen?«
    »Geld«, antwortete er schließlich nach kurzem Zögern. »Sie haben einen Tresor gesucht, ich habe aber keinen.«
    Das war glatt gelogen. Und Marcus Nowak wusste, dass Pia seine Lüge durchschaut hatte.
    »Na gut.« Sie stand auf. »Wenn Sie uns nicht mehr er zählen wollen, ist das Ihre Sache. Wir haben versucht, Ihnen zu helfen. Vielleicht kann mir Ihre Frau mehr erzählen. Sie kommt jetzt gleich aufs Kommissariat.«
    »Was hat denn meine Frau damit zu tun?« Nowak richtete sich mühsam auf. Der Gedanke, dass die Kriminalpolizei mit seiner Frau sprechen würde, schien ihm Unbehagen zu verursachen.
    »Das werden wir schon sehen.« Pia lächelte kurz. »Alles Gute für Sie. Und falls Ihnen doch noch etwas einfällt, hier ist meine Karte.«
     
    »Weiß er wirklich nichts, oder hat er Angst?«, grübelte Bodenstein auf dem Weg ins Erdgeschoss des Krankenhauses.
    »Weder noch«, entgegnete Pia bestimmt. »Er verheimlicht uns etwas, das hab ich im Gefühl. Ich hatte gehofft, ich ...«
    Sie brach ab, ergriff ihren Chef am Arm und zog ihn hinter einen Pfeiler.
    »Was ist denn?«, fragte Bodenstein.
    »Der Mann da

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