Tiefe
würden.
Leutnant Sundfeldt und Artilleriekapitän von Sidenbahn verließen die Messe.
»Haben Sie den Befehlshaber des Schiffs getroffen?« fragte Höckert.
Er sprach einen ausgeprägten Dialekt, möglicherweise smäländisch, oder er kam aus Halland oder Bohuslän.
»Nein«, erwiderte Lars Tobiasson-Svartman. »Fregattenkapitän Rake ist ein Mann, den ich nur über Gerüchte kenne.«
»Gerüchte sind meist falsch oder übertrieben. Aber immer gibt es einen wahren Kern. Die Wahrheit über Rake ist, daß er sehr tauglich ist. Möglicherweise ein wenig träge. Aber wer ist das nicht?«
Höckert stand auf, schlug die Hacken zusammen und salutierte andeutungsweise. Lars Tobiasson-Svartman beendete sein Frühstück allein. Von Deck war Leutnant Sundfeldts wütende Stimme zu hören. Aber er konnte nicht verstehen, worüber er sich so erregte.
Es war jetzt heller Tag. Fregattenkapitän Rake wartete. Aus dem Tresor würde er die geheimen Instruktionen holen.
Das Panzerschiff steuerte südwärts. Der Wind war noch immer böig und schien zwischen den Himmelsrichtungen zu kreisen. Auf dem Land hatte es wieder zu regnen angefangen.
Die Begegnung zwischen Fregattenkapitän Rake und Lars Tobiasson-Svartman wurde durch ein unerwartetes Intermezzo gestört. Sie hatten sich gerade die Hand gegeben und sich auf die festgeschraubten Ledersessel in Rakes Salon gesetzt, als Leutnant Sundfeldt zur Tür hereinkam und mitteilte, ein Mann von der Besatzung sei erkrankt. Ob der Zustand lebensbedrohlich sei, könne er nicht beurteilen, aber der Mann habe starke Schmerzen.
»Niemand kann so starke Schmerzen simulieren«, sagte Leutnant Sundfeldt.
Rake saß für einen Moment schweigend da und betrachtete seine Hände. Er war als ein Mann bekannt, der für seine Besatzung eintrat, und daher war Lars Tobiasson-Svartman nicht erstaunt, als Rake sich erhob.
»Es ist ein Unglück, daß der Schiffsarzt Hallman Urlaub bekommen hat, um an der Hochzeit seiner Tochter teilzunehmen. Wir müssen unser Treffen verschieben.«
»Selbstverständlich.«
Rake war schon fast an der Tür des Salons, als er sich umdrehte. »Kommen Sie mit. Einen kranken Mann der Besatzung zu besuchen läßt sich hervorragend damit kombinieren, das Schiff in Augenschein zu nehmen. Wer ist es?«
Die Frage war an Leutnant Sundfeldt gerichtet.
»Der Bootsmann der Stammbesatzung Johan Jakob Rudin.«
Rake suchte in seinem Gedächtnis. »Rudin, der in Kalmar angemustert hat?«
»Stimmt genau.«
»Was ist passiert?«
»Er hat Bauchschmerzen.«
Rake nickte. »Meine Bootsmänner klagen nicht ohne Grund.«
Sie verließen den Salon, passierten einen engen Korridor und traten dann hinaus auf eine Treppe. Der böige und kalte Wind ließ sie sich ducken. Leutnant Sundfeldt ging an der Spitze, danach Fregattenkapitän Rake und zuletzt Lars Tobiasson-Svartman.
Wieder hatte er die Empfindung, an einer Prozession teilzunehmen.
»Ich bin seit neunzehn Jahren Befehlshaber auf den Schiffen der Flotte«, sagte Rake. Er rief laut, um sich im Wind verständlich zu machen.
»Bisher habe ich erst vier Besatzungsmänner verloren«, fuhr er fort. »Zwei sind an starken Fieberanfällen gestorben, ehe wir sie an Land bringen konnten, ein Maschinist ist rücklings von einer Treppe gestürzt und hat sich den Hals gebrochen. Ich glaube immer noch, daß der Mann betrunken war, auch wenn es sich nicht beweisen ließ. Außerdem hatte ich einmal einen psychisch kranken Unteroffizier, der sich ungefähr in der Höhe des Leuchtturms von Grundkallen ins Meer stürzte. Hinter dieser Katastrophe lag etwas Unwürdiges, Schulden und gefälschte Wechsel. Ich hätte vielleicht die Gefahr erkennen müssen. Aber es ist meist schwer, Besatzungsmänner zu hindern, die wirklich entschlossen sind, sich über Bord zu werfen. Wir haben natürlich immer Schiffsärzte an Bord, ausgenommen auf dieser Reise. Aber die Ärzte der Flotte gehören selten zu den kompetentesten.«
Rake unterbrach sich und deutete irritiert auf einen Eimer, der neben einer Leiter lag. Leutnant Sundfeldt rief einem Matrosen zu, diese Schlamperei sofort zu beseitigen.
»Schon früh in meiner Karriere habe ich etwas über medizinische Diagnostik gelernt«, fuhr Rake fort. »Abgesehen davon, daß ich natürlich Zähne ziehen kann. Es gibt eine Anzahl von äußerst wirksamen Hilfsmitteln, um Menschen am Leben zu erhalten. Ich tröste mich und schmeichle mir vielleicht auch damit, daß meine Kapitänskollegen oft eine bedeutend höhere Anzahl
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