Tiefer gelegt
eher nach einem Bulldoggen-Menschen aus. Hooker sah
so aus, als würde er seinem Hund Bier zu trinken geben. Im
Geist sah ich Hooker in Unterwäsche vor dem Fernseher liegen, wo er sich gemeinsam mit seiner Bulldogge betrank.
»Du lächelst«, sagte Hooker. »Woran denkst du?«
Ich hielt es für keine gute Idee, Hooker zu verraten, dass ich
ihn mir gerade in Unterwäsche vorgestellt hatte, darum griff
ich kurzerhand zu einer Lüge. »An Brian«, sagte ich. »Ist er
nicht süß?«
»Das ist kein Süßer-Hund-Lächeln«, widersprach Hooker.
»Ich erkenne ein Süßer-Hund-Lächeln auf hundert Meter, und
das war keines.«
»Willst du vielleicht behaupten, ich würde lügen?«
»Genau.«
»Oje«, meinte Judey. »Bloß kein Streit unter Liebenden!«
»Wir sind kein Liebespaar«, fuhr ich ihn an.
Hooker schob mich zum Eingang des Lebensmittelgeschäfts. »Noch nicht«, sagte er.
4
D
as Lebensmittelgeschäft befand sich im ersten Stock
und war eher ein Feinkostladen als ein banaler Supermarkt. Auf einer Schiefertafel über unseren Köpfen wurden
große eisgekühlte Shrimps und frisch gegrilltes Gemüse angepriesen. Zwischen den blank polierten Chromregalen voller
Gourmethäppchen waren ein paar kleine runde Tische mit
Hockern aufgestellt worden.
Ich kreuzte an den Edelstahlvitrinen mit Salaten und Nudelgerichten, handgerollten Zigarren, frisch gebackenen Brotwaren, Suppen, Chips, Shrimps, Obst und schicken Tapenaden. Ich erwog einen Eisbecher, einen Käsekuchen oder eine
Kleinpackung Schokokekse. Letztendlich griff ich zu einem
Truthahn-Wrap und einer Flasche Wasser. Judey nahm das
Gleiche und dazu je einen riesigen Haferflockenrosinenkeks
für sich und einen Gewürzkeks für Brian. Hooker gönnte sich
ein Baguettebrötchen mit Roastbeef, Käse und Krautsalat und
dazu eine Tüte Chips, ein Pepsi und drei gigantische Schokokekse.
Wir setzten uns draußen an einen der verschnörkelten, blau
gefliesten Betontische und aßen. Als wir damit fertig waren,
folgten wir Hooker noch einmal über alle Piers, um nach seiner Yacht zu suchen.
Es waren eine Menge Piers und eine Menge Boote, aber
keines von den Booten gehörte Hooker. Hooker sah aus,
als würde er finstere Dinge denken. Judey sah nicht so aus,
als würde er irgendwas denken. Und ich dachte immer nur
an Brians Gewürzkeks, weil ich mir wünschte, ich hätte
auch einen genommen. Schließlich gab ich mich geschlagen und ließ die Männer in der Sonne sitzen, während ich
zu dem Geschäft zurücklief. Ich besorgte mir einen Keks
und aus einem Impuls heraus eine Zeitung, weil ich hoffte,
dass darin etwas Neues über den Mord im Yachthafen stehen würde.
Mit beidem ausgerüstet kehrte ich zu Hooker und Judey zurück und blätterte in der Zeitung, während ich meinen Keks
aß. Nichts Neues über den Mord. Also überflog ich die Kinoanzeigen und las die Comics.
Ich wollte die Zeitung schon weglegen, als mir ein Foto und
eine Schlagzeile ins Auge stachen. Das Foto zeigte eine hübsche junge Frau mit Unmengen von gewelltem dunklen Haar
und dunklen Augen mit langen dunklen Wimpern. Obwohl sie
in die Kamera lächelte, wirkte sie irgendwie rätselhaft. Der
Schlagzeile zufolge wurde sie vermisst. Maria Raffles, siebenundzwanzig Jahre alt, seit Montagabend verschwunden. Sie
war mit ihrer Mitbewohnerin in einem Club gewesen, aber
schon vor ihrer Freundin nach Hause aufgebrochen. Man befürchtete ein Verbrechen. Ihr Apartment war aufgebrochen
und verwüstet worden. Maria war in Kuba geboren, hatte es
aber vor vier Jahren nach Florida geschafft. Sie war eine erfahrene Taucherin und Seglerin. Und sie arbeitete in einer Zigarrenmanufaktur in Miami.
Im weiteren Verlauf erläuterte der Artikel die Politik der
Einwanderungsbehörde, die es kubanischen Staatsangehörigen
erlaubte, im Land zu bleiben, vorausgesetzt, sie hatten es aufs
amerikanische Festland geschafft und wurden nicht schon auf
dem Meer abgefangen.
Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund starrte
ich auf den Artikel.
»Lass mich raten«, sagte Hooker. » Ben and Jerry haben eine neue Eissorte entwickelt.«
Ich las Hooker und Judey den Artikel vor.
»Bei Gott, Watson«, lobte mich Hooker. »Ich glaube, da
sind Sie wahrhaftig auf etwas gestoßen.«
»Vielleicht auch nicht«, schränkte Judey ein. »Wir sind hier
in Miami. Wahrscheinlich verschwinden hier ständig Frauen
nach einem Besuch im Club.«
»Sei nicht so ein Miesepeter«, ermahnte ich ihn. »Das ist
mein einziger Anhaltspunkt. Ansonsten
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