Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)

Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)

Titel: Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
Vom Netzwerk:
zusammengehaltenes Päckchen mit Briefen, die in einer ihr unbekannten, geschwungenen Handschrift an Andy adressiert waren. Eine Mädchenhandschrift. Jungs machten aus den i-Punkten keine Blüten.
    Sie hatte die Briefe nicht finden wollen, aber nun, wo Bess sie in der Hand hielt, gab es keinen Zweifel, dass sie sie auch lesen würde. Vorsichtig holte sie den ersten Bogen aus seinem Umschlag und warf einen Blick auf die Anrede, überflog den Text und wandte sich direkt der Unterschrift zu.
    In Liebe, Lisa.
    In Liebe? Warum zum Teufel schickte ein anderes Mädchen Andy, ihrem Andy, Briefe, die mit diesen Wörtern unterschrieben waren? Beim Geräusch von Schritten auf dem Flur steckte Bess den Brief hastig wieder unter das Gummiband. Wenn es Andy gewesen wäre, der dort im Türrahmen gestanden hätte, wäre es zwischen ihnen sofort zu einer klärenden Konfrontation gekommen und das Geheimnis nicht unausgesprochen zwischen ihnen stehen geblieben, damit es ihre Beziehung nach und nach vergiftete.
    Aber es war Matty gewesen, Andys jüngerer Bruder, der gekommen war, um nachzuschauen, wieso sie so lange brauchte. An seinem Gesichtsausdruck konnte Bess erkennen, dass er wusste – oder zumindest ahnte –, was sie gesehen hatte, aber Andy war Matts Bruder und Bess nur irgendein Mädchen, dass irgendwann mal zur Familie gehören würde oder auch nicht. Matt sagte nichts, und so musste sie auch nichts sagen. Nicht zu Matt, und auch nicht zu Andy.
    Am nächsten Morgen war sie an die Küste abgereist, Andys Versprechen noch im Ohr. Er würde ihr schreiben. Dieses Jahr würde er sie besuchen.
    Bisher hatte er keines seiner Versprechen eingehalten.
    Und Bess hatte aufgehört, darauf zu hoffen.

9. KAPITEL
    Jetzt
    Das SurfPro verkaufte immer noch überteuerte Bademoden, aber wie so vieles hatte die Zeit auch das verändert. Geld war kein so großes Thema mehr wie damals, als sie jung gewesen war. Bess ging die an Kleiderstangen hängenden Sachen durch und wusste, dass sie nicht viel von dem finden würde, was Nick brauchte – eine Jeans, T-Shirts, Boxershorts, Socken. Ihre Finger glitten über Surfer Shorts und Neoprenanzüge. Es entging ihr nicht, dass sie genau wusste, was ein einundzwanzig Jahre alter Mann brauchte, oder was ihm gefallen würde.
    Sie war aus einer Laune heraus in den Laden gegangen, weil Nick hier mal gearbeitet hatte. Sie war sich nicht sicher, was sie erwartet hatte. Eine Plakette? Einen Schrein zu seinem Gedenken? Sie bezweifelte, dass irgendjemand von denen, die heute hier arbeiteten, sich noch an ihn erinnern konnte. Dieser Gedanke, und die in ihrem Kopf nachhallende Frage, wieso sie nicht gewusst hatte, dass er weg war, trieben sie wieder hinaus auf die Garfield Street. Sie war in die Stadt gefahren, um bei Shore Food, dem kleinen Supermarkt, einzukaufen, weil sie ihn kannte. Seit ihrem letzten Besuch in Bethany Beach hatte sich eine Menge verändert. Zum einen gab es mehr Läden. Sie würde nach einem Discounter Ausschau halten müssen, um alles zu bekommen, was sie brauchte, aber für den Moment würde Nick sich damit zufriedengeben müssen, die T-Shirts und Shorts zu tragen, die sie in dem kleinen Laden an der Ecke gekauft hatte.
    Auf der ihrem Parkplatz gegenüberliegenden Seite war das Sugarland. Oder besser, dort war das Sugarland mal gewesen. Die Ladenfront hatte sich verändert, wurde beinahe von den ganzen neu errichteten Spezialitätengeschäften und einer Arkade verschluckt, aber im Inneren sah es immer noch erstaunlich gleich aus. Sauberer und mit neuerer Einrichtung, aber ansonsten nicht viel anders als damals, als sie noch hinter dem Tresen gestanden hatte.
    Einem Impuls folgend drückte sie die Plastiktüte mit den Klamotten in grellen Farben an sich und überquerte die Straße. Sie betrat den Laden. Die Glocke über der Tür bimmelte wie immer und ließ Bess lächeln. Der gelangweilte Teenager hinter dem Tresen schaute kaum auf. Sie musste ungefähr sechzehn sein, mit dunklen dicken Haaren, die in einem Pferdschwanz zusammengefasst waren, und einer rechteckigen Brille, die auf ihrer gepiercten Nase balancierte. Sie gähnte, als Bess an den Tresen trat.
    „Kann ich helfen?“
    „Ich hätte gerne eine große Portion Karamellpopcorn.“ Bess hatte sich nicht die Mühe gemacht, auf die Karte zu gucken, aber sicherlich verkaufte das Sugarland immer noch das klebrige, nach Geheimrezept hergestellte Popcorn, das damals so beliebt gewesen war.
    Das Mädchen winkte mit einer Hand in Richtung

Weitere Kostenlose Bücher