Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
darüber gesprochen, dass ich das Wochenende frei habe und …“
„Ich habe nur fünf Karten bekommen, Bess.“ Andy klang genervt, aber nicht verteidigend. „Du hast gesagt, dass du nicht sicher wärst, ob du frei hast. Also habe ich einige Leute von der Arbeit gefragt, ob sie mitkommen wollen.“
Bess dache einen Augenblick über ihre Erwiderung nach, bevor sie sie aussprach. „Wen?“
„Dan. Joe. Lisa. Mit Matt und mir sind das fünf.“
Der Name, der gleiche, der in den Briefen gestanden hatte, stach ihr ins Herz. „Wer ist Lisa?“
„Wir arbeiten alle zusammen. Sie mag Fast Fashion. Ich hab ihr gesagt, dass sie mitkommen kann.“
Bess versuchte, sich zusammenzureißen. „Lass mal sehen … du sagst mir also, dass du statt mich irgendein Mädchen aus dem Büro mitnimmst? Zu einem Konzert, über das wir schon den ganzen Sommer gesprochen haben? Du gehst lieber mit einem Mädchen, das du kaum kennst, anstatt mit mir, deiner Freundin?“
„Ich wusste, dass du so reagieren würdest.“
„Wie ‚so’? Enttäuscht?“ Sie spuckte die Worte beinahe aus.
„Warum musst du so sein?“ Andy klang angeekelt. „Scheiße, Bess, es ist nur ein verficktes Konzert.“
„Vergiss es.“ Sie stand auf. Die Luft in dem Besenschrank war drückend, aber ihr war kalt. „Vergiss es einfach, Andy. Ich muss jetzt los zu meiner Party.“
Er klang überhaupt nicht besorgt, sondern eher erleichtert. „Wir werden uns Fast Fashion ein anderes Mal ansehen …“
„Nicht.“ Das war alles, was sie durch ihre sich immer enger zusammenziehende Kehle sagen konnte.
„Sei vorsichtig auf der Party. Du weißt, dass du Alkohol nicht so gut verträgst.“
Bess schwieg.
„Ich rufe dich morgen an, ja?“
„Morgen ist nicht Montag, Andy.“
Er stieß einen langen, leidgeprüften Seufzer aus. „Tschüss, Bess.“
Er legte auf.
„Ich vermisse dich, Andy“, sagte Bess noch einmal und schloss ihre Augen vor dem Ansturm an Tränen. Wenn sie es immer wieder sagte, vielleicht würde es dann irgendwann Realität.
17. KAPITEL
Jetzt
Bess lehnte sich gegen den heißen Wasserstrahl und ließ sich den Nacken und die Schultern massieren. Die Augen geschlossen, stützte sie sich mit einer Hand an der Duschwand ab und seufzte tief. Beinahe alles an ihrem Körper schmerzte, nicht nur die Schultern. Doch auch wenn es die Art Verspannung war, bei der eine Massage Linderung schaffen würde, konnte sie den Gedanken daran, von einem anderen Menschen berührt zu werden, im Moment nicht ertragen.
Als Babys, die nur elf Monate nacheinander geboren worden waren, hatten ihre Jungs wie Kletten an ihr gehangen. Connor war bis nur wenige Wochen vor Robbies Geburt gestillt worden. Bess hatte Albträume gehabt, ob sie beide Kinder parallel stillen oder Connor mit aller Macht an die Flasche gewöhnen sollte. Doch er hatte sich selber entwöhnt und angefangen, aus einem Becher zu trinken. Er war ein wenig eifersüchtig gewesen, als Robbie kam und seinen Platz auf Mamas Schoß einnahm. Bess hatte den Überblick darüber verloren, wie viele Stunden sie auf der Couch vor dem Kinderprogramm sitzend verbracht hatte, während sie den einen Jungen stillte und der andere nach ihrer Aufmerksamkeit verlangte.
Andy hatte nicht verstanden, was sie meinte, als sie sagte, sie wäre „ausberührt“. Er war eines Tages von der Arbeit nach Hause gekommen, hatte erwartet, das Haus sauber und ordentlich, die Kinder gefüttert und ins Bett gebracht, und seine Frau sich nackt auf den Laken räkelnd vorzufinden. Er verstand einfach nicht, wie Bess von so viel „Nichtstun“ am Tag erschöpft sein konnte. Oder warum der Gedanke an Sex für eine Frau, deren Libido seiner eigenen in nichts nachgestanden hatte, nun plötzlich gar keinen Reiz mehr ausübte. Die Tage, in denen das konstante Kümmern um die Babys Bess jegliche Freude an Berührungen verleidet hatte, waren längst vorbei. Aber die letzte Woche schien ihr wie eine kleine Wiederholung dieser Zeit.
Es war mehr als Sex. Nick zu ficken war sogar besser als früher. Sie war jetzt selbstsicherer, kannte ihren Körper besser, hatte keine Probleme damit, ihm zu sagen, was sie mochte und wie er es tun sollte. Sie hatten immer Spaß zusammen gehabt, aber dieser Spaß war auch immer von einer gewissen Unnahbarkeit, die zwischen ihnen herrschte, getrübt gewesen. Keiner war bereit gewesen zuzugeben, dass das, was sie miteinander teilten, mehr war als ein unverbindlicher Sommerflirt.
Jetzt war es anders.
Sie konnte
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