Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
Liebst du sie?“
Seine Weigerung zu antworten, war Bess Antwort genug. Dennoch stand sie nicht auf, sondern schaute ihn mit unangestrengtem Gesichtsausdruck an. „Alles wird gut, Andy.“
„Das ist doch eine hohle Floskel.“
„Es ist eine wahre Floskel. Dir wird es gut gehen.“ Sie stand auf. Die Distanz zwischen ihnen war immer noch groß. „Und jetzt hast du die Chance, etwas wirklich Wunderbares zu finden. Wirf es nicht fort.“
„So wie ich es mit dir getan habe?“ Die Ehrlichkeit, die in dieser Frage lag, überraschte sie.
Sie war genauso ehrlich zu ihm. „Ich habe es niemals bereut, dich geheiratet zu haben, Andy, denn wir haben zwei wundervolle Söhne, die ich mehr als alles auf der Welt liebe. Aber ich denke, es ist an der Zeit, dass wir aufhören, uns etwas vorzumachen.“
„Lass mich dir auch eine Frage stellen, Bess.“
Geduldig wartete sie darauf, dass er sagte, was er sagen musste.
„War das alles ein Fehler?“
„Nein, Andy“, flüsterte sie. Nun endlich verlor sie ihre Gelassenheit. „Es war kein Fehler.“
Als er sie umarmte, musste Bess nicht darum kämpfen, jedes kleine Gefühl in ihr Gedächtnis zu brennen. Sie würde niemals vergessen, wie es sich anfühlte, dieses letzte Mal in seinen Armen zu liegen.
28. KAPITEL
Damals
„Er ist nicht hier, Bess.“
Bess knirschte frustriert mit den Zähnen. „Wo ist er, Matt?“
„Ausgegangen.“
„Mit ihr?“ Bess klopfte mit dem Finger auf die Arbeitsplatte, dann verdrehte sie die Telefonschnur in ihrer Hand.
„Ich weiß nicht, was du meinst“, erwiderte Matty.
Sie seufzte und überlegte, wütend zu werden, aber zu ihrer Überraschung sickerte die Frustration langsam aus ihrem Körper und hinterließ nichts, außer einem leisen Gefühl der Erleichterung. „Kannst du ihm eine Nachricht übermitteln?“
Andys Bruder schwieg einen Augenblick, dann seufzte er. „Ja, sicher. Ich hol nur schnell einen Stift.“
„Du brauchst keinen Stift“, hielt Bess ihn zurück.
Matty stieß ein leises Schnauben aus. „Es tut mir echt leid, Bess.“
„Kannst du ja nichts für.“ Sie schloss ihre Augen und sackte ein wenig zusammen. „Sag ihm einfach … auf Wiedersehen.“
„Das ist alles?“
„Wenn er es nicht versteht“, sagte sie mit leichter Bitterkeit in der Stimme, „kannst du es ihm ja vielleicht erklären.“
„Ja. Okay.“ Matty seufzte noch einmal. „Was auch immer es dir bedeutet, aber ich denke, dass er ein echter Idiot ist.“
Bess lächelte. „Danke.“
„Keine Ursache.“
Sie legte den Hörer zurück auf die Gabel. Dann wartete sie auf die Tränen, aber wie die Wut waren auch sie verschwunden. Sie schaute auf und sah, dass ihre Tante Trish in der Tür stand.
„Bess, da ist Besuch für dich.“
Ihr Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass es sich um männlichen Besuch handelte. Ihr Herz tat einen kleinen Sprung. Nick? Hier? „Danke.“
Eddie wartete auf der Veranda. Wenn die prüfenden Blicke ihrer Familie ihn störten, so zeigte er es weder durch Einziehen des Kopfes noch durch unruhiges Scharren mit den Füßen. Doch als Bess durch die Schiebetür trat, schoss ihm die Röte in die Wangen. „Hi, Bess.“
„Eddie?“ Bess versuchte, ihre Verwandten zu ignorieren. „Ist alles okay?“
„Sicher, alles gut.“
Sie musste wohl doch eine kleine Erklärung abgeben. „Eddie arbeitet mit mir im Sugarland.“
Das schien die Anwesenden zu befriedigen. Eddie lächelte. Bess lächelte auch, wusste aber immer noch nicht, warum er überhaupt hier war.
„Ich bin gerade spazieren gegangen“, sagte Eddie. „Und da dachte ich, ich schau mal vorbei und sage Hallo.“
Bess hatte die letzten drei Sommer mit Eddie zusammengearbeitet, und nie war er vorbeigekommen, um Hallo zu sagen. „Das ist nett von dir.“
Eddie verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß. „Hast du Lust, ein Stückchen mitzugehen?“
Dieser Satz brachte ihnen einen neuen Schwung Blicke ein, und um die unvermeidlichen Fragen abzuwehren, nickte Bess schnell. „Klar.“
Eddie ließ sie als Erste die wackligen Stufen zum Strand hinuntergehen. Bess wartete unten auf ihn. Sie stellte fest, dass sie ihn kaum anschauen konnte, als er neben ihr her zum Wasser ging, und verstand zum ersten Mal, wie es für ihn sein musste, in ihrer Nähe zu sein.
„Und … wie geht’s dir so?“ Eddie kickte ein wenig Sand hoch.
Er konnte nicht gewusst haben, dass sie gerade in diesem Moment einen Freund brauchen konnte, und doch war er da.
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