Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
Ich erwarte nicht, dass du Partei ergreifst. Außerdem ist es am besten so.“
Joe nickte. „Wie kommen die Jungs damit zurecht?“
Bess schaute zum Pool hinüber, wo Robbie und Connor in gegnerischen Teams Wasservolleyball spielten. „Ich hoffe, dass sie es gut aufnehmen werden, aber … wie kann ich erwarten, dass es ihnen gut geht, wenn ich alles verändere, was sie kennen?“
„Bess.“ Joes leise, feste Stimme war genauso willkommen wie der Druck seiner Hand auf ihrer Schulter. „Kinder sind belastbarer, als man denkt. Und glaub mir, es ist wichtiger, dass sie lernen, wie man eine Beziehung pflegt, als jeden Tag eine zu sehen, die kaputtgegangen ist. Und für dich ist es auch besser.“
Jetzt endlich erblickte Bess Andy. Er stand neben dem Büffet und sprach mit einer Frau. Bess erkannte sie nicht, aber das musste sie auch nicht. Mit sich verkrampfendem Magen drehte sie sich um.
„Danke, Joe.“ Ihrer Stimme war nichts von dem Tumult anzumerken, der in ihr tobte. Dennoch ließ Joe seinen Blick in die Richtung schweifen, in die sie eben geschaut hatte.
Er drückte ihre Schulter noch einmal, als die Frau, die er geheiratet hatte, mit zwei Getränken in der Hand auf sie zukam. Bess hatte Sadie nur einmal zuvor getroffen, und zwar auf der Hochzeit Sie hatte jetzt nicht die Kraft für Small Talk, also entschuldigte sie sich unter dem Vorwand, noch etwas nachschauen zu müssen, und ging ins Haus. In der Küche, in Andys Küche, schlängelte sie sich durch die Menschen und ging nach oben in ihr Schlafzimmer, wo sie den Telefonhörer abnahm und eine beinahe vergessene Nummer wählte.
Sie schloss ihre Augen und stellte sich ihr Strandhaus vor. Das altmodische Telefon mit seiner lang gezogenen Schnur, wie es klingelte und klingelte. Niemand hob ab.
Sie legte auf. Beim Klang von Stimmen im Flur verspannte sie sich und trat an die Schlafzimmertür, um sie zu schließen. Durch den Spalt sah sie Andy und die Frau vor einem der Bilderrahmen stehen, die Bess über die Jahre mit Fotos gefüllt hatte. Andy zeigte ihr verschiedene Bilder von Connor und Robbie, und seine Begleitung hörte interessiert zu.
Sie berührten sich nicht, aber das mussten sie auch nicht. Bess schloss die Tür mit einem leisen Klick, von dem sie wusste, dass sie ihn hören mussten, und wartete. Andy brauchte nur eine halbe Minute, um im Raum zu stehen.
„Bess …“
Sie sagte nichts, und auch er sprach nicht. Dann schloss Andy die Tür hinter sich und trat ans Bett, auf dem sie saß. Als sie sich nicht rührte, nicht einmal zuckte, blieb er so abrupt stehen, wie er aufgehört hatte zu sprechen.
Bess starrte ihn an, den Mann, den sie mit den besten Absichten geheiratet hatte. Andy starrte zurück. Die Zeit war härter zu ihm gewesen als zu ihr, auch wenn es sie nicht sehr erfreute, das zu sehen. Andys Haar war bereits dünner geworden, seine Taille hatte an Umfang zugelegt, aber er war trotzdem noch ein gut aussehender Mann.
„Also“, fing Bess an. „Wir fahren, sobald die Party vorbei ist.“
„Das müsst ihr nicht. Du weißt, dass du noch eine Nacht hierbleiben kannst. Fahrt doch lieber morgen ganz früh.“
„Nein. Ich denke, ich will los. Es sind ja nur vier Stunden. Die Jungs wollen auch so schnell wie möglich hin, ich hab sie gefragt.“
Andy nickte langsam. „Bess, hör mir zu …“
Sie wartete, aber seine Stimme verebbte, und er verlagerte unbehaglich sein Gewicht. „Nicht, Andy. Okay? Lass es einfach. Wir müssen nicht alles noch mal durchgehen.“
„Einfach so?“, fragte er schärfer, als sie erwartet hatte. „Du lässt alles einfach so hinter dir?“
„Du etwa nicht?“ Diese Situation fiel ihr schwerer, als ihm damals zu sagen, dass sie ihn verlassen würde.
Andy seufzte und schürzte seine Lippen in der Weise, die Bess hasste, weil er damit so alt aussah. Sie war so freundlich wegzuschauen, damit sie ihn nicht so sehen musste.
„Ich will nicht, dass du denkst, ich würde es nicht noch mal versuchen wollen, das ist alles.“
„Aber wir haben es schon versucht.“
„Wir könnten es noch einmal versuchen.“
Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte ihr dieses Lächeln alles bedeutet. Sie hatte ihm geglaubt, als er sagte, dass alles gut werden würde. Eine ganze Zeit war es das ja auch gewesen … und eine genauso lange Zeit nicht.
„Lass mich dir eine Frage stellen“, sagte Bess. Ihre Stimme war klar und ruhig. „Liebst du sie?“
Andy hustete. „Wen?“
„Bitte beleidige mich nicht. Oder sie.
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