Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
Geschmack gekauft, und sie passten ihm so gut, als hätte er sie selbst ausgesucht. Der Anblick seiner nackten Füße ließ in ihr den Wunsch aufsteigen, auf die Knie zu fallen und sie zu küssen.
„Hey, Bess.“ Nicks lässiges Grinsen und das leichte Winken mit der Hand waren nicht die Begrüßung, die sie inzwischen von ihm gewohnt war.
Sie zögerte zu lange mit der Antwort, und bevor sie etwas sagen konnte, hatte Nick sich schon über die Playstation gebeugt, die Robbie gerade entwirrte.
„Cooler Scheiß“, sagte er.
Das war genau das Richtige. Robbie strahlte. „Danke. Ich habe das neue Bounty Hunter Game. Hast du Lust?“
„Sicher.“
Connor rief aus der Küche. „Er ist echt schlecht darin, du wirst ihm den Arsch versohlen.“
„Das bezweifle ich“, sagte Nick.
„Also habt ihr N-Nick inzwischen schon kennengelernt.“ Bess stotterte ein wenig bei seinem Namen, was ihr einen neugierigen Blick von Robbie und einen etwas intensiveren Blick von Connor einbrachte. „Nick, das sind meine Söhne Robbie und Connor.“
Robbie grinste. „Und ich bin überhaupt nicht schlecht.“
Mit einer Tüte Chips in der einen und einem Glas Cola in der anderen Hand schlenderte Connor ins Wohnzimmer und ließ sich auf das Sofa fallen. Er legte seine Füße auf den Couchtisch und warf die Chipstüte daneben. „Bist du wohl, Alter.“
„Wie auch immer.“ Robbie kümmerte sich nicht mehr um ihn, sondern entwirrte noch die restlichen Kabel und reichte Nick einen Controller. „Meine Mom sagt, du bleibst den Sommer über hier? In dem kleinen Zimmer?“
„Ja. Ich hab einen Job im Rusty Rudder an der Bar. Also werde ich eh nicht viel hier sein.“ Nick nahm den Controller und fuhr mit dem Daumen über die Knöpfe. Er sah Bess nicht an.
Genau genommen schaute niemand sie an. Sie kannte das schon. Die Unsichtbarkeit einer Mutter. Sie sollte weder überrascht noch enttäuscht sein. Sie wollte doch, dass ihre Jungs Nick als Teil des Haushalts akzeptierten. Sie wollte, dass sie ihn mochten.
Warum also fühlte sie sich, als wenn die Jungs einen Club gegründet hätten, in dem sie nicht willkommen war?
Bess ging in die Küche, um die Flasche Cola wegzustellen, die Connor auf dem Tisch hatte stehen lassen. Die Geräusche des Videospiels drangen aus dem Wohnzimmer in die Küche, hier und da unterbrochen von Connors Sticheleien und Robbies Erwiderungen. Ein kurzer Blick in Regale und Kühlschrank verriet ihr, dass sie Lebensmittel einkaufen musste. Das, wovon sie die letzten Wochen gelebt hatte, würde mit den Jungs keine zwei Tage reichen.
Sie warf einen Blick ins Wohnzimmer. Nicks dunkle Haare gaben einen scharfen Kontrast zu Robbies blondem Schopf ab. Alle drei lachten. Jungs, die spielten. Wie hatte sie nur denken können, sie würden nicht miteinander auskommen? Er war schließlich nur ein paar Jahre älter als die beiden.
Ihr Blick fiel auf die an der Wohnzimmerwand hängende Reproduktion einer alten Weltkarte. „Achtung, Monster!“stand auf den unerforschten Gebieten. Wie passend. Sie wollte nicht in ihrer Küche stehen, sich alt fühlen und ihren Liebhaber mit ihren Söhnen vergleichen.
„Jungs, ich fahr eben in den Supermarkt. Irgendwelche besonderen Wünsche?“
„Froot Loops“, rief Connor ihr über die Schulter zu, ohne sich überhaupt umzudrehen.
„Oreos“, fügte Robbie hinzu.
Nick sagte nichts, sondern fuhr fort, seine dreidimensionale Spielfigur auf dem Fernseher zu bewegen.
„Nick? Willst du auch etwas?“ Mein Gott, jetzt klang sie wirklich, als wäre sie seine verdammte Mutter.
„Nein, danke.“
Bess überließ sie wieder ihrem Spiel und fuhr in den Supermarkt. Anders als beim letzten Mal musste sie nicht erst eine Weile auf dem Parkplatz sitzen und überlegen, ob sie drauf und dran war, den Verstand zu verlieren. Das Mädchen am Strand hatte Nick gesehen, und die Jungs hatten ihn auch gesehen. Er existierte, auch wenn sie immer noch nicht herausgefunden hatte, wie – oder wie sie den Rest ihres Lebens meistern sollten.
Bisher hatte sie noch keine Zeit gehabt, das Buch zu lesen, das sie von Alicia im Bethany Magick gekauft hatte. Doch an der Kasse erregte ein weiteres dickes Taschenbuch ihre Aufmerksamkeit. „Geistführer“. Sie überflog den Klappentext in der Erwartung, irgendeinen New Age- oder Indianertext zu finden, aber das Buch schien ein breites Themenfeld abzudecken. Einem Impuls folgend, legte sie das Buch zu ihren restlichen Einkäufen auf das Laufband.
Wieder zu Hause
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