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Tiefer Schmerz

Tiefer Schmerz

Titel: Tiefer Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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einen kurzen Moment über verschiedene Assoziationsbahnen und ihre Bedeutung nach. Der Techniker trat zu seinem Chef, der dastand und stramm aussah. Brynolf Svenhagen nahm den Gegenstand in Empfang, drehte und wendete ihn eine Weile und begann dann, in Richtung des Trios zu gehen. Er hielt dem alten Qvarfordt den Gegenstand hin, der durch eine zentimeterdicke Brille darauf starrte und dann nickte. »Ausgezeichnet«, war alles, was er sagte.
    Widerwillig wandte sich dann der stramme Svenhagen an seinen Schwiegersohn und dessen mindestens ebenso verabscheuungswürdigen Kollegen. Er hielt den Gegenstand in die Luft.
    Es war ein Finger.
    »Ausgezeichnet«, sagte Chavez, ohne die geringste Neigung erkennen zu lassen, ihn genau betrachten zu wollen.
    »Fingerabdrücke«, fügte er überflüssigerweise noch hinzu.
    Svenhagen machte auf dem Absatz kehrt. Chavez griff den flatternden weißen Ärmel und zog ihn an sich. Es wirkte wie ein Vorgeschmack der Fußball-Europameisterschaft.
    »Leck mich doch«, sagte Svenhagen verbissen.
    »Können wir eine erste Übersicht bekommen, Brunte? Wenn das nicht zuviel verlangt ist?«
    Brynolf Svenhagen nickte schwer.
    »Wir sind Polizisten«, sagte Hjelm, um Hilfestellung zu geben.
    Svenhagen ließ eine weitere Mißfallensäußerung hören und überwand sich. Er führte die beiden Kriminalinspektoren zum Rand des Vielfraßgeheges, unmittelbar neben dem drei Meter tief abstürzenden Graben vor den Zuschauerplätzen. Dort ging der Gras- und Steinuntergrund in schwarze Erde über, und genau hier war der Bestand an bunten Fasern besonders groß. Dort waren auch die einzigen Blutspuren zu sehen, ein dunklerer Fleck, der fast ganz von dem erdigen Untergrund aufgesogen worden war. »Paßt auf, wohin ihr hier tretet«, sagte Svenhagen.
    »Wie viele Vielfraße waren es?« fragte Hjelm.
    »Vier«, erwiderte Svenhagen.
    »Vier bestialische Ungeheuer, die sich einen Menschen einverleiben, und fast nirgendwo eine Blutspur – ist das nicht sonderbar?«
    Svenhagen hielt inne und richtete einen eisblauen Begreifst-du-gar-nichts-Blick auf Hjelm. »Es hat während der Nacht geregnet«, sagte er und beugte sich nieder.
    »Glücklicherweise ist dies hier erhalten geblieben«, sagte er und zeigte auf den Boden.
    Unmittelbar unter Brynolf Svenhagens Zeigefinger konnte Hjelm eine Reihe von Vertiefungen im Sand erkennen. Mit einer gewissen Mühe konnte er Buchstaben ausmachen. Fünf Stück.
    Er buchstabierte »Epivu?«
    »Allem Anschein nach«, bekräftigte Svenhagen. »Aber frag mich nicht, was es bedeutet.«
    »Hat er es geschrieben?«
    »Das wissen wir nicht. Die Größe der Buchstaben paßt zu einem menschlichen Finger, soviel können wir sagen. Außerdem läßt die Menge der Fasern darauf schließen, daß dies der Ort der eigentlichen … Nahrungsaufnahme sein könnte. In dem Fall könnte man sich vorstellen, daß das Opfer, an Händen und Füßen gefesselt, eine letzte Mitteilung schrieb. Wir haben Proben entnommen, um zu untersuchen, ob die Erde Blutspuren oder Hautreste enthält. Und vielleicht kann auch dieser Finger zur Lösung des Rätsels beitragen.«
    »Gibt es irgendwelche Hinweise darauf, wie er hier gelandet ist?«
    »Nein«, sagte Svenhagen. »Natürlich massenweise Fingerabdrücke am Zaun, aber sonst nichts. Wir müssen uns alles vornehmen.«
    »Wenn wir davon ausgehen, daß er derjenige war, der ›Epivu‹ geschrieben hat, dann kann er nicht ohne Kopf hier gelandet sein. Wie kann ein Kopf verschwinden?«
    »Es gibt verschiedene Möglichkeiten«, sagte Svenhagen und betrachtete Hjelm. Vielleicht war dieser Mann doch nicht der Vollidiot, für den er ihn bisher gehalten hatte. Aber Brynolf Svenhagen war keiner, der es gern sah, wenn seine Vorurteile über den Haufen geworfen wurden. Das machte ihn womöglich noch bissiger. Er fuhr grimmig fort:
    »Die Vielfraße können ihn ganz einfach aufgefressen haben. Es ist tatsächlich nicht ganz unwahrscheinlich, daß sie sich den gesamten Schädel einverleibt haben, mit Kranium, Zähnen und Gehirnrinde und dem ganzen Kram. Aber es kann ja auch sein, daß es gar nicht er war, der diese Buchstaben geschrieben hat. Ihr müßt das mit den Tierpflegern klären, das ist euer Job. Vielleicht heißt einer der Vielfraße Epivu, was weiß ich?«
    Hjelm ließ nicht locker. Er blickte sich in dem unwegsamen Gelände um. »Der Schädel kann sich also sehr wohl noch hier irgendwo befinden? Da hilft wohl nur weitersuchen. Außerdem vermute ich, daß ihr euch in der

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