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Tiefer Schmerz

Tiefer Schmerz

Titel: Tiefer Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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nächsten Zeit durch jede Menge Vielfraßkacke hindurchwühlen müßt. Vielleicht ist es nicht nur ein Mensch, vielleicht sind es zwei oder mehr oder eine ganze Fußballmannschaft, die von den bösartigen Vielfraßen verschlungen worden sind.«
    Bei der Erwähnung des Durchwühlens von Vielfraßkacke sah Hjelm ein leichtes Zucken zwischen Brynolf Svenhagens Augen. So weit hatte der hyperorganisierte Chefkriminaltechniker offenbar nicht gedacht. Es war Hjelm eine kleine Genugtuung. Diese wunderlichen kleinen Machtkämpfe, an denen das soziale Leben so reich ist …
    Warum können Menschen nicht miteinander umgehen, ohne sich in Kindsköpfe zu verwandeln?
    Svenhagen zog ab.
    Hjelm sah Chavez an. »Was ist das hier?« fragte er gerade heraus.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Chavez. »Aber richtig normal ist es nicht.«
    »Nein«, sagte Paul Hjelm. »Richtig normal ist es nicht.«
    Sie gingen nach Bredablick und machten Frühstückspause. Sie saßen ganz oben im Aussichtsturm, kauten dröge Käsestullen, starrten über das von der Frühlingssonne beschienene Skansen und sahen die Menschenströme von Minute zu Minute anschwellen. Stockholms gesammeltes Pensionärskorps schien sich mit tödlichen Brotstücken in den Händen eingefunden zu haben, die, binnen kurzem in monströse Klumpen verwandelt, mehr Seevögel das Leben kosteten als die gesamte Wilderei im Lande.
    Obwohl es nicht genau das war, woran Paul Hjelm und Jorge Chavez dachten. Sie dachten an einen Mord.
    Wenn es denn ein Mord war.
    »Die Unterwelt«, sagte Chavez und versuchte vergebens, von der Käsestulle abzubeißen. Er wünschte, er hätte Bolzenschneider statt Kiefer.
    »Ellroy?« sagte Hjelm und starrte ziellos auf die großartige Stockholmaussicht. »Was für ein Ellroy?«
    »Auf die eine oder andere Weise die Unterwelt«, verdeutlichte Chavez.
    »Auf die eine oder andere Weise: ja. Aber nicht auf jede Weise. Keine einfache Abrechnung im Drogenmilieu. Keine gewöhnliche Hinrichtung. Da macht man so etwas nicht. Dies hier ist etwas Besonderes. Es enthält eine Mitteilung.«
    »Epivu?«
    Hjelm schüttelte den Kopf und blieb stumm. Chavez dachte laut weiter: »Wahrscheinlich wurde er gefesselt und zu den Vielfraßen hineingeworfen. Dort gelandet, konnte er noch das Wort ›Epivu‹ schreiben. Warum tut er das? Warum versucht er nicht statt dessen zu fliehen? Selbst ein so mittelmäßiger Sportler wie Paul Hjelm hat ohne bleibenden Schaden den Sprung über den Graben geschafft.«
    »Die rechte Leiste«, sagte Hjelm und nahm einen Schluck des sonderbar zähflüssigen Kaffees. »Die Schmerzen in der rechten Leiste. Strahlen aus bis hinunter ins Knie.«
    »Das hört sich nach Krebs an«, sagte Chavez. »Leistenkrebs, die gefährlichste Sorte. Den jüngsten Forschungsergebnissen zufolge in siebenundneunzig Prozent aller Fälle tödlich.«
    »Zu seiner Verteidigung kann man sagen, daß es leichter ist, hineinzuspringen als heraus.«
    »Wenn man zu bestialischen Raubtieren hineingeworfen wird, setzt man sich nicht als erstes hin und schreibt etwas mit dem Finger auf den Boden. Man versucht rauszukommen.«
    »Anderseits ist es nicht gerade wahrscheinlich, daß die Mörder einen nur zu den Raubtieren hineinwerfen und dann direkt abhauen. Wahrscheinlich bleiben sie stehen und gucken. Wahrscheinlich richten sie Waffen auf einen. Wahrscheinlich hindern sie einen daran zu fliehen. Wahrscheinlich stehen sie da und genießen die Show. Gladiatorenspiele.«
    »Klingt das nicht übermäßig kompliziert?« sagte Chavez. »Jemand soll hingerichtet werden. Man fesselt den Betreffenden, hebt ihn hinüber in das bereits geschlossene Skansen, trägt ihn durch den Tierpark, wo sich jederzeit noch verspätete Tierpfleger offenbaren können, nur um ihn zu den Vielfraßen zu werfen. Das tut man nicht, wenn man nicht einen ganz speziellen Grund hat, ihn genau den Vielfraßen vorzuwerfen.«
    »Und da sind wir wieder bei Ellroy«, sagte Hjelm. »Wer ist dieser Ellroy eigentlich?«
    »Oder«, stieß Chavez hervor und setzte mit einem Knall die Tasse auf die Untertasse, so daß letztere sich in zwei elegante Halbkreise teilte, »oder man jagt ihn und landet ganz zufällig in Skansen.«
    »Und dann«, sagte Hjelm und nickte, »ist es nicht unwahrscheinlich, daß es irgendwo unterwegs zu einem Schußwechsel gekommen ist, und ein Querschläger dieses Schußwechsels kann sehr wohl im Arm eines zehnjährigen Mädchens eingeschlagen sein.«
    Chavez betrachtete ihn mit einer gewissen

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