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Tiefer Schmerz

Tiefer Schmerz

Titel: Tiefer Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Schwede.«
    »Schwede?«
    »Über ihn haben wir am meisten Information. Er war nicht ganz so akribisch wie die anderen beim Verwischen seiner Spuren. Vielleicht glaubte er nicht, daß er überleben würde. Vielleicht war ihm alles gleichgültig. Er hieß Anton Eriksson.«
    »Jesses«, sagte Kerstin.
    »Ich weiß, daß Sie endlich angefangen haben, sich mit Ihrem nationalen Erbe aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs auseinanderzusetzen, Fräulein Holm. Sie haben in der Waffen-SS und hier und da ein bißchen Kanonenfutter gefunden. Aber auf einen schwedischen SS-Mann dieser Größenordnung sind Sie bisher nicht gestoßen. Das war auch einer der Gründe für meine anfängliche Zurückhaltung. Ich habe mich gefragt, ob ich die Angelegenheit nicht zuerst auf einer etwas höheren Ebene zur Sprache bringen sollte. Aber jetzt ist es gesagt. Machen Sie damit, was Sie wollen.«
    »Das werde ich«, sagte Kerstin Holm.
    »Ich faxe Ihnen das Material zu«, sagte Herschel.
     
    Sie trafen sich im Gang auf Höhe der dünnen Wand, die ihre Zimmer voneinander trennte. Jeder zeigte auf den anderen.
    »Weimar«, sagten sie unisono.
    Dann gingen Paul Hjelm und Kerstin Holm in Kerstins Zimmer. Sie informierten sich rasch gegenseitig über ihre jeweiligen Fortschritte. Danach betrachteten sie ein Fax, das gerade ausgeworfen wurde. Es handelte von Anton Eriksson. Und es enthielt eine sehr undeutliche, fast schwarze Fotografie des dritten Mannes.
    »Drei Männer«, sagte Paul Hjelm. »Quälgeist drei dürfte identifiziert sein. ›Grausam, sadistisch, rhombenförmiges kleines Muttermal am Hals.‹ Hans von Heilberg. Der Leiter.«
    »Dieses Foto sagt ja nicht viel«, meinte Kerstin Holm.
    »Aber deine Zusammenfassung von Quälgeist eins hört sich nach einem denkbaren Anton Eriksson an. ›Sehr blond, nicht deutsch, traurig.‹ Daß gerade der Traurige es unterläßt, seine Spuren gründlich zu verwischen, wirkt glaubhaft. Er war wohl schon von seinem Gewissen aufgefressen.«
    »Sollen wir dann annehmen, daß Quälgeist zwei – ›eiskalter Wissenschaftler‹ – der unidentifizierte Mann auf dem Foto ist? Der Umstand, daß er alle anderen Spuren vernichtete, läßt wohl auf eine gewisse kühle Rationalität schließen.«
    Eine Weile saßen sie da und dachten nach, jeder für sich. Dennoch waren ihre Gedanken fast gleich. Als wären ihre Hirne durch keinen Knochen und keinen Knorpel getrennt.
    »Was haben wir jetzt hier?« sagte Paul Hjelm schließlich. »Wie sind die Erinnyen zu dieser Hinrichtungs methode gekommen? Warum gehen sie genau nach dieser Methode vor, wenn sie Zuhälter hinrichten? Und wo zum Teufel kommt Sheinkman dabei ins Bild? Er hätte hingerichtet werden sollen. Er war an der Spitze der Liste. Er kam davon. Wie ist er davongekommen?«
    Kerstin übernahm: »Und warum erzählte er nie etwas davon? Hätte er die Welt nur darüber informiert, daß dieses grauenhafte, verfluchte Institut existierte, dann hätte man alle drei festnehmen können. Man hätte auf jeden Fall gleich nach Kriegsende nach ihnen fahnden können. Statt dessen hielt er es über ein halbes Jahrhundert geheim.«
    »Er blätterte die Seite im Buch des Lebens um«, sagte Paul. »Er löschte seine Vergangenheit aus. Er wollte nichts mehr davon wissen. Er entfernte sie. Wie einen Tumor.«
    »Sie müssen es von Herschel erfahren haben«, sagte Kerstin und stand auf.
    »Wer?«
    »Die Erinnyen können nur eine einzige Quelle für die Kenntnis des Aufhängens mit dem Kopf nach unten und dieser Nadel im Gehirn gehabt haben, und das ist das Forscherteam in Weimar.«
    »Ruf an und frag, wer davon wußte. Alle überhaupt. Wer betrat als erster das Haus? Wen hat er informiert? Wie erreichte die Information Herschel? Wie lief es ab, als er sein Forscherteam zusammenstellte? Wer gehörte dazu? Was gab es sonst noch für Personal? Wie ging es vor sich, als das Haus renoviert wurde?«
    »Du hast recht«, sagte Kerstin und griff zum Hörer.
    »Und doch wieder nicht«, sagte Paul. »Es gibt andere mögliche Quellen. Wenn Sheinkman überlebt hat, können auch andere überlebt haben. Die Wachsoldaten im Schmerzzentrum. Und dann natürlich noch drei Personen.«
    »Drei Kriegsverbrecher, die vor mehr als fünfzig Jahren untergetaucht sind«, nickte Kerstin.
    »Ruf trotzdem an«, sagte Paul.
    Kerstin redete eine Weile mit Ernst Herschel. Er versprach, eine Liste mit sämtlichen denkbaren Namen zusammenzustellen, auch darüber wann und wie die Betreffenden von der Methode erfahren

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