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Tiefer Schmerz

Tiefer Schmerz

Titel: Tiefer Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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gehörte es in eine bedeutend größere Stadt.
    Dann gelangten sie zur Hochschule für Architektur und Bauwesen. Während sie eine Treppe hinaufstiegen, die Assoziationen an ruhmreiche Traditionen weckte, überlegte Söderstedt, was wohl die Mitarbeiter der Hochschule für Architektur über das kandierte Haus in der Nachbarschaft zu sagen hatten.
    Sie betraten ein kaltes, aber ziemlich elegantes Büro. Elena Basedow schaltete unmittelbar die Kaffeemaschine ein. Dann verschwand sie durch die Tür.
    Das Assistententeam, dachte Söderstedt und ließ sich auf dem ihm angewiesenen Stuhl nieder.
    Herschel sank in seinen Schreibtischsessel. »Ich bin nur noch recht selten hier«, sagte er. »Die abschließende Auswertung der Untersuchung zum Schmerzzentrum findet am Historischen Institut in Jena statt.«
    Er hielt Söderstedt eine Liste hin.
    »Dies habe ich gerade nach Stockholm gefaxt. Es ist eine Liste aller Personen, die möglicherweise während der Tätigkeit des Forscherteams in Weimar von der Art des … Experiments haben reden hören. Diese Liste ist für Sie. Bitte sehr.«
    »Danke«, sagte Arto Söderstedt. »Und überhaupt für die Zusammenarbeit. Sie ist von unschätzbarem Wert.«
    »Ihre Kollegin Holm hat mich davon überzeugen können, daß ich mit Ihnen zusammenarbeiten sollte. Ich war eingangs ein wenig skeptisch. Aber ich verstehe nicht alles richtig. Es geht also um eine Bande, die europaweit mit solchen Nadeln arbeitet?«
    Herschel öffnete eine Schublade seines Schreibtischs, entnahm ihr eine rostige, lange, dünne steife Nadel und reichte sie Söderstedt über den Schreibtisch.
    »Jesses«, sagte Söderstedt und nahm sie in die Hand.
    Ihm war, als spürte er das bedrückende Erbe, das auf ihr lastete. Sie war beinah zu schwer, um sie zu halten. »Ja«, fuhr er fort, während er sie drehte und wendete. »So ist es. Aber wir haben große Probleme zu verstehen, wer sie sind.«
    »Die Erinnyen«, sagte Herschel.
    Söderstedt betrachtete ihn. Hatte Kerstin das tatsächlich auch gesagt? Hatten sie so guten Kontakt bekommen?
    Herschel fuhr fort:
    »Dem Mythos zufolge werden die Erinnyen zu Eumeniden, als Athena sie zivilisiert. Sie werden in eine moderne Rechtsgesellschaft eingebunden. Glauben Sie, daß etwas Entsprechendes geschehen wird?«
    »Gibt es eine moderne Rechtsgesellschaft, in die sie eingebunden werden könnten?« fragte Arto Söderstedt.
    Herschel starrte ihn einen Augenblick an. Dann fing er an zu lachen, laut und beinah wild.
    Als der Anfall vorüber war, sagte er:
    »Eine Sache habe ich dem reizenden Fräulein Holm vergessen zu erzählen. Apropos moderne Rechtsgesellschaft.
    Wissen Sie, was die drei führenden Gestalten des Schmerzzentrums als Gehaltsbonus bekamen?«
    Arto Söderstedt wußte es nicht.
    »Zahngold«, sagte Herschel.
    Nach einer Pause fuhr er fort: »Sie teilten sich das persönliche Eigentum ihrer Opfer. Zahngold war die wichtigste Einnahmequelle. Sie dürften eine ganze Menge zusammenbekommen haben. Je mehr Juden sie töteten, desto mehr Gold. Das ist Wissenschaft.«
    Söderstedt verspürte Übelkeit. Schließlich sagte er:
    »Ach, eins noch. Sie haben reichhaltiges Material über Anton Eriksson nach Stockholm gefaxt. Aber Sie hatten auch etwas über Hans von Heilberg, den Leiter des Schmerzzentrums. Das ist nicht nach Stockholm gegangen. Ich habe es jedenfalls nicht bekommen.«
    Herschel nickte. »Da werden Sie recht haben«, sagte er.
    »Ich habe vermutlich nur das Material über Eriksson geschickt. Hier ist die Akte Hans von Heilberg.«
    Sie erschien wie auf Bestellung.
    Söderstedt wartete einen Augenblick, bevor er die Akte Hans von Heilberg aufschlug. Er war sich ziemlich sicher, was er darin finden würde.
    Dann holte er tief Luft und tauchte in den Text ein.
    Er verstand unmittelbar. So einfach, so glasklar. Heilberg, Hans von. Geb. 18.7.08 in Magdeburg. Vater aus adliger deutscher Familie, Mutter aus adliger italienischer Familie. Zweisprachig.
    Den Rest zu lesen kam ihm unnötig vor.
    Hans von Heilberg war Marco di Spinelli.
    So war das also.
    Arto Söderstedt war schon auf dem Weg nach Mailand. Er schob dem verblüfften Herschel die Papiere hinüber und stand auf, als ihm noch etwas einfiel. »Ach richtig«, sagte er. »Die Stockholmer haben gesagt, die Fotografie des dritten Mannes sei bei der Fax-Übermittlung nur schwarz herausgekommen. Es wäre gut, wenn ich sie noch einmal sehen könnte.«
    Für den Bruchteil eines Augenblicks erstarrte Ernst Herschel. Die

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