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Tiefer

Titel: Tiefer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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fallen und geht einige Schritte vor dem Mann auf und ab. Er nickt. «Gut», sagt er,
     «ich heiße Tarek. Erst das Finanzielle.» – «Dreihundert», sagt B., und beide nicken sich zu. Sie zeigt ihm das Bad und sieht
     ihm zu, als er die Krawatte löst, sein Hemd aufknöpft und sich im Spiegel betrachtet. «Du bist ein sehr |45| attraktiver Mann, Tarek», sagt B. und lutscht an ihrem Zeigefinger, «ich freu mich, dass du hier bist.» Tarek mustert sie
     wieder. Das totale Klischee, denkt er, aber drum sind es ja Klischees, weil sie eben doch wahr sind, und die hier sieht aus
     wie eine Hure aus dem Lehrbuch. Seine Stimme zittert noch etwas, als er sagt: «Ich hoffe, du bist gut», dann härter: «Ich
     bin anspruchsvoll.» Dabei geht er auf sie zu und umfasst sie so, dass er mit einer Hand ihren Po greifen kann. «Alles, was
     du möchtest», haucht B., und dann nach einem kurzen Moment: «Ich fick dich, bis du abspritzt, Süßer.» Tscha, denkt Tarek,
     so lange tut man es gewöhnlich. Sie küsst ihn auf die Wange, auf den Hals, auf den Mund küsst sie ihn nicht. Wie eine große
     Katze schleicht sie ins Schlafzimmer und öffnet einen Piccolo Sekt. Das Bett ist mit schwarzem Satin bezogen. Rote Vorhänge
     lassen noch etwas Tageslicht durch. Er muss daran denken, wie sich das Wasser langsam rot färbt, wenn er zum Frühstück die
     Beutel mit Erdbeertee in die Kanne hängt. Das rötliche Licht wabert durch den Raum, und an den süßlichen Duft kann er sich
     kaum gewöhnen, bis er sieht, woher er kommt: von den Räucherstäbchen in einem Regal. Er würde gerne hingehen und sehen, was
     sie liest, vielleicht wilde Romane über roten Regen und neurotische Indianer oder Reiseberichte von Helgoland, aber dafür
     ist er nicht hier. Er sieht sich weiter um. Von der Decke baumelt ein Mobile aus Liebeskugeln, auf dem Nachttisch steht eine
     große Schale mit Kondomen. All das kann nicht verbergen, |46| dass es sich um eine ganz normale Wohnung handelt, die mittags wahrscheinlich nach Nudelauflauf riecht und in der einmal pro
     Woche eine schwatzhafte ältere Frau den Teppich saugt. In ein paar Minuten könnte man die Dekoration im Schrank verstecken,
     und dann wäre es auch kein Problem, wenn die Schwiegermutter plötzlich zu Besuch käme. Nichts würde sie merken. Tarek weiß
     nicht, ob B. überhaupt eine Schwiegermutter hat. Auch warum sie das hier tut, weiß er nicht. Geld ist die Entschuldigung für
     vieles, aber meistens steckt doch mehr dahinter, das weiß er aus Erfahrung. Er versucht es mit der Machonummer: «Mach dich
     nackt, leg dich hin», und sie gehorcht sofort, anscheinend ist das richtig so. Er sieht ihr zu, wie sie ihr Korsett aufknöpft
     und den Slip abstreift, während er sich selbst auszieht. Auf dem Fensterbrett stehen Töpfe mit üppigen Pflanzen. Im Bad eben
     hat er eine Katzenkiste gesehen. «Daran erkennt man eine gute Frau», hat seine Mutter ihm einmal gesagt, «wer Tiere füttert
     und Pflanzen gießt, ist auch gut zu seinem Mann.» Er muss grinsen, reißt sich aber zusammen. Er will jetzt bestimmt nicht
     an seine Mutter denken. Wenn die ihn so sehen könnte. Er weiß nicht, was er sagen soll, und fragt: «Hast du eine Katze?» Da
     fällt das Lächeln von B.s Gesicht, die verschleierten Augenlider heben sich, ihr Gesicht ist einen Moment irritiert, dann
     ärgerlich. «Das geht dich nichts an», sagt sie, «du bist doch nicht hier, um Konversation zu machen.» Stimmt, das ist er nicht.
     «Befiel mir, was ich für dich tun soll», |47| haucht sie wieder mit dieser singenden, viel zu tiefen Stimme, die verrucht klingen soll, obwohl sie wahrscheinlich eine ganz
     helle freundliche hat, wenn sie normal spricht. Wahrscheinlich ist sie so eine, die beim Einkaufen bitte und danke sagt und
     guten Tag, wenn sie einen Bus betritt, denkt er. Er versucht sich zu konzentrieren. «Du bist eine Hure», sagt er laut, das
     erscheint ihm angebracht. «Ganz recht, Süßer», haucht sie und dreht sich auf den Bauch, um ihn all ihre Kurven sehen zu lassen.
     «Dann zeig mir doch erst mal, dass du deinen Mund nicht nur zum Quatschen hast», ranzt er sie an und stellt sich neben das
     Bett, ein Bein angewinkelt auf der Matratze. «Und mach die Beine breit beim Blasen, damit ich in deine Fotze sehen kann.»
     Das Wort Fotze hat ihn Überwindung gekostet. Muss ich immer so unfreundlich sein?, denkt er. Das ist das Letzte, was er in
     ganzen Sätzen denkt, denn B. hat die Beine weit gespreizt und beginnt ihre

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