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Tiefer

Titel: Tiefer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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können, aber das änderte alles nichts daran, dass er ein Leben führte
     wie ein einzelner Silberfisch im Abflussrohr der Dusche. Er wohnte im dritten Stock eines alten Hinterhauses, und so kam ihm
     sein Leben auch vor. Vorne im Haus wohnten die, die es geschafft hatten, die, die Besuch bekamen, Partys feierten oder abends
     in der Toreinfahrt schmusten. Zu ihm kam nie jemand. Und wenn er mal im Dunkel der Toreinfahrt stehen blieb, dann höchstens,
     weil sein Schnürsenkel gerissen war, und nicht, weil ihn irgendeine scharfe Brünette mit bebenden Brüsten gegen die Wand gepresst
     hätte. Aber was sollte er überhaupt mit einer Brünetten. Für ihn gab es nur |168| Hillu, und sie war auch der Grund dafür, dass er nicht längst in eine schickere Wohnung gezogen war. Hillu wohnte natürlich
     im Vorderhaus, und ihr Badezimmerfenster zeigte auf den Hof. Die meisten anderen Mieter hatten die Fenster mit Folie verklebt,
     Jalousien angebracht oder mit wild wuchernden Kakteen die Sicht nach innen verbarrikadiert. Hillu nicht. Dazu war sie zu natürlich.
     Wenn sie sich bei den Abfalltonnen begegneten, drehte sich Frieder immer sofort in eine andere Richtung. Sie dagegen sah ihn
     manchmal so merkwürdig an mit ihren tiefen, meerblauen Augen, als wisse sie sehr viel über ihn, geheime, intime Dinge, und
     das war ihm peinlich, obwohl es nicht sein konnte, denn Frieder war viel zu schüchtern, um sie anzusprechen, er grüßte sie
     nicht einmal, und er hielt ihr auch nicht die Tür auf, wenn sie vom anderen Ende der Straße mit wiegendem Schritt wie auf
     einer Welle herankam. Frieder war ein genügsamer Mensch, für den eine Dokumentation über paarungsbereite Pottwale bereits
     ein Ereignis war, aber ihr nur aus dem Weg zu gehen reichte ihm nun doch nicht. Und so hatte er sich einen Hightech-Feldstecher
     zugelegt, ein weit spähendes künstliches Auge, mit dem er problemlos den kleinen Bären hätte anstaunen können, aber Bären
     aller Art interessierten ihn nicht, sein Jagdrevier lag genau gegenüber im Vorderhaus: Hillus Wohnung. Zwei Fenster gehörten
     ihr: das von der Küche und das vom Badezimmer, und Letzteres war ihm das liebste.
    Da föhnte sich Hillu vor dem Spiegel, wenn sie gegen |169| Mittag aufstand, da bürstete sie ihre rundlichen Beine, massierte ihre vollen Brüste und schminkte sich. Sie war klein, üppig
     und hatte lockige blonde Haare bis zur Hüfte, wie eine Nixe.
    Einmal stieg Hillu aus der Dusche, tropfnass, wickelte sich ein Handtuch um den Kopf und trocknete sich ab. Sie cremte sich
     den Busen mit einer weißlichen Milch ein, die sie mit zurückgebogenem Hals direkt aus der Flasche über ihre Rundungen goss.
     Frieder, der schon einige Zeit am Fernrohr auf sie gewartet hatte, schluckte, hakte seinen Daumen in seiner vorderen Jeanstasche
     ein und legte die anderen Finger über den Schritt. Über ihren Bauch goss Hillu die Bodymilch, die an ihr hinablief wie Gischt
     und über ihre Muschel floss. Eine Undine. Die brachten Unglück, Frieder wusste das, aber Hillu war anders. Sie war eine Nixe
     ohne Fischschwanz, aber mit Unterleib, und mit was für einem. Frieders Jeans spannte sich leicht, und er bewegte die Fingerkuppen
     über dem Stoff. Er zog das Fernglas etwas tiefer, und genau in diesem Moment stellte Hillu einen Fuß auf die Kommode, um ihre
     rasierte Perlmuttmuschel einzucremen, und Frieder sah mitten hinein und glaubte, die Perle zu sehen, das dritte Auge der Nixe.
    Frieders Herz überschlug sich. Dann war Hillu plötzlich verschwunden, einfach rausgesprungen aus seinem kreisrunden Blickfeld.
     Irritiert sah Frieder hoch und blinzelte.
    Die Badezimmertür war offenbar aufgegangen und ein |170| nackter drahtiger junger Mann mit exotischen Gesichtszügen hereingekommen. Frieder begutachtete ihn durchs Fernglas, ein Indonesier
     vielleicht, vielleicht ein Seemann, der sie draußen in der Stadt gefischt hatte. Der muskulöse Mann, der kaum größer als seine
     dralle Hillu war, strahlte, dass sie ihm ins Netz gegangen war. Ihr gefiel das offenbar auch, denn Frieder sah an ihrem Lächeln
     und an der Art, wie sie auf ihn zu wogte, dass sie sich sehr freute. Der Mann umfasste Hillu und küsste sie, während er mit
     der freien Hand das Handtuch um ihren Kopf löste. Er drängte sich an sie und packte mit beiden Händen ihre Hüften, die er
     sanft knetete und walkte, sodass ihr weiches Fleisch bebte wie Seegang. Hillu hatte eine Hand zwischen die Beine des Seemanns
     geschoben und

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