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Tiefschlag

Tiefschlag

Titel: Tiefschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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ihn dann nach hinten schlagen.
    Dann hatte er Andrews Hände an die Handtuchringe aus Messing gebunden und sein Messer geholt.
    Später hatte er die Leiche in die Badewanne gelegt, und Gog und Ben hatten sie fortgeschafft. Mama und Doc hatten das Badezimmer gewischt.
    Franco machte sich Vorwürfe. Man verletzt immer den, den man liebt.
    Der Junge war’s selbst schuld, aber er war ja auch nur ein Kind. Franco machte sich Vorwürfe, weil er ja schließlich der Erwachsene war. Er hätte die Karre niemals so weit in den Dreck fahren lassen dürfen, daß es nur noch eine Lösung gab.
     
    Franco stellte den Wagen ab und durchquerte zu Fuß Coppergate Centre. Er ging die Colliergate entlang, dann weiter zur College Street und nahm den Queen’s Path zur Deangate. Vor dem Eisenzaun der Minster School blieb er stehen und schaute auf den leeren Spielplatz hinein. Sein ganzes Leben lang war er hergekommen, und an dieser Stelle hier empfand er so etwas wie Nostalgie. Auch wenn dort jetzt keine Kinder spielten, war es immer noch ein gutes Gefühl. Irgendwie sicher und mit einem Hauch von Faszination.
    Franco hatte vor langer Zeit einmal gehört, daß ein Stier in der Arena immer wie magisch von einer bestimmten Stelle angezogen wird. Jeder Stier hat seine eigene Stelle, ein Fleckchen Erde, auf dem er sich sicherer fühlt als überall sonst in der Arena. Und Menschen waren nicht anders. Does Stelle war ein Park in Stevenage, wo sie als Kinder oft gespielt hatten, und Mamas war Piccadilly Gardens in Manchester, wo sie zwanzig Jahre lang Teenager gewesen war.
    Aber das hier war Francos Stelle. Die Minster School. Oder besser gesagt, dieser bestimmte Teil davon: Der Eisenzaun um den Spielplatz. Franco hatte sich nie hineingewagt, und er glaubte auch nicht, daß er es je tun würde. Die Kinder hier waren etwas Besonderes, ein wichtiger Bestandteil von Francos Phantasiewelt. Andere Kinder, alle anderen Kinder auf der Welt waren zu haben. Aber nicht diese. Diese hier waren absolut unberührbar. Sie waren nur zum Anschauen da, auf der anderen Seite des Zaunes.
     

KAPITEL VIERUNDZWANZIG
     
    S am und Geordie schauten zum Norman Archway des Micklegate Bar auf. «Was hast du gesagt?» fragte Norman.
    «Verräter», sagte Sam, «Wenn sie jemanden als Verräter verurteilten, hackten sie ihm den Kopf ab und hängten ihn ans Bar.»
    «An dieses Bar?»
    «Ja.»
    «An keine anderen Bars?»
    «Nein, Geordie, sie hängten die Köpfe an dieses Bar. Dies hier war der Hauptzugang in die Stadt.»
    «Warum hat man die Stadttore eigentlich Bar genannt? Was bedeutet das überhaupt, Bar?» Geordie war sich bewußt, daß er Tausende von Fragen hatte, konnte sich aber nicht bremsen. Es gab Dinge, die er hier herausfinden konnte, und er wollte die Gelegenheit auf gar keinen Fall ungenutzt verstreichen lassen.
    Sam dachte einen Moment nach. «Ich glaube, es ist die Kurzform von Barriere, Sperre», sagte er. «Etwas, das Menschen draußen hält, das ist ein Bar, eine Barriere.»
    Sie durchquerten das Tor auf die andere Seite, und Geordie schaute zurück, versuchte sich vorzustellen, wie dort oben die Köpfe hingen, das Blut auf den Stein darunter tropfte, wie die toten Augen die Touristen anstarrten. Es war ein echt burgartiges Tor, das Bar. Ein quadratischer, über dem Torbogen errichteter Turm mit bewehrten Ecktürmchen an jeder Seite.
    «Hier müssen Hunderte von Leuten getötet worden sein», sagte er. «Ich meine, in York.»
    «Versuch’s mal mit Tausenden.»
    «Ja, wenn man Schlachten und Kriege mitzählt, die Hinrichtungen. Aber ich dachte an Morde.»
    «Tatsächlich», sagte Sam. «Aber wie kommst du drauf?»
    «Ich krieg dabei ein ganz unheimliches Gefühl», sagte Geordie. «Ich meine, wir leben hier, stimmt’s? Hier leben und arbeiten wir, hier verbringen wir unsere Zeit. Und man geht drum herum spazieren, nicht heute, wo’s arschkalt ist, sondern im Sommer, also, man spaziert um York herum, und die Sonne scheint, und alle Leute sind unterwegs und draußen, kleine Kinder tollen herum. Die Cafés hier unten stellen die Tische auf die Straße, und es ist, als wäre alles völlig normal.»
    Sam sah ihn an. «Es ist alles völlig normal.»
    «Ich weiß, Sam. Aber du gehst und setzt dich an einen dieser Tische, und du denkst nicht groß darüber nach, aber vielleicht ist jemand dort ermordet worden, genau an dieser Stelle.»
    «Warum sollte?» fragte Sam. «Ich meine, warum solltest du denken, daß jemand genau an der Stelle ermordet wurde, wo du

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