Tiefschlag
knapp drei und am anderen anderthalb Zentimeter an Umfang zugelegt hatte.
Einige Zeit später verschwand Gog, um sich etwas hinzulegen, da er Kopfschmerzen hatte. Ben brachte ihm eine Banane nach oben, aber Gog schlief. Das war nicht okay. Dauernd Kopfschmerzen. So was sollte nicht sein. Sie würden mit Doc Squires darüber reden müssen.
Das Monster Gym lag nur einen kurzen Fußweg entfernt von Acomb Green. Das Gebäude hatte eine ganze Weile leer gestanden und ursprünglich ein florierendes Fitneßcenter beherbergt. Dem Gerücht nach hatten dort die Wharton Boys unter einem dieser alten Trainer aus dem Ostblock trainiert. Manny soundso; sie schienen alle Manny soundso zu heißen. Ben war’s scheißegal. Wenn man einen Blick hinter all diese sentimentalen Legenden wirft, entdeckt man, daß dieser Manny aus dem Ostblock nur ein Strohmann ist. Der echte Trainer, der Mann, von dem nie irgendwer was hört, der aber den Champ im unentwickelten kleinen Jungen entdecken kann, der ist ein Brite. Wie Ben. Ben war ein Brite, genau wie sein Bruder Gog. Durch und durch, wie’s auch auf diesen Zuckerstangen so schön hieß.
Aber das war die Vergangenheit, als es noch ein Fitneßcenter war. Der Laden stand eine ganze Weile leer und verfiel, bis ein aufstrebender Unternehmer Möbel darin einlagerte. Franco Tampon hatte das Gebäude schließlich für einen Appel und ein Ei gekauft und ein paar Muscles aus Bradford kommen lassen, die den Laden wieder in Schuß bringen sollten. Jetzt waren Ben und Gog ebenfalls Muskelberge, aber intelligente Muskelberge, und ihre Namen standen auf dem Mietvertrag. Sie waren nun selbst Unternehmer, die Inhaber des Monster Gym, geöffnet sieben Tage die Woche für Fans von Hardcore-Bodybuilding. Außer morgens waren Ben und Gog selbst nicht sieben Tage die Woche in der Gym. Sie hatten jede Menge anderer Arbeit für Franco zu erledigen. Franco nannte die Arbeit, die er ihnen gab, «kleine Gelegenheitsjobs». Aber es war mehr als das. «Ihr seid gute Jungs», sagte Franco. «Drei neue Kunden seit letztes Mal.» Er ließ den Zeigefinger die Zahlenkolonne entlanggleiten. Die Bücher. Belege und Auslagen kontrollieren. Das machte er jetzt immer, seit sie mit dem Filialleiter der Bank Arger bekommen hatten. Damals hatte er ihnen Geld geliehen und sie aus den Klauen des Bankers gerettet. Alle Banker waren Teil einer großen internationalen Verschwörung. Jeder wußte, wer sie waren. Aber die meisten Menschen wollten die Wahrheit einfach nicht sehen.
Aber Ben war nicht beunruhigt, weil Franco die Zahlen kontrollierte. Jetzt nicht mehr. Er war diese Zahlen selbst dreimal durchgegangen. Sie stimmten. Franco sah ihn wieder an, ein breites Lächeln auf dem Gesicht. «Und ihr seht auch professionell aus», sagte er. Ben und Gog waren identisch gekleidet in einfache weiße T-Shirts, schwarze Polyester-Jogginghosen und Nike-Laufschuhen. Ben war blond und der kleinere der beiden, hatte Schultern wie ein Bulle und Bizeps, die die Ärmel seines T-Shirts bis an die Belastungsgrenze strapazierten. Gog, sein Bruder, war einen Kopf größer und trug ständig ein Lächeln auf dem Gesicht. Er war dunkelhaarig, irgendwie ein dunkelhäutiger Typ und litt gelegentlich an Depressionen. Aber er lächelte trotzdem. Wie Ben hatte auch er seinen Oberkörper bis zum äußersten ausdefiniert.
Ben und Gog waren benachteiligte Kinder gewesen. Ihre Mutter war kurz nach Gogs Geburt mit einem Chinesen durchgebrannt. Niemand wußte, wohin. Ben und Gog fanden, vermutlich nach China, da sie seitdem kein Mensch mehr gesehen hatte. Schon komisch, daß sie ausgerechnet mit einem Chinesen durchgebrannt war. Sehr merkwürdig. Von niemandem sonst war die Mutter mit einem Chinesen abgehauen. Wenigstens nicht in York. Tatsächlich hatte kaum jemand in York überhaupt schon mal einen Chinesen gesehen. Gut, da waren die Chinesen, die Restaurants und Imbißbuden hatten, aber die zählten nicht. Die redeten nur drollig. Sah ganz so aus, als sei der einzige echte Chinese, der jemals nach York kam, aus dem einzigen Grund gekommen war, um mit ihrer Mutter durchzubrennen.
Ben und Gog glaubten nicht, daß dies irgendwas mit der Tatsache zu tun hatte, daß sie beide, unabhängig voneinander und ohne sich irgendwie abgesprochen zu haben, Chinesen haßten. Zum ersten Mal hatten sie vor zwei Jahren darüber geredet, nachdem sie ein Chinarestaurant demoliert und zwei chinesische Kellner krankenhausreif geschlagen hatten, wobei sich der eine von mehreren
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