Tiefschlag
sind», sagte der Typ. «Sie klingen beunruhigt. Und das sollten Sie auch sein, denn wir werden auf gar keinen Fall aufgeben.»
«Ich sag dir was», sagte Ben. «Ich sag dir, laß es sein, aber auf eine Art bricht’s mir das Herz. Weißt du, warum? Wenn du aufgibst, müßten wir dich in Ruhe lassen.» An dieser Stelle unterbrach er sich und gackerte leise in die Sprechmuschel, womit er dem Kerl die Chance gab, sich noch mal alles gründlich durch den Kopf gehen zu lassen. «In deinem Fall wär das wirklich zu schade. Wir wollen dich nicht in Ruhe lassen. Wir wollen...» Ben sah zu Gog hinüber, und sie nickten sich zu. «...daß du uns zwingst, aus deinem Leben ein gottverdammt beschissenes Jammertal zu machen.»
Aber der Typ am anderen Ende der Leitung war nicht aufzuhalten. «Tu, was du nicht lassen kannst, Dumpfbacke», fauchte er. «Du und die andere Dumpfbacke. Wir haben euch jetzt im Visier, und wir werden euch einen Riegel vorschieben. Das verspreche ich euch. Ist so was wie eine Garantie. Und ihr könnt überhaupt nichts dagegen machen.»
«Ich mach dir einen Vorschlag», sagte Ben. «Wir fangen damit an, deine alte Dame da zu terrorisieren. Die eben ans Telefon gegangen ist. Scheiße, wenn die jemand auf die Straße schubst, das würde schon reichen. Anschließend nehmen wir uns die schottische Braut vor, die du alle paar Tage vögelst. Vielleicht springen wir mal für dich ein, wenn du frei hast, Kumpel? Na, wie findest du das?»
«Aha, ihr seid also nachtragend.»
Ben ignorierte ihn. Der Typ war ein Großmaul. «Und wenn wir mit den Frauen fertig sind, ist da immer noch der Kleine mit seinem Köter. Ein Junge und ein Hund, und wir beide, für ein paar Tage zusammen in einem Keller. Bei dem Gedanken läuft mir jetzt schon das Wasser im Mund zusammen, Sam. Du hast doch nichts dagegen, wenn ich dich Sam nenne, oder? Wo wir doch anscheinend so prima miteinander auskommen.»
«Ich heiße Sam», sagte der Typ. «Steht draußen auf meinem Bürofenster. Auf der Tür auch. Aber du verrätst dich, Kumpel. Jetzt weiß ich, daß du lesen kannst. Dann hast du ja sogar richtig Bildung, hast vielleicht sogar deinen Doktor im Gewichtheben? Was sonst noch? Den Stil und die Raffinesse eines Spielautomaten. Und ungefähr die gleiche Intelligenz.»
«Du bist schon ein cleveres kleines Großmaul, stimmt’s?» sagte Ben.
«Vergleichsweise.»
«Ja, ja», sagte Ben und klappte das Handy zusammen. Er schaute zu Gog hinüber, der heftig schwitzte. Er hatte Akne. Sein Gesicht blühte an zahlreichen Stellen auf, und er hatte den Kopf in Händen vergraben und wiegte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht von einer Seite zur anderen. «Ist es schlimm?»
Gog gab’s nicht zu. Er schüttelte den Kopf und versuchte zu lächeln. Aber man sah sofort, daß er Schmerzen hatte.
«Ich glaub, wir werden diesen Sam Turner mal aufmischen», sagte Ben.
KAPITEL SIEBZEHN
S am rasierte sich. Die Badezimmertür stand offen. Barney pendelte ständig zwischen Sam im Bad und Geordie am Küchentisch hin und her.
Sam fühlte sich gut. Nachdem er den Tag draußen auf dem Fahrrad und mit Jeanie Scott verbracht hatte, leuchtete sein Gesicht. Sie waren flußabwärts die Terry Avenue entlang und am Knavesmire vorbei auf der Fahrradstraße hinaus nach Selby geradelt. Den ganzen Tag waren sie keinem einzigen Schläger, Straßenräuber, Kinderschänder oder Mörder begegnet. In Selby waren sie über den Markt geschlendert, hatten Cox Orange, ein Baguette und ein Stück Double Floucester gekauft. Diesen Imbiß hatten sie dann vor einem Pub in der Nähe von Cawood mit ein paar Enten geteilt.
Jeanie hatte ihn über seinen Alkoholismus gelöchert, und er hatte es geschafft, darüber zu reden, ohne zu pathetisch zu klingen. Sie hatte sich für die Arbeit der Anonymen Alkoholiker interessiert, und er hatte versucht, ihr das Zwölf-Schritte-Pro-gramm zu erklären.
«So wie du darüber redest», sagte sie, «klingt’s wie eine Art Religion.»
«Ist es nicht», antwortete er. «Es gibt Gläubige und Ungläubige. Die AA stehen jedem offen.»
«Was ist mit der Hingabe an eine höhere Macht?» fragte sie. «Das muß doch Gott sein.»
«Ich denke, für manche ist das sicher auch so», stimmte er zu. «Aber für mich repräsentieren die AA selbst diese höhere Macht. Weniger die Organisation als vielmehr ihr Geist. Die Existenz der Gruppe. Als ich ganz für mich allein versucht habe, mit meinem Alkoholismus fertig zu werden, habe ich die Kraft dazu
Weitere Kostenlose Bücher