Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
gehandelt haben soll. Da der Kreuzer niemals auf den Philippinen ankam, weiß man bis heute nicht, was er wirklich geladen hatte. Im Bereich des Marianengrabens und der dort befindlichen tiefsten Stelle der Weltmeere wurde die US S Indianapolis in der Nacht auf den 30. Juli 1945 nämlich von einem japanischen U-Boot torpediert und versenkt. Aufgrund der extremen Geheimhaltung wurde keine Suchmannschaft nach dem Schiff losgeschickt und der Großteil der Matrosen kam ums Leben nachdem sie über Tage hilflos im Pazifik getrieben waren. Es ist bis heute einer der schwersten Verluste, den die US Navy je erleben musste.
Auf alle Fälle liegt nun, in beinahe 11.000 Meter Tiefe, ein amerikanischer Kreuzer einige Seemeilen vor Guam, nach dem nie wirklich offiziell gesucht wurde. Von den wenigen Expeditionen, die je an dieser Stelle durchgeführt wurden, sticht besonders die bemannte Tieftauchexpedition von Jacques Picard im Jahr 1960 hervor, die von der US Navy finanziert wurde und bei der ursprünglich auch zwei Navy-Soldaten hätten teilnehmen sollen. Alle weiteren Tauchgänge in diese Tiefe, die durch ferngesteuerte Tauchroboter durchgeführt wurden, erfolgten entweder durch japanische oder amerikanische Expeditionen. Und der letzte Mensch, der in diese Tiefen getaucht ist, war James Cameron – ein kanadischer Regisseur, der über diesen Tauchgang einen Film machen möchte. Ein bisschen viele Zufälle, das muss ich schon zugeben.
Könnte uns der alte Pirat auf eine neue Spur gebracht haben? Liegen in den Tiefen des Marianengrabens etwa noch mehr Geheimnisse verborgen, als das seltsame Leben, das sich dort entwickelt hat? Finden wir in diesem unendlich scheinenden Schwarz des Pazifiks vielleicht sogar die Antworten auf alle noch offenen Fragen? Wir beschließen, einen letzten Versuch zu unternehmen und uns auf die Fährte jener Tauchpioniere zu heften, die von Guam aus zu ihren Missionen an die tiefste Stelle der Weltmeere aufgebrochen sind.
Zum Dank spendieren wir unserem redseligen Piraten noch ein Bier und beginnen, unsere letzte Reise zu planen.
Welches Wrack liegt am tiefsten?
Weltweit liegen rund drei Millionen Wracks aus den verschiedenen Epochen auf dem Grund der Weltmeere. Der Großteil davon ist einem gefräßigen Meeresbewohner zum Opfer gefallen, dem Schiffbohrwurm. Diese Muschelart setzt seine Schale als Bohrwerkzeug ein und vernichtet so im Laufe der Zeit das Holz alter Schiffe. Viele Schiffe sind auf diese Weise nur mehr fragmental vorhanden. Von den rund 100.000 erhaltungswürdigen Wracks weiß man von einigen, wo sie genau liegen – darunter auch welche, die ihren letzten Ruheplatz in enormen Tiefen gefunden haben.
Eines davon wurde am 19. Mai 1998 während einer Expedition der »National Geographic Society« unter der Leitung von Robert Ballard, besser bekannt als der Entdecker der Titanic, in Kombination mit der US Navy entdeckt: die USS Yorktown.
Der Flugzeugträger sank 56 Jahre zuvor in der Schlacht um Midway, die im Zweiten Weltkrieg einen Wendepunkt beim Kampf um die Kontrolle des Pazifiks darstellte. Da bereits einige Jahre seit dem Untergang vergangen waren und auch die Aufzeichnungen darüber nicht die allerbesten waren, stellte sich die Suche nach dem Wrack als ziemlich kompliziert heraus. Obwohl Dr. Ballard bereits einige Erfahrung bei der Suche nach Wracks in der Tiefsee hatte, musste er eine 300 km² große Zone im Nord-Zentral Pazifik absuchen, die noch dazu 1.600 Meter tiefer als jene am Fundort der Titanic war. Doch die Expedition war erfolgreich und fand die US S Yorktown schließlich in 5.075 Meter Tiefe.
Noch extremer war es allerdings bei einer anderen Tiefsee-Wracksuche – der tiefsten, je durchgeführten. Paul Tidwell, ein US Army Veteran, hatte von einem japanischen U-Boot gehört, der I-52, Codename » Momi«, die in den letzten Kriegstagen am 30. August 1944 irgendwo vor Barbados im Atlantik versenkt worden sein soll. Über 20 Jahre lang forschte Tidwell, um die Position möglichst genau lokalisieren zu können. Schließlich war es soweit. Mitte April 1995 machte sich die Privat-Expedition rund um Tidwell von Barbados aus mit dem gecharterten russischen Eisbrecher R/V Yuzhmorgeologiy samt Tiefsee- ROV NEPTUN von Sound Ocean Systems auf den Weg, das geheimnisumwitterte Wrack zu suchen.
Nicht nur, dass es ausgesprochen seltsam war, ein japanisches U-Boot in diesen Breitengraden anzutreffen, hatte auch die Besatzungsliste Tidwell stutzig gemacht: einige deutsche
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