Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
Mannschaft sollte jedoch ihren Heimathafen nie mehr erreichen.
Als das Atom-U-Boot nicht wie geplant am 27. Mai im Marinehafen eintraf, schrillten bei den Amerikanern alle Alarmglocken. Es durfte doch nicht sein, dass sie schon wieder ein Atom-U-Boot verloren hatten. Zu sehr war noch der Verlust der USS Thresher wenige Jahre zuvor, im Jahr 1963, im Gedächtnis der Navy-Verantwortlichen. Und das in Zeiten des Kalten Krieges – da verliert man nicht eben mal nebenbei ein paar Atom-U-Boote samt Nuklear-Sprengköpfen.
In einem hektischen ersten Versuch, den Verbleib der USS Scorpion zu klären, wurden alle im vermuteten Aufenthaltsgebiet befindlichen Schiffe und U-Boote der US Navy zur Suche abgestellt. Ohne Erfolg. Da ein U-Boot eigentlich nur durch eine Explosion untergehen konnte, wurden zugleich auch die vorhandenen Unterwasserlauscheinrichtungen der US Luftwaffe und der US Marine in die Suche miteinbezogen.
Die von SOSUS , dem Horchsystem der Marine, übermittelten Daten, ließen jedoch keine genaue Ortung zu, wie Dr. John Craven, ein führender Tiefseewissenschaftler der US Marine, zu seinem Bedauern feststellen musste. Wilton Hardy, ein Akustik-Spezialist des Naval Research Laboratory, konnte schließlich mit Hilfe einer Lauscheinrichtung auf Neufundland einen Punkt bestimmen, an dem sich ungefähr zum Zeitpunkt des möglichen Untergangs eine unklare Explosion ereignet hatte. Auf diesen Punkt »Oscar« – keine Geheimoperation ohne einen entsprechend schönen Namen – konzentrierte sich nunmehr die weitere Suchaktion. Da dieser »Punkt« aber immer noch ein riesiges Gebiet umfasste, wurde noch einmal Dr. Craven zu Rate gezogen. Mittels statistischer Wahrscheinlichkeiten errechnete er schließlich einige Standorte, an denen das Schiff am ehesten zu finden sein könnte. Und tatsächlich, er hatte Erfolg.
Am 29. Oktober 1968, fünf Monate nach ihrem Verschwinden, konnte die US NS Mizar, ein zum Tiefseeforschungsboot umgebauter ehemaliger Polartender, die Überreste der US S Scorpion in der Tiefe orten und mit Hilfe eines ferngesteuerten Tieftauchroboters und dessen Unterwasserkameras auch den Zustand der Oberfläche dokumentieren. Auf den ersten Fotos waren zumindest die Schäden am U-Boot deutlich zu sehen. Das Schiff war in zwei Teile zerbrochen, die nunmehr getrennt voneinander auf dem Meeresgrund lagen: Torpedoraum und Steuerzentrale an einer Stelle, Maschinenraum und Reaktorkammer an einer anderen. Doch was war passiert? Wie war es zu dem Unfall gekommen? Waren gar die Russen in den Vorfall involviert?
Das Pentagon war beunruhigt, konnte jedoch mit der Technologie, die an Bord der Mizar zur Verfügung stand, den Schaden nicht genauer einschätzen. Im Januar 1969 informierte man die Öffentlichkeit nur darüber, dass man zwar nicht wisse, warum die US S Scorpion gesunken sei, dass man aber nicht an Fremdverschulden glaube und dass keine Gefahr von dem Atom-U-Boot ausgehe. Wähler wollen ja schließlich auch beruhigt sein.
Navy-intern gab man sich natürlich mit dieser Aussage nicht zufrieden und forschte weiter. Auf der Suche nach einem leistungsfähigeren und besser geeigneten Tauchboot entsann man sich der Trieste II, dem Nachfolger der legendären Trieste, die bereits den tiefsten Punkt der Ozeane erreicht hatte. Mit Hilfe der Trieste II hatte die Navy bereits einige Jahre zuvor die US S Tresher näher unter die Lupe genommen und man kannte daher ihre Möglichkeiten. So kam es, dass 1969 das nächste Forschungsboot zum Wrack der US S Scorpion geschickt und die Trieste II für einige Tauchgänge zu Wasser gelassen wurde.
Im Zuge der Mission wurden unzählige Bilder in der Tiefe aufgenommen. Das größte Augenmerk lag dabei vor allem auf dem Bugbereich, in dem sich die verheerende Explosion abgespielt hatte. Ein Teil dieser Aufnahmen (ausgenommen derjenigen von militärischen Sperrzonen des Wracks) wurde wenig später auch der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Zudem wurden Wasserproben genommen, um zu überprüfen, ob auch wirklich keine Radioaktivität ausgetreten war. Doch über die Ursache des Untergangs konnte man auch nach dieser Expedition keine endgültige Aussage treffen.
Jahre später – inzwischen schreiben wir bereits 1985 – klopfte ein junger Tiefseeforscher auf der Suche nach Förderungsmitteln zum Aufspüren des legendären Ozean-Kreuzers Titanic auch an die Türen der US Navy. Diese sah ihre Chance gekommen, doch noch hinter das Geheimnis des Untergangs der USS Scorpion zu
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