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Tiefsee

Tiefsee

Titel: Tiefsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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bis zum Boden reichenden Spiegel eine übertriebene Mannequinpose an.
    Ihr Körper war in Anbetracht ihrer siebenunddreißig Jahre noch recht gut erhalten. Jogging und vier Stunden Balletttraining pro Woche hinderten die Muskeln am Erschlaffen. Sie kniff ihr Bäuchlein zwischen zwei Fingern und stellte mit Bedauern fest, daß der Wulst mehr als zwei Zentimeter betrug. Die reichliche Kost auf dem Kreuzfahrtschiff würde ihrem Gewicht nicht guttun. Sie stählte daher ihren Willen, der Verlockung von Alkohol und Nachspeisen zu widerstehen. Wenn sie Disziplin bewahrte, würde sich die Zunahme in Grenzen halten, hoffte sie insgeheim.
    Sie zog über einen schwarzen Taftrock mit Spitzen eine lila Damastseidenjacke im Stil der dreißiger Jahre, löste den strengen Haarknoten und ließ ihr Haar lose auf die Schultern fallen.
    Die Wirkung befriedigte sie, und sie bekam Lust, vor dem Dinner am Tisch des Kapitäns einen Spaziergang auf dem Deck zu unternehmen.
    Die Luft war so warm, daß sie keinen Pullover brauchte. Am Hinterende des Sonnendecks fand sie einen freien Deckstuhl, entspannte sich, zog die Knie an und schlang die Arme um die Waden. In der nächsten halben Stunde ließ sie ihre Gedanken wandern, während sie zusah, wie das Spiegelbild des Halb mondes über die dunklen Wellen glitt. Dann wurden die Decklampen vom Bug bis zum Heck plötzlich ausgeschaltet.
    Loren bemerkte den Hubschrauber erst, als er sich fast über dem Heckaufbau des Schiffes befand. Er war knapp oberhalb des Meeresspiegels und ohne Positionslichter geflogen.
    Mehrere Besatzungsmitglieder tauchten aus dem Dunkel auf und legten schnell eine Überdeckung auf das Schwimmbecken am Bootsdeck. Dann gab ein Offizier ein Signal mit einer Taschenlampe, und der Hubschrauber landete leicht auf dem abgedeckten Schwimmbecken.
    Loren stand auf und schaute interessiert über die Reling. Sie war in einer vorteilhaften Position, ein Deck weiter oben und etwa zwölf Meter von dem Becken entfernt. Die Fläche wurde durch den Halbmond schwach beleuchtet, und das ermöglichte ihr, den Großteil der Vorgänge zu beobachten. Sie sah sich nach weiteren Passagieren um, gewahrte aber nur fünf oder sechs, die sich in einiger Entfernung von etwa fünfzehn Metern befanden.
    Drei Männer entstiegen der Maschine. Loren hatte den Eindruck, daß zwei von ihnen ziemlich grob angefaßt wurden.
    Der Schiffsoffizier klemmte die Taschenlampe unter den Arm, um beide Hände frei zu haben, und schob einen der Männer heftig in eine offene Luke. Einen kurzen Augenblick lang verweilte der Lichtstrahl zufällig auf dem einen Gesicht, das von Totenblässe und angstvoll hervortretenden Augen gezeichnet war. Loren erkannte deutlich die Einzelheiten des Gesichts. Ihre Hände umklammerten die Deckreling, und ihr Herz erstarrte zu Eis.
    Dann erhob sich der Hubschrauber in die Nacht und drehte scharf zur Küste ab. Die Abdeckung wurde schnell wieder vom Schwimmbecken entfernt, und die Besatzung verteilte sich.
    Nach wenigen Sekunden wurde auch die Schiffsbeleuchtung wieder eingeschaltet. Alles geschah so schnell, daß Loren sich einen Moment fragte, ob sie tatsächlich Zeugin einer Landung und eines Abflugs gewesen war.
    Aber es gab keinen Irrtum bezüglich der verängstigten Kreatur, die sie auf dem Schwimmdeck unten gesehen hatte. Sie war völlig sicher, daß es der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kongreßmitglied Alan Moran, war.
    Auf der Brücke blickte Kapitän Pokofsky unverwandt auf den Radarschirm. Er war mittelgroß und wohlbeleibt. In einem Mundwinkel hing eine Zigarette. Er richtete sich auf und streifte die Jacke seiner weißen Uniform glatt.
    »Sie haben wenigstens gewartet, bis wir außerhalb der Zwölfmeilenzone waren«, bemerkte er mit kehliger Stimme.
    »Irgendwelche Anzeichen, daß sie verfolgt wurden?« fragte der wachhabende Offizier.
    »Keine Luftkontrolle und kein Schiff, das sich auf dem Wasser näherte«, antwortete Pokofsky. »Operation glatt verlaufen.«
    »Wie alle anderen«, bestätigte der Wachoffizier mit befriedigtem Lächeln.
    Pokofsky erwiderte das Lächeln nicht. »Ich habe nichts dafür übrig, kurzfristige Lieferungen beim Mondschein an Bord zu nehmen.«
    »Diese muß überaus wichtig sein.«
    »Sind Sie das nicht alle?« fragte Pokofsky scharf.
    Der Wachoffizier fand, daß es klüger war, zu schweigen. Er hatte lang genug unter Pokofsky gedient, um zu wissen, wann sich der Kapitän in einer seiner üblen Launen befand.
    Pokofsky widmete sich wieder dem

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