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Tiefseeperle

Tiefseeperle

Titel: Tiefseeperle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabea S. Mainberg
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den Stuhl fallen. Sie fühlte sich so unendlich schlapp. In ihrem Kopf dröhnte es. Maximilian war hinter sie getreten und begann ihre Schultern zu massieren. Das tat gut! Schweigend genoss sie, mit gesenktem Kopf, seine massierenden Hände.
    „Komm lass uns nach oben gehen!“, murmelte sie. „Ich muss mich hinlegen!“, mit diesen Worten erhob sie sich. „Mir ist total übel!“
    „Kann ich nachvollziehen!“ Noch nie hatte er sie so erschöpft gesehen. „Wir machen uns jetzt einen ruhigen Abend“, mit diesen Worten nahm er sie noch einmal in den Arm und spürte, wie sie sich in diese Berührung fallen ließ.
    „Ich bin so froh, dass ich jetzt nicht allein sein“, flüsterte sie.
    Er nickte nur. Victoria löste sich aus seiner Umarmung und gemeinsam verließen sie das Studio.
    Obwohl es ein milder Abend war, fröstelte sie.
    „Ich packe dich jetzt in eine Decke und aufs Sofa“, gab er vor, und als Vic den Anschein machte, ihm zu widersprechen, fügte er hinzu: „Kein Wiederspruch, das wird dir gut tun!“
    Sie seufzte und fügte sich wortlos. Immer wieder war sie geneigt, ihre Schwächen zu verbergen. Doch er hatte recht – es würde ihr helfen sich zu entspannen. Wie selbstverständlich wanderte er in die Küche und bereitete einen Tee zu, um sich danach zu ihr aufs Sofa zu setzen.
    „Ich kenne den Anwalt, der unter anderem in dem Briefkopf der Kanzlei genannt wurde“, unvermittelt platze Vic damit heraus. Sie lag nun mit dem Rücken auf seinem Oberkörper, er hatte sie fest umschlungen. Der symbolische Halt. So konnte er ihre Augen nicht sehen, die sich plötzlich mit Tränen füllten. Registrierte jedoch, wie sie den Teebecher fester umklammerte. Victoria versuchte gegen die aufsteigenden Tränen anzugehen, doch ein Tropfen löste sich und rann ihre Wange hinunter.
    „Ich hatte schon einmal mit diesem Arsch zu tun. Er ist ein widerlicher Kerl und hat ein Problem mit Frauen …“.
    „Was war der Grund?“
    „Es ist schon lange her … 15 Jahre.“ Sie zögerte. Doch nun spürte sie, dass der Zeitpunkt gekommen war, ihm von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Wenn sie ihm schon die Gegenwart nicht vollständig offenbaren konnte, dann zumindest einen wichtigen Teil ihres früheren Lebens.
    Sanft streichelte er ihre Wange. Sie seufzte.
    „Dr. Thomas Schrader hat damals den Mann vor Gericht vertreten, der für den Tod meiner besten Freundin verantwortlich war.“ Wieder machte sie eine Pause.
    „Er hat sie getötet, er hat alle Grenzen überschritten.“ Sie dachte hierbei an die Widmung auf Sinas Grabstein.
    „Sich nicht im Griff gehabt …“, Maximilian spürte, wie sie anfing leicht zu zittern. Sanft berührten seine Lippen ihre Haare.
    „Sina und ich waren beste Freundinnen, irgendwie waren wir wohl auch ein Paar. Ich das totale Landei, und sie die coole Motte aus Neukölln. Ihre Mutter kam aus Nigeria, ihr Vater war irgendein Penner. Sie hat immer gekämpft und wusste, wie man sich in einer Stadt wie Berlin durchboxt. Insbesondere weil sie mit ihrer etwas dunkleren Hautfarbe sowieso immer zu kämpfen hatte. Man sah eben, dass sie nicht ‚deutsch‘ war.“ In diesem Moment sah sie die zierliche Freundin genau vor sich. Sie wirkte so zart, doch das täuschte.
    „Ich habe sie immer bewundert …“, seufzend kamen die Worte hervor. „Ich kam nach Berlin, wollte mich finden, mich ausprobieren. Meine sexuellen Gefühle waren für mich nicht nachvollziehbar, und ich dachte, ich finde mich in einer Stadt wie Berlin. Es hieß, hier geht alles ohne Probleme.“ Sie biss sich auf die Lippen, machte wieder eine Pause.
    „Es war wie ein Rausch, alles ausprobieren zu müssen …“ Plötzlich versank Victoria in ihrer Vergangenheit, und die Worte flossen nur so:
    „Ich habe Sina auf einer dieser vielen Partys getroffen, die zu jener Zeit überall und nirgends stattfanden. Alte Fabrikgebäude, die von einem zum anderen Tag zur Partylocation wurden. Ich habe sie gesehen und war vom ersten Moment verliebt … für ein Landei wie mich auch ein seltsames Gefühl, sich in eine Frau zu verlieben. Ich erinnere mich noch, wie sie mit einer Flasche Bier an einer Säule lehnte und sich im Rhythmus der Musik bewegte. Sie war cool. Dann sprach sie mich an. „Geile Party, nicht wahr?“ Ich nickte und musste sie angestarrt haben wie eine Außerirdische. „Du bist noch nicht so lange in der Stadt?“, ihre Offenheit hat mich völlig vereinnahmt. „Sieht man das? Wie peinlich!“ „Naja, nicht wirklich, ich

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