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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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beiseite. Ein Beamter fasste ihn beim Halsband und wollte ihn zurückziehen.
    »Nein, lassen Sie. Er hat was gefunden«, rief ihm der Förster zu.
    Und tatsächlich, Otto förderte etwas zutage. Mit Dreck, Larven und Maden überzogen, spitzte aus dem braunen Erdreich ein Schädel hervor. Er wies am Hinterkopf ein zirka daumenbreites Loch auf. Der Förster zog Otto zurück, der sich nur schwer beruhigen konnte. Karl steckte ein Schild mit der Nummer dreizehn hinein, wartete, bis der junge Kollege eine Aufnahme gemacht hatte, und begann vorsichtig, mit einer schmalen Kelle den Schädel freizulegen. Er nahm ihn in die Hände und hielt ihn für alle sichtbar nach oben.
    Äußerlich war er vollkommen skelettiert. Der Unterkiefer war zertrümmert, als hätte sich jemand Mühe gemacht, ihn abzutrennen. Aus den Augenhöhlen kullerten Erdbrocken mit Eiablagen der Insekten heraus. Heinlein und die Umstehenden wandten sich ab und hielten sich die Nasen zu. Otto hingegen hechelte wie wild und sog den Gestank schlabbernd über die Zunge ein.
    »Nummer dreizehn«, sagte der Karl. »Die Sache läppert sich.«
    Er legte den Schädel in das Loch zurück und ließ den Beamten mit dem Fotoapparat wieder seine Arbeit machen. Der junge Mann kam ganz nahe an den Schädel heran, stellte die Linse scharf, als ein schmieriger, fetter Wurm durch eine Augenhöhle die Flucht nach außen antrat. Der Fotograf fiel vor Schreck nach hinten um und lief zum nächsten Baum.
    »Verdammt, kotz uns hier bloß nicht alles voll«, rief ihm Manfred nach. Der junge Kollege übergab sich wenige Meter weiter an einem Baum, als er plötzlich aufschrie und die anderen herbeiwinkte. Er sackte zu Boden und schüttelte verzweifelt den Kopf.
    »Wie kann man nur so was machen?«, stammelte er.
    Hinter dem Baum waren zwei dünne Äste über Kreuz in den Boden gerammt. An ihren Spitzen hingen zerfressen die Reste zweier Augäpfel. Am Fuße der Äste hatte sich ein Haarbüschel verfangen. Es war dunkelbraun, und die Strähnen hatten eine Länge von ungefähr dreißig Zentimetern. Davor waren kreisrund kleine Steine, groß wie Murmeln, aufgebaut. Die Innenseiten waren verkohlt, als hätten sie als Feuerstelle Verwendung gefunden. Der Boden darin war frisch bewachsen.
    Heinlein ging in die Hocke und betrachtete sich die verkohlten Reste inmitten der Steine.
    »Gib mir mal einer eine Pinzette«, sagte er und hielt die Hand nach hinten auf, ohne sich umzudrehen.
    Karl drückte sie ihm in die Hand. Heinlein stocherte in dem frisch bewachsenen Boden herum und holte ein Stück Holz hervor. Es war kreisrund, hatte die Dicke einer Zigarette, war zwei Zentimeter lang und zum Teil verkohlt. Er steckte es in eine Tüte, die ihm Karl bereitwillig geöffnet hatte.
    Heinlein stocherte weiter herum und fand einen flach gedrückten, rußigen Metallring. Daneben einen seltsam gebogenen, steifen Aschenrest. Beides streifte er vorsichtig in der Plastiktüte ab. Dann stand er auf und betrachtete die überkreuzten Äste.
    »Schaut nach einem Opfertisch aus«, sagte Heinlein.
    »Wie kommst du da drauf?«, wollte Manfred wissen.
    »Augäpfel aufgespießt, Äste über Kreuz, Haare abgeschnitten, Feuerstelle. Der Junge hatte was zu feiern oder was zu opfern. Vielleicht beides.«
    Er gab den EDlern Anweisung, auch Proben vom umliegenden Boden zu nehmen.
    »Ist nur eine Idee. Vielleicht finden wir was. Ach ja, und gebt dem Fliegenmann Bescheid.«
    Mit Fliegenmann war der Spezialist des Erkennungsdienstes gemeint, der anhand des Besatzes und der Entwicklung von abgelegten Insekteneiern bestimmen konnte, wie lange ein Mensch schon auf dem Waldboden gelegen hatte.
    Heinlein ging zurück zum Wagen. Für heute reichte es ihm.
    »Schorsch, melde dich. Jetzt mach schon«, dröhnte es aus dem Lautsprecher des Funks.
    »Heinlein hier«, schnaufte er in den Hörer.
    »Na endlich. Wo treibst du dich wieder rum?«, fragte Sabine.
    »Erzähl kein’ Scheiß. Was ist los?«
    »Kilian hat sich gemeldet. Er war bei einem Korrassow. Du würdest schon wissen, wer das ist.«
    »Ja, weiß ich. Sonst noch was?«
    »Er hat dir was reingefaxt. Eine Liste mit Namen, die du checken sollst.«
    »Und wieso macht er das nicht selbst?«
    »Weiß ich doch nicht. Er hat mir nur gesagt …«
    »Ja, ja, ist schon okay.«
    »Und noch was. Er ist auf dem Polizeipräsidium in der Ettstraße erreichbar, wenn was ist.«
    »Noch was?«, schrie Heinlein in den Hörer.
    »Jetzt fahr mich nicht so an. Ich kann doch auch nichts

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