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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Eigentums gebrandmarkt würde.
    »Sie haben Recht. Vernichten wäre unklug, nachdem die Techniker es schon gesehen haben. Das Band muss weg. Am besten, Sie geben’s mir«, sagte Oberhammer.
    Kilian erschrak. Das war nicht sein Plan. Was zum Teufel könnte alles passieren, wenn Oberhammer das Band jemand anderem in die Hände drückte?
    »Nein, ich hatte Unrecht. Vernichten ist besser. Dann wäre das Problem ein für alle Mal gelöst.«
    Kilian suchte zu retten, was nicht mehr zu retten war.
    »Her mit dem Band! Bei mir ist es sicher. Darauf können Sie sich verlassen.«
    Kilian zögerte. Das war nicht gut, was Oberhammer forderte. Doch bevor er sich eine neue Ausrede einfallen lassen konnte, beendete ein finales ›Her damit! ‹ die Überlegungen. So gab er es ihm mit einem mulmigen Gefühl. Oberhammer versteckte es unter seiner Uniform und schlich zur Tür hinaus. Draußen traf er Sabine, die ehrfurchtsvoll einen Schritt zurücktrat.
    »Ach, guten Morgen, Frau Anschütz. Wie geht es Ihnen? Gut? Das freut mich. Einen schönen Tag noch.« Oberhammer verschwand den Gang hinunter um die Ecke.
    Sabine war sprachlos, fand dann aber doch zu sich: »Was hast du denn mit dem gemacht?«
    Kilian überlegte, wie er Oberhammers Hilfe bei der Beseitigung des Bandes in einfache Worte kleiden konnte.
    »Ich habe ihn mit seiner Endlichkeit konfrontiert.«
    »Was?«
    *
    Die Arbeiter der Putzkolonnen waren in der Eingangshalle und im Gartensaal tätig. Bis zum Abend galt es, zumindest den groben Dreck, den die Restaurierungsarbeiten der vergangenen zwei Monate hinterlassen hatten, zu beseitigen. Dazwischen wurden Touristen durch die nicht abgesperrten Teile der Räumlichkeiten geführt. Unter dem Deckenfresko, auf den Treppen und im Kaisersaal stauten sich mehrere Gruppen, und die Erklärungen der jeweiligen Führer vermischten sich zu einem einzigen Stimmengewirr.
    Draußen, vor dem Gartensaal, hämmerten, sägten und schraubten die Schreiner die Bühne für das Orchester zusammen. Um sie herum trugen Helfer Stühle und Bohlen auf die Rasenflächen, wo die bestuhlten Plätze entstehen sollten. Der Chef des Ordnungsdienstes scharte rund dreißig ›Securities‹ um sich. Er erklärte ihnen, wo was wie zu finden war. Fluchtwege und Verhaltensregeln im Falle einer Notsituation wurden besprochen.
    An den Treppen hinauf zu den Terrassen trieben Hilfskräfte dünne Eisenstangen ins Erdreich und spannten Absperrband – die wertvollen Grasflächen sollten durch den erwarteten Ansturm von über 8000 Gästen nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
    Aber auch auf der kleinen Bühne unter dem Deckenfresko, das noch immer mit Planen verschalt war, wurde heimlich und unter Hochdruck gearbeitet.
    Der rote Felsen, gegen den eine dunkelhäutige Königin lehnte, zeigte gepunktete Malereien. Sie stellten eine Szene dar, wie Eingeborene aus ihren Höhlen getrieben wurden. Ein Teil der Eingeborenen verlor den Kopf, weil sie nicht ihrer Naturreligion abschworen, ein anderer, kleinerer Teil kniete vor dem Kreuz. Darüber sprach ein Mann mit Mitra und goldenem Stab in der Hand den Segen über sie.
    Die Königin trug um Arme und Fesseln Schlangenbänder. Die am Handgelenk waren besetzt mit glitzernden Edelsteinen, die Sonne, Sterne und ein gleißend helles Licht symbolisierten. Um ihren Hals trug sie eine Kette aus grünen Saphiren. Den nackten Körper verhüllte ein rubinroter Stoff. Im braunen Haar waren abwechselnd weiße und rote Federn eingeflochten. Ihr Gesicht wies hohe Wangenknochen auf, ein Zeichen ihrer edlen Abstammung.
    Im Grünen Zimmer der Kaiserinnengemächer, die auf der Nordseite der Residenz lagen und zum Husarenwäldchen blickten, standen Besucher um das Fenster herum. Sie beobachteten Polizeibeamte, die rings um den Grüngürtel Passanten anwiesen weiterzugehen.
    Hinter einem Gebüsch arbeitete der Erkennungsdienst am Fundort der Frauenleiche. Sie war mit einem Nachthemd bekleidet, darüber trug sie eine selbst gestrickte Weste. Die Füße waren zerschunden und wiesen Schleifspuren an den Fersen auf. Gesicht, Hals und Oberkörper waren blutüberströmt.
    »Was haben wir denn da?«, fragte Karl erstaunt.
    Er hatte den Mund der Leiche geöffnet und fand im Rachen des Opfers ein Stück Fleisch.
    Heinlein lehnte sich hinüber und schaute in den Schlund. Wahrlich, da lag ein Stück Fleisch, so groß wie ein Zweieurostück. Karl fasste es mit einer Pinzette und holte es heraus. An einer Kante war es fein säuberlich mit einem Messer oder

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