Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
einem ähnlich scharfen Gegenstand vom Rest abgetrennt worden.
    »Mein Gott«, sagte Heinlein, der sich angewidert den Handrücken vor seinen Mund hielt. »Das ist ja eine Zunge.«
    »Genau«, erwiderte Karl. Er hielt die Zunge gegen den Stumpf im Rachen des Opfers.
    »Passt«, sagte er trocken und verstaute sie in einem Plastikbeutel. Er legte ihn in seinen Koffer zu den anderen Spuren, die er bisher genommen hatte. Dann öffnete er ihr den Mund erneut und betrachtete sich den Zahnbestand. Neben zwei vergoldeten Haken, die aus den Kiefern links und rechts herausragten, war kein einziger Zahn auszumachen.
    »Also, selbst abgebissen hat sie sich die Zunge auf gar keinen Fall«, sagte Karl und zeigte Heinlein, der sich über die Leiche beugte, den Schlund des Opfers. »Die Dame war Gebissträgerin.«
    Heinlein stand auf und schaute sich um. In einem Umkreis von vierzig Metern war die Fundstelle abgesperrt. Er ging um das Gebüsch herum und suchte nach weiteren Spuren. Da die Leiche Schleifspuren an den Fersen aufwies, musste sie hierher gebracht worden sein. Doch von woher, fragte er sich. Auf dem Weg, der fünf Meter vom Gebüsch entfernt verlief, waren keine Schleifspuren auszumachen. Morgendliche Fußgänger, Radfahrer oder Skater hatten jede brauchbare Spur längst zunichte gemacht. Und zwischen Gebüsch und Weg war am Rasen nichts festzustellen. Er ging nochmal zur Leiche und betrachtete Hände, Beine und Füße. Sie waren arg strapaziert. Die Person musste folglich körperlich schwer gearbeitet haben.
    Während Karl sie völlig entkleidete, um nach weiteren Spuren zu suchen, fiel Heinlein auf, dass sie keine Schuhe trug. Er fragte einen Kollegen vom Erkennungsdienst, ob sie in der Nähe Schuhwerk gefunden hätten.
    »Ein Paar abgewetzte Hausschlappen liegen da hinten rum«, antwortete er.
    »Wo ist das?«
    »Da am Gebüsch zum Rennweger Ring«, sagte der Kollege und wies mit dem Finger auf die Fundstelle.
    »Könnten das ihre sein?«
    »Der Größe nach schon. Für Männer sind sie auf jeden Fall zu klein.«
    Heinlein schickte ihn los, die Schlappen mit den Füßen der Leiche zu vergleichen. Derweil schaute er sich nochmal um.
    Im Rücken hatte er die Residenz, rechts oben den Altstadtring und links den Residenzplatz. Sie konnte eigentlich nur aus Richtung des Rennweger Rings gekommen sein. Alles andere machte keinen Sinn und wäre für den Mörder viel zu auffällig gewesen.
    »Ralf, mach mal ein Polaroid von ihr und geh mit ein paar Kollegen rüber in die umliegenden Straßen. Frag nach, ob jemand die Frau kennt. Mach sie aber ein bisschen sauber zuvor. Ist doch okay, Karl?«
    Karl nickte. Er war mit seiner Arbeit fertig.
    »Wenn du was hast, dann ruf mich gleich an«, rief Heinlein Schneider zu, der sich mit vier Kollegen unter die Schaulustigen mischte.
    »Wann machst du sie auf?«, fragte er Karl.
    »Wie eilig hast du’s denn?«
    Heinlein schnaufte durch und überlegte, wie er Oberhammer eine dritte Leiche schmackhaft machen konnte. Vor dem Mozartfest oder erst danach?
    »Der Oberhammer wird im Dreieck springen. Morgen ist die Eröffnung, und wir sind mit Leichen eingedeckt wie seit Jahren nicht mehr. Entweder dreht er mir den Kragen um, oder ihn zerreißt’s gleich selbst. Das Letztere wär mir lieber.«
    Karl lachte und wies die beiden Helfer an, die Frau aufzuladen.
    »Ich schick dir den Schneider vorbei. Zwei Leichen in einer Woche reichen für mich«, sagte er und verabschiedete sich von Karl.
    Heinlein ging zu seinem Wagen. Als er aufschloss, sah er in den Hofgarten. Die Schreiner hatten die Bühne fast fertig gestellt. Er dachte voller Stolz an seine Tochter Vera. Morgen Abend würde sie dort oben stehen und es allen zeigen. Und er würde in der ersten Reihe sitzen und allen sagen, dass seine Tochter neben all den berühmten Musikern spielte. Seine Tochter. Er stieg in den Wagen und fuhr los. Das würde ein richtig guter Tag werden. Trotz der Leiche.
    *
    Uschi wachte im Vorzimmer. Kein Gespräch, kein Bürgermeister oder Landrat und vor allem kein Anrufer aus München, war es nun dienstlich oder privat, durfte durchgestellt werden. Bei Uschi endeten an diesem Tage alle Wege wie vor einer unüberwindbaren Mauer.
    Dahinter hatte sich Oberhammer verschanzt. Er musste herausfinden, was auf der Ludwigsbrücke vorgefallen war. Immer und immer wieder sah er sich das verwackelte Video an. Mit der Fernbedienung traktierte er den Vor- und Rücklauf am Videorecorder ein ums andere Mal. Bis auf den schmalen

Weitere Kostenlose Bücher