Tierarzt
mir leid. Doch ich wußte nicht, wie ich ihm hätte helfen können. Ich war vor allem erleichtert, daß der Tumor sich zurückbildete, aber gleichzeitig übten die Ereignisse auf der gegenüberliegenden Straßenseite auch eine gewisse schauerliche Faszination auf mich aus.
Percys Spaziergänge waren gefahrvoll. Mr. Partridge wagte sich nur mit dem Stock in der Hand aus dem Haus und führte Percy an einer kurzen Leine, aber seine Vorsichtsmaßnahmen erwiesen sich als unzulänglich, sobald die Meute über seinen Liebling herfiel. Rasend vor Leidenschaft, sprangen die liebestollen Tiere auf den kleinen Hund, während der Maler vergebens nach ihnen schlug und schrie, sie sollten sich fortscheren; manchmal löste die Prozession sich erst auf dem Marktplatz auf.
Um die Mittagszeit legten die meisten Hunde eine Ruhepause ein, und abends gingen alle nach Hause, bis auf einen kleinen braunen Spaniel, der unentwegt auf dem Posten blieb. Ich schätze, er nahm rund zwei Wochen lang kaum einen Bissen zu sich und wäre wahrscheinlich verhungert, wenn Helen ihm nicht hin und wieder eine Schüssel Fleisch hinübergebracht hätte, so leid tat ihr das Tier, das in der kalten Dunkelheit zitternd vor Percys Haus hockte. Ich weiß, daß der Spaniel die ganze Nacht dort sitzen blieb, denn hin und wieder weckte mich gegen Morgen ein lautes Jaulen, aus dem ich schloß, daß Mr. Partridge einen Stein oder sonst irgend etwas nach ihm geworfen hatte. Aber das störte ihn nicht: unverzagt setzte er seine Nachtwache fort.
Ich weiß nicht, was aus Mr. Partridge geworden wäre, wenn die Sache noch lange angedauert hätte; möglicherweise hätte er den Verstand verloren. Aber gottlob stellte sich nach einer Weile heraus, daß auch dieser Alptraum ein Ende nehmen würde. Nach und nach, als Percys Zustand sich besserte, blieben die Hunde weg, und eines Tages verließ selbst der kleine braune Spaniel zögernd seinen Posten und verschwand.
Es war genau an dem Tag, als Percy zum letztenmal auf dem Untersuchungstisch saß. Unendlich erleichtert tastete ich das Skrotum ab.
»Es ist nichts mehr zu spüren, Mr. Partridge. Nicht die geringste Schwellung. Gar nichts.«
Der kleine Mann nickte. »Das ist ein Wunder, nicht wahr? Ich bin Ihnen sehr dankbar für alles, was Sie getan haben. Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht.«
»Ja, das kann ich mir denken. Es war eine schlimme Zeit für Sie. Aber ich bin ebenso froh wie Sie – nichts ist befriedigender für einen Arzt, als wenn ein Experiment gelingt.«
Aber wann immer ich in den folgenden Jahren die beiden an unserem Fenster vorbeigehen sah – Mr. Partridge mit aller Würde, die ihm zu Gebote stand, Percy niedlich und stolz wie immer –, ging mir dieses merkwürdige Intermezzo durch den Kopf.
War die Rückbildung des Tumors auf das Stilboestrol zurückzuführen oder war er von selbst zurückgegangen? Waren die unerklärlichen Vorgänge durch die Behandlung oder durch den körperlichen Zustand oder beides verursacht worden?
Ich habe diese Frage nie mit Sicherheit beantworten können, aber das Resultat stand außer Zweifel: Die bedrohliche Geschwulst kam nie wieder... ebensowenig wie die ganze Hundeschar.
Kapitel 19
Der Blick, der sich mir bot, war typisch für Yorkshire: die glatte Kalksteinmauer, die am Rand des Hügels entlanglief, der schmale, leuchtendgrüne Pfad, der sich durch das dichte Heidekraut zog. Und als ich, das Gesicht dem würzigen Wind ausgesetzt, ein Stück durch das Hochmoor ging, empfand ich es wie immer als ein Wunder, allein hier oben in dieser friedlichen Stille zu sein, mit dem Blick auf das Purpurrot der Blüten und das Grün der Wiesenflächen dazwischen, die sich unendlich weit erstreckten, bis sie das dunstige Blau des Himmels berührten.
Aber ich war nicht ganz allein. Neben mir her lief Sam, und seine Gegenwart machte alles anders. Helen hatte mein Leben in vielerlei Hinsicht bereichert, und eine der ganz großen Kostbarkeiten war Sam. Er war ein Beagle, und sie hatte ihn praktisch vom Tage seiner Geburt an großgezogen. Er war etwa zwei Jahre alt, als ich ihn zum erstenmal sah. Damals ahnte ich nicht, daß er einmal mein treuer Begleiter sein sollte, mein Autohund, ein Freund, der während der einsamen Stunden, die ich durch die Gegend fuhr, stets neben mir saß, bis sein Leben im Alter von vierzehn Jahren zu Ende ging. Er war der erste von einer ganzen Reihe zärtlich geliebter Hunde, deren kameradschaftliches Wesen Licht und Wärme in mein Alltagsleben
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