Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
solche Zweige jeden Tag in einer Biberfalle. Sobald er hineinwatschelte, um sich über die Zweige herzumachen, schloss und öffnete ich die Falle immer wieder, damit Olli auf seine Szene bald bestens vorbereitet war. Am Filmset, einem wunderschön gelegenen Weiher, der für diese Szene den Ammersee darstellte, sollte der Biberjunge an einem frisch gefällten Baum nagen, von dort aus ins Wasser gehen, schwimmen, an einer anderen Stelle wieder herausklettern und dann in die Biberfalle marschieren. Am Baumstamm habe ich kleine Apfelstücke versteckt,
die Olli herauszupfte, was so aussah, als würde er an dem Stamm des Baumes, den er bereits gefällt hatte, nagen. Zu Hause gab ich Olli ausgiebig Gelegenheit zu größeren Schwimmausflügen im Fluss, wo ich ihn trainierte, auf Pfiff wieder aus dem Wasser zu kommen. Damit er ohne Umwege in den Käfig ging, habe ich die Metallstäbe mit Apfelstückchen abgerieben. Für den Zuschauer wirkt es so, als würde der Biber sich vorsichtig zum Inhalt der Falle vorpirschen, die dann beim Betreten mit einem Schlag zufällt und das Tier gefangen nimmt. Für den kleinen Olli kein Problem, er aß genüsslich seine Zweige und wartete gelassen auf das Öffnen der Falle – schließlich war sie bisher ja auch immer wieder aufgegangen. So hatte der Kleine eine ziemlich gute Zeit mit erfrischenden Schwimmphasen, vielen Äpfeln, Karotten und allem voran den heißgeliebten Weidenzweigen. Nach den Aufnahmen fürs Forsthaus nahm Olli an einem Zuchtaustauschprogramm zwischen Deutschland und Frankreich teil. Eine junge französische Biberdame ist jetzt Mutter von deutsch-französischen Biberjungen.
Auf Leben und Tod
Bei allem, was die Schilderungen über die Wildtiere in uns auslösen – für Emotionen ist auf Seiten der Tiere kein Platz. Ihr Verhalten ist auf eines ausgerichtet: das Überleben. Selbst hinter vermeintlichen Emotionen steckt dieses Muster. Oder ist vielleicht Panik eine Emotion bei Tieren? Panik stellt sich uns Betrachtern als völlig überflüssig dar, die betroffenen Tiere scheinen dadurch keinen Nutzen zu haben. Rufen wir uns die Bilder einer Gnuherde vor Augen, die offensichtlich panisch einen Fluss durchquert, in dem Alligatoren mit weit aufgerissenen Mäulern nur darauf warten, sie als Beute in die Tiefe zu ziehen. Dort ertrinken die Gnus jämmerlich und werden für
schlechtere Tage konserviert. Ein regelrechtes Schlachtfest findet statt, und auf den ersten Blick ergibt es für uns keinen Sinn. Die Gnus kommen uns regelrecht dumm vor, wie sie sich beinahe freiwillig den Krokodilen zum Fraß vorwerfen. Wissen wir jedoch, dass die ganze Herde, bestehend aus vielen, vielen Tausend Tieren, nur überleben kann, wenn sie auf dem Weidegrund des anderen Flussufers ankommt, erkennen wir, was die Natur hier im Sinn hat: Die Herde, die Spezies, sie muss überleben, die Einzelschicksale sind im Vergleich zur Zahl der Überlebenden ein minimaler Verlust. Die Tiere versuchen also, mit aller Macht, scheinbar blind für die Gefahr und so schnell sie ihre Beine tragen, den Fluss zu durchqueren – ein instinktives Muster, das aufs Gesamte hin gesehen funktioniert.
Oder: Eine Ente, die mit ihren frisch geschlüpften Jungtieren Richtung Wasser marschiert, wird von einem Fuchs gestellt. Auch sie reagiert offensichtlich panisch: Flügelschlagend, wild schnatternd rennt die scheinbar hysterische Ente davon, ohne allerdings aufzufliegen. Doch sie ist nicht hysterisch und auch nicht flügellahm. Gezielt bringt sie den Fuchs auf eine falsche Fährte, indem sie sich als leichte Beute ausgibt und ihn von den Jungtieren ablenkt. Ist ihre Panik eine Emotion?
Fischschwärme, die bei einem Angriff von Seehunden oder Haien panisch durcheinanderschwimmen, erreichen durch dieses Verhalten die Verwirrung des Angreifers, seine Erfolgsquote sinkt, es gibt weniger Verluste im Sinne der Spezies der kleineren Fische.
Im Sinne der Evolution haben natürlich auch wir Menschen Panik oder Angst. Dann heißt es bekanntermaßen Flucht oder Angriff. Auch wir haben schließlich Instinkte, die uns helfen, unser Leben zu bewahren. Was uns heute als Angst befällt, ist aber oftmals etwas anderes: Wir denken an alle möglichen privaten oder gesellschaftlichen oder gar globalen Probleme und schüren damit in uns eine allgemeine und vor allem dauerhafte
Angst. Mit der aber kann unser Körper nicht recht umgehen. Soll er kämpfen? Das wird meist nicht viel bringen. Soll er fliehen? Doch wohin?
Diese Form der Angst kennen
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