Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
vernehmlich attackierten sie die junge Krähe. Abraxas wusste gar nicht, wie ihm geschah, und floh fürs Erste direkt zu mir. Das Filmteam stöhnte und viele Augenpaare richteten sich auf die Uhren. Die Mannschaften waren
sicher schon auf dem Weg ins Stadion, und ich rannte zu meinem Van, um das Krähendouble aus Pappmaché und Federn zu holen, das ich an einem Nylonfaden auf der anderen Seite des Hofes aufhängte. Das ansässige Krähenpaar war gründlich, schon nach ein paar Minuten fielen sie über das Double her, dass die Federn nur so flogen. Wir nutzten die Zeit, um auf der gegenüberliegenden Seite den Auftritt von Abraxas zu drehen, der durch mein schnelles Reagieren das Erlebte abhaken und unbelastet fortsetzen konnte, was er begonnen hatte. Es galt, ohne emotionale Verwirrungen dem Tier eine Sicherheit zur Verfügung zu stellen und lösungsorientiert zu handeln. Deutschland gewann 4:1 und alle haben es gesehen!
Abraxas war ein ganz junges Krähenkind, als er zu mir gebracht wurde, offensichtlich war er durch einen Sturm samt Nest vom Baum gefegt worden. Ein Tischlein-deck-dich mit abwechslungsreichen Leckerbissen wie Schnecken, Mehlwürmern, Tatar, Hühnerherz, gekochtem Reis, ungewürztem Omelett, Obst, immer wieder etwas Katzenfutter aus der Dose und einem guten Vitamin-Mineralstoff-Präparat erwartete ihn bei mir. Wichtig ist die Vielfalt der Nahrung. Von allem ein bisschen, von nichts zu viel, da bei Krähen eine mangelhafte Ernährung sehr schnell zu Knochenverformungen führen kann und im schlimmsten Fall zur Flugunfähigkeit. Durch die Handaufzucht wurde Abraxas zahm und die Aufgabe des Drehbuches war durchaus zu bewältigen. Dohlen, Krähen oder Raben fixieren sich in der Prägephase ganz auf eine bestimmte Person. Alles Neue ist spannend und wird untersucht, solange die Person, an die sich das Tier gebunden hat, in der Nähe ist. Ein Filmset ist genau die richtige Abwechslung: Glänzende Gegenstände, leuchtende Scheinwerfer und vor allem Publikum – so lieben es Krähenvögel.
Margot Bentheimer
Nach dem Drehbuch-Brand auf dem alten Hof wurde nahe der Osterseen bei Iffeldorf ein wunderschönes Anwesen zum neuen Hof. Hier hat der Drehbuchautor Ponys, Kühe, Gänse, Hühner und ein Schwein in den Stall gestellt. Laut Regieanweisung sollte das Schwein mit dem Namen Margot ausbrechen und von Opa Vinzenz alias Walter Buschhoff eingefangen werden. Mein Schwein, das der vom Aussterben bedrohten Landtierrasse Bentheimer angehört, wog zweihundertfünfzig Kilo und hatte großen Spaß daran, auf dem Weg zurück zum Schweinepferch immer mal wieder links und rechts Umwege anzustreben, so wie es das Drehbuch vorschrieb – Opa Vinzenz, laut schimpfend, hinter sich. Ferkel sind sehr gelehrig und können durchaus folgen wie ein erzogener Hund. In der Gewichtsklasse von Margot haben die Tiere das Erlernte später zwar noch in ihrem Dickschädel, jedoch kommen zunehmend Misstrauen und Altersstarrsinn hinzu. Ein solches Schwein braucht schon gute Argumente, um sich führen zu lassen. Einer der besten Gründe, Margot davon zu überzeugen, sich vom Opa in den Pferch treiben zu lassen, hieß Suhle. Dieses mit Wasser und Matsch gefüllte Dreckloch ist für ein Schwein das, was für uns der Aufenthalt auf einer Schönheitsfarm darstellt. Margot suhlte sich und Walter Buschhoff war stolz, denn das Treiben von Schweinen will gekonnt sein. Es ist eine Sache zwischen Führen und Treiben, die dem Tier so elegant vermittelt werden kann, dass es keinen Grund für »Margot Bentheimer« gibt, den Rückzug anzutreten.
Bei einem anderen besonderen Tier fällt es uns wirklich schwer, ihm Emotionen zuzuschreiben, wenngleich es in uns umso mehr davon hervorruft. Die Rede ist vom Adler, der für das Forsthaus trainiert wurde, namentlich für die »Mülldeponie
Adlerhorst«. Einen Horst nennt man das Nest von Greifvögeln. Solch ein Nest, gefüllt mit Müll, sollte in einer Episode zeigen, wo die Umweltverschmutzung mittlerweile angekommen ist und wie sie die Tierwelt beeinflusst. Die Drehbuchautoren stellten sich einen schwarzen Milan vor, der sich vom zugemüllten Nest erhebt und so lange über diesem kreist, bis der mutige Förster in die Felsen gekraxelt ist und das Nest von zerrissenen Plastiktüten und anderem Unrat befreit hat. Anschließend kehrt der Greifvogel zurück, um sich der wichtigen Aufgabe des Ausbrütens seiner Eier zu widmen.
Ich beriet die Regie, den viel schwieriger trainierbaren Milan durch einen Adler zu
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