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Tiere

Tiere

Titel: Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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ganz in der Nähe. Du bist dort jederzeit willkommen. Und ich könnte mir vorstellen, dass du überrascht wärst, wie locker unsere kleinen Treffen sind. Es sind auch eine ganze Menge junger Leute in deinem Alter dabei. Es wäre eine Möglichkeit, neue Freunde zu finden.»
    «Wir freuen uns immer über neue Gesichter in unserer Runde», schaltete sich der Mann ein, als würden sie mich abwechselnd überreden wollen, und die Frau nickte ganz eifrig. Als sie sich bewegte, ertönte ein Klingeln und Klirren. Ich muss sie komisch angeguckt haben, denn sie lachte und sagte: «Keine Angst, das war nur das hier», und hielt ein Tamburin hoch.
    «Hilda ist eine teuflisch gute Tamburinspielerin», sagte der Mann, und plötzlich begann sie es zu schütteln. Sie war echt gut und schlug es auf ihre Hände und Arme und überallhin. Aber es war ein bisschen peinlich, dort zu stehen, während diese Frau wie wild mit ihrem Tamburin rasselte. Ich war froh, dass niemand in der Nähe war und uns sah. Als sie nach einer Weile aufhörte, war sie ganz rot im Gesicht und lächelte, und der Mann sagte: «Sie ist eine Meisterin der Schlaginstrumente», und sie schüttelte den Kopf, als wollte sie «aber nein» sagen, doch man merkte, dass es ihr gefiel. Aber gut war sie tatsächlich.
    «Spielst du etwas?», fragte der Mann.
    «Früher habe ich
Space Invaders
gespielt», sagte ich, und er lachte, als hätte ich einen Witz gemacht.
    «Na ja,
Space Invaders
kann ich dir nicht versprechen», sagte er. «Aber bei uns ist immer etwas los, und ich bin mir sicher, dass du Spaß haben würdest. Und es wäre mal etwas anderes, als nur dazusitzen und Fernsehen zu gucken, oder?»
    Bis zu diesem Moment hatte ich das Video ganz vergessen, doch mit einem Mal fiel es mir siedend heiß wieder ein, und ich spürte, wie ich rot wurde. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir genau ansehen konnten, was ich gerade geschaut hatte. Ich wollte die Tür schließen, aber sie machten immer noch keine Anstalten zu gehen. Also nickte ich nur und hoffte, dass sie den Mund halten und verschwinden würden, wenn ich zustimmte.
    Die beiden sahen sehr erfreut aus, und die Frau sagte: «Du kannst auch deine Freundin mitbringen, wenn du magst. Wir haben morgen ein Treffen.»
    «Je mehr kommen, desto besser», sagte der Mann, und da ich spürte, dass sie darauf warten, dass ich etwas sage, sagte ich: «Ja.»
    Meine Hand lag schon auf der Türklinke, aber die beiden standen nur da, lächelten mich an und rührten sich nicht vom Fleck. Ich wusste nicht mehr, was ich noch sagen soll, und versuchte einfach zurückzulächeln. Ich spürte, wie mein Gesicht heiß wurde, und wollte am liebsten die Tür zuknallen. Dann sagte der Mann: «Ja. Na schön, dann freuen wir uns darauf, dich bald zu sehen.» Ich nickte und schob die Tür zu. Als sie «Tschüss» sagten, machte ich sie wieder auf und sagte auch tschüss, dann ließ ich sie schnell ins Schloss fallen.
    Ich verriegelte die Tür und ging wieder rein. Dann setzte ich mich an einen Tisch in der Ecke, weit weg von den Fenstern. In meinem Kopf drehte sich alles. Ich hatte das Gefühl, beobachtet zu werden, obwohl ich wusste, dass es nicht sein kann. Ich wollte mich zusammenrollen und verkriechen, aber mir war nicht ganz klar, wovor ich mich eigentlich verstecken will. Ich war ja ganz allein. In dem Raum war es völlig ruhig. Die Sonne war rausgekommen und schien auf einer Seite durch die Fenster, als würden dort zwei große quadratische Scheinwerfer auf den Boden strahlen. In dieser Helligkeit konnte man den ganzen Staub auf den Tischplatten und den Aschenbechern, auf dem Spiegel und den leeren Flaschen hinter der Theke sehen.
    Ich konnte es nicht mehr ertragen. Ich stand auf und wollte nur noch weg, aber ich wusste nicht, wohin. Dann sah ich die Kellertür, ging los und machte sie auf. Drinnen war es dunkel und kühl. Ich schaltete das Licht an, schloss die Tür und ging die Treppe runter. Ich ging zu den aufgestapelten Bierfässern und legte mein Gesicht an ein Fass. Es fühlte sich kalt und hart an. Irgendwie stabil und echt.
    Die Heilsarmee ist so gut, dass man nicht anders kann, als sich selbst für schlecht zu halten, weil man nicht so ist wie sie. Als sie damals kamen, um nach meiner Mama zu schauen, war es genauso. Das war, als es ihr echt schlechtging und als die Ärzte und jeder sagte, sie müsse ins Krankenhaus, sie aber nicht wollte. Ich wusste, dass es ihr nicht besonders gutgeht, weil sie kaum noch das Bett verließ, außer um

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