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Tiere

Tiere

Titel: Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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wenn ich durchgehe oder vor dem Becken stehe. Ich bin so daran gewöhnt, dass ich nicht mehr wahrnehme, wie er eigentlich aussieht. Ich gehe nie in die Nähe der aufgestapelten Stühle und Tische, und es war komisch, jetzt so dazusitzen und den Raum aus diesem Blickwinkel zu sehen.
    Mein Papa hat ihn immer ganz penibel sauber gehalten. Seiner Meinung nach war das eine wesentliche Voraussetzung für ein gutes Pint. Ich habe nie verstanden, warum das etwas ausmachen soll, denn das Bier lagert ja in versiegelten Fässern und so. Aber die Leute sagten, dass man bei meinem Papa eines der besten Pints der Gegend bekommt, er muss also gewusst haben, wovon er sprach.
    Jetzt war der Keller total schmutzig. Überall hingen Spinnweben, die Tische und Stühle waren mit Staub bedeckt. Die Pintgläser waren so schmutzig, dass man kaum noch hindurchsehen konnte. Ich nahm eins, es war ganz klebrig. Nach all der Zeit roch es immer noch nach Bier. Das fand ich ein bisschen beunruhigend.
    Ich stellte es wieder weg und stand auf. Als ich den Stuhl zurückstellen wollte, sah ich etwas auf dem Boden. Ich hob es auf und dachte zuerst, es wäre eine Tortendekoration, eine von diesen roten Krausen, mit denen Weihnachtstorten dekoriert werden. Aber die werden aus Papier gemacht, und dieses Ding war aus einer Art elastischem Stoff. Es war auch nicht besonders groß. Ich fragte mich, ob es dafür gedacht war, dass man es über die Torte spannt, und zog daran. Erst in diesem Moment wurde mir klar, was es war.
    Ich ließ es auf den Boden fallen und wischte mir die Hand an der Hose ab. Ich überlegte, ob ich es nach oben mitnehmen und wegwerfen soll, aber ich wollte es nicht noch einmal anfassen. Außerdem war es egal, es hatte schon seit Jahren dort gelegen.
    Mittlerweile hatte ich auch genug vom Keller. Ich stellte den Stuhl wieder zu den anderen, und als ich mich gerade umdrehte, um zurück zur Treppe zu gehen, hörte ich das Singen.

Kapitel 17
    M ir stellten sich die Nackenhaare auf. Ich versuchte mir zu sagen, dass ich mir das Gesinge nur einbilde, aber ich wusste, dass es echt ist. Und als mir dann klarwurde, woher es kam, war ich so erleichtert, dass meine Knie ganz weich wurden und ich mich wieder hinsetzen musste. Nach ein paar Augenblicken ging ich zum Gang, und sobald ich die Tür aufmachte, konnte ich hören, welches Lied es ist.
    «I should be so lucky, lucky lucky lucky   …»
Jedes Wort konnte ich nicht verstehen, aber ich kannte das Stück gut genug. Ich ging durch den Gang und lauschte an der Tür am anderen Ende. Es klang, als hätten sie drinnen eine Party oder so. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder sauer sein soll, und dann, mitten im Lied, hörte ich eine Stimme sagen: «Na los, Wayne, fang an zu singen, du jämmerlicher Kerl.»
    Ich erkannte die Stimme sofort. Es war das großmäulige Rothaarige. Was das Dicke erwiderte, konnte ich nicht hören, aber das Rothaarige meinte nur: «Genau, dann bleib sitzen und schmolle, das kümmert uns nicht», und begann wieder richtig laut zu singen. Es hatte eine schöne Stimme. Viel besser als die von den anderen.
    Sie kamen zum Ende des Liedes, und dann hörte ichdas Dicke sagen: «Und was soll das bringen? Es hört euch sowieso keiner.»
    «Vielleicht nicht, aber wir können es wenigstens versuchen», meinte das Rothaarige.
    «Wozu?», sagte das Dicke. «Es bringt nichts.» Dann schaltete sich das Schwarze ein.
    «Er hat recht», sagte es. «Man wird uns niemals hören.»
    Daraufhin klang das Rothaarige wütend. «Und was wollen wir sonst tun? Einfach aufgeben?», wollte es wissen. «Wie lange bist du schon hier unten, Tick-Tick?»
    Zu hören, wie sie sich mit ihren Namen anreden, war komisch. Mir war klar, dass das Rothaarige das Schwarze gemeint haben muss, denn das machte die ganze Zeit so ein schnalzendes Geräusch mit der Zunge. «Keine Ahnung», sagte es. «Schon lange. Zu lange, verdammte Scheiße.»
    «Und du willst einfach sitzen bleiben und hier unten sterben?», meinte das Rothaarige verärgert. «Ich jedenfalls nicht. Selbst wenn das bedeutet, dass ich singe, bis meine Scheißkehle blutet. Und wenn ihr nur noch ein bisschen Verstand habt, dann werdet ihr das Gleiche tun, okay?»
    Dann meinte eine andere Stimme: «Ich werde singen.» Ich erkannte sie nicht, aber dann wurde mir klar, dass es das alte Weib sein muss. Ich war total überrascht, denn ich hatte es noch nie sprechen gehört. Jedenfalls nicht richtig. Es hat immer nur vor sich hin gebrummt oder ab und zu

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