Tierische und andere Offerten
am Kopf. »... hach, ich weiß seinen Nachnamen nicht mehr. Egal, also wenn Herbert ein Erfinder war, hat sich Rufus vielleicht eine ganze Menge von ihm abgeguckt.«
»Herbert?«, fragte Max und sah Marius stirnrunzelnd an.
»Ja, so hieß der Onkel der Arbeitskollegin und er war der Vorbesitzer von Rufus.«
»Das ist der Name, den Rufus immer rief, als er zu uns kam. Erst dachte ich, es wäre sein Name, aber als er wütend wurde, nachdem ich ihn so nannte, glaubte ich das nicht mehr.« Max starrte nun gedankenverloren auf den Tisch und erinnerte sich an die ersten Tage mit Rufus.
Am Abend erzählte Max seine Neuigkeiten erst Tamara und danach Rufus, der immer wieder den Kopf auf und ab wiegte, als wolle er Max seine Ausführungen für Gutheißen.
»Jaaaaa, jaa, jaa!«, krächzte er andauernd.
Seine Eltern hatten sich in der Zwischenzeit umgehört und einen Züchter gefunden, der sich für den riesigen blauen Vogel interessierte. Sie versuchten Max zu erklären, dass es Rufus dort viel besser gehen würde. Max war einfach nur entsetzt. Nach der Schule nahm er Rufus mit in den Freizeittreff und bat Marius um Hilfe. Den Tränen nahe, berichtete er vom Vorhaben seiner Eltern. Rufus hingegen beschäftigte sich derweil mit dem Spielzeug und beäugte die anderen Kinder. Diese freuten sich sehr, ihren tierischen Freund mal wieder bei sich zu haben. Marius versuchte Max zu beruhigen und meinte, er habe bereits eine Idee. Am Abend nach dem Essen klingelte es an der Wohnungstür. Marius war gekommen, um mit seinen Eltern zu sprechen. Max durfte bei diesem Gespräch nicht mit dabei sein. Unruhig lief er in seinem Zimmer hin und her. Auch Rufus war aufgeregt, keine Position auf seinem T-Ast oder dem Fensterbrett gefiel ihm wirklich lange genug. Als Marius zur Tür gebracht wurde, zwinkerte er Max kurz zu, verabschiedete sich und ging. Vater Bruno rief Max ins Wohnzimmer.
»Max, es tut uns Leid, aber wir haben uns entschieden«, sagte der Vater langsam, nachdem sich Max auf die Couch gesetzt hatte. Max bekam große Augen und traute sich kaum noch zu atmen.
»Rufus wird uns verlassen.«
Jetzt war es raus, Max stiegen die Tränen in die Augen, jetzt müsste Rufus doch zu diesem Züchter und er würde seinen Freund nie wieder sehen.
»Herr Scott wird Rufus morgen abholen.«
Ein tiefer Atemzug durchströmte Max Körper, die Tränen rannen ihm übers Gesicht, aber nicht aus Traurigkeit.
Er freute sich.
Marius hatte tatsächlich eine Idee gehabt und sie hatte funktioniert. Marius kam nach der Schule und holte Rufus und alle seine Sachen. Als sie in den Freizeittreff kamen, waren viele Kinder schon da, sie standen hinter einem großen Tisch und klatschten. Der Tisch war festlich gedeckt und voller Nüsse und klein geschnittener Obststücken. Überall hingen Papierpapageien und über der Tür eine Girlande, mit der Aufschrift: »Willkommen«.
»Das ist dein neues Zuhause, Rufus«, sagte Marius und setzte den Vogel, den er bis dahin getragen hatte, auf dem Boden ab.
»Zuu-haause«, sagte Rufus und sprang auf den Tisch. Die Kinder freuten sich und Max streichelte liebevoll seinen allerbesten Freund.
Jaqueline Hannusch
Der Winter kommt
Der Herbst ist vorbei
und Väterchen Frost
riskiert schon mal ein Auge.
Ein eisiger Sturmwind tost,
ein boshafter Rabauke.
Eichhörnchen suchen sich vom Strauch
die letzten Nüsse, eilig.
Der Igel und auch die Igelin
finden einen Platz im Reisig.
Das Futterhäuschen auf dem Pfahl
erwartet bald schon Gäste.
Jetzt finden Meisen allemal
noch letzte Samenreste.
Keck hüpfen Spatzen durchs Geäst,
der nun schon kahlen Bäume.
An Frühling glauben alle fest
und haben ihre Träume.
Bald wird es still in der Natur.
Leicht überzieht allmählich
der Schnee den Weg,
das Feld und die Flur.
Und nur der Nordwind bläst vernehmlich.
Ingrid Marschner
Der Dieb kam in den Morgenstunden
Nichts war mehr so wie vorher. Anneliese Rudnik empfand das so. Dabei meinte sie nicht den Frühling, der sich nun endlich in voller Pracht durchgesetzt hatte. Saftige, sattgrüne, mit unzähligen gelbblühenden Butterblumen übersäte Wiesen umgaben den Reiterhof, der fünfzigjährigen fülligen und resoluten Frau. – Ihr ganzer Stolz, eine Herde prächtiger Pferde, die sich laut wiehernd auf dem Grasland tummelten.
Das Geschäft brummte auf dem Hof am Rande der großen Stadt Berlin. Und doch war jetzt alles anders. Die Ursache trug den Namen Franziska, die Nichte
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