Tierische und andere Offerten
klar, dass er alles wusste und sich nur verstellt hatte. Beschämt und mit roten Ohren bat sie ihn, ja nichts Franzi zu sagen. – Franzi hatte sie gesagt. Da wusste Jochen, in seiner Frau begann sich was umzukrempeln. Er küsste sie und versprach, das Geheimnis zu bewahren.
Es wurde ein schwerer Tag für Anneliese. Die Blamage und dann die Müdigkeit. Ganz leise kam die Einsicht, etwas in ihrem Leben ändern zu müssen. Und darunter fiel, dem kleinen Wörtchen Toleranz auch seine Bedeutung zukommen zu lassen.
Frank Gründig
Die Computermaus
Es war einmal ein kleines graues Mäuschen, das durfte jeden Tag über den großen weißen Bildschirm eines modernen Computers flitzen. Dabei wurde es geführt von zarten kleinen Händchen, die einer reizenden jungen Frau gehörten, die vor dem Computer saß. Sie hieß Isolde und war mit ihrem Leben eigentlich recht zufrieden, nur das Mäuschen am Computer ärgerte sie manchmal. Es machte einfach nicht das, was Isolde von ihr verlangte. Besonders, wenn der Chef hinter ihr stand, dann klappte es überhaupt nicht mit den beiden. Also, mit dem Chef schon, aber eben nicht mit dem Mäuschen.
Verlangte der Chef von Isolde, das Protokoll der letzten Sitzung aufzurufen, erschien auf dem Bildschirm prompt die Rede zum Ausscheiden des Oberbuchhalters Schmidt. Und das sah der Chef gar nicht gern, zumal die Feier damals sehr unrühmlich für ihn endete. Schmidt hatte sich sehr ins Zeug gelegt und nach dem offiziellen Teil jede Menge Alkohol aufgefahren. Und ausnahmsweise hatte Herr Schneider, also der Chef, diesem sehr zugesprochen. Der Grund dafür war wohl die Freude darüber, dass er den Oberbuchhalter Schmidt nun endlich los war. Andererseits machte ihm die Tatsache zu schaffen, dass er nun Frau Schicketanz als Oberbuchhalterin vor der Nase hatte. Und ob er nun mit der besser auskam, war mehr als fraglich – zumal sie eine Frau war und obendrein noch Schicketanz hieß. Da war Ärger buchstäblich vorprogrammiert.
Seine Zweifel hatte er im Alkohol ertränkt und die Folgen waren zumindest am nächsten Tag sehr unangenehm. Er wollte einfach nicht mehr daran erinnert werden, also weg mit der Abschiedsrede!
Aber zurück zum Computer und unserem Mäuschen. Das war inzwischen ein bisschen feucht geworden, denn Fräulein Isolde lief vor Aufregung nicht nur der Schweiß von der Stirn, sondern auch ihre Händchen waren nass geschwitzt. Sie bewegte die Maus auf und ab, hin und her, aber das Sitzungsprotokoll wollte einfach nicht auftauchen.
Sollte sie es versehentlich gelöscht haben? Das wäre ja furchtbar. Nun konnte sie auch nicht Herrn Baumann fragen, den Computerspezialisten, denn ihr Chef stand immer noch hinter ihr. Und die Blöße, den Computer nicht zu beherrschen, wollte sie sich auf keinen Fall geben. Also Ruhe bewahren und alles noch mal von vorn. – Datei anklicken, Datei öffnen ... wieder kein Erfolg. Das Sitzungsprotokoll war und blieb verschwunden.
Dafür kam ein Protokoll zum Vorschein, das anlässlich einer Aussprache zwischen Herrn Wenzel und Frau Bodenstein gefertigt worden war. Frau Bodenstein hatte sich darüber beschwert, dass Herr Wenzel immer zuerst ans Telefon ging, wenn es einmal klingelte. Sie sah durch diese Vorgehensweise ihre Autorität und Kompetenz verletzt. Herr Wenzel hingegen argumentierte, dass Frau Bodenstein, wenn sie am Telefon war, viel zu lange und ausführlich mit den Kunden sprach, was solche Auswüchse annahm, dass sie den Anrufern ihren Lebenslauf und den ihres Hundes präsentierte, und das hätte ja nun mit dienstlichen Belangen wahrlich nichts zu tun. Frau Bodenstein beschuldigte nun ihrerseits Herrn Wenzel, dass er sich einmal mit einer Kundin privat zum Essen verabredet hätte, obwohl er verheiratet ist und drei Kinder hat. Eine Klärung der gegenseitigen Anschuldigungen konnte nicht erzielt werden, beide wurden in andere Büros versetzt. Zwar waren die beiden Parteien nicht versöhnt, aber der Vorgang erledigt. Schnee von gestern. Das Sitzungsprotokoll war gefragt. – Also weitersuchen.
Isolde flehte innerlich die kleine Maus an, sie diesmal nicht im Stich zu lassen. Aber es ging gar nichts. Sie musste also doch Herrn Baumann um Hilfe bitten, obwohl ihr das sehr gegen den Strich ging. Herr Baumann war nämlich, wie fast alle Computerspezialisten, von seiner Unentbehrlichkeit überzeugt und benahm sich den anderen Mitarbeitern gegenüber unnahbar, man könnte auch herablassend und überheblich sagen. Das wollte sich
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