Tiffamy Duo Band 29
keine Unfälle mehr gegeben hat", murmelte er mit falscher Anteilnahme. „Leider weiß ich auch nicht mehr als das, was man mir gerüchteweise zuträgt."
„Wirklich? Justine ist da anderer Meinung. Sie denkt, dass du dich in letzter Zeit so bedeckt hältst, weil du irgend etwas im Schilde führst. Tust du das wirklich?" fragte sie ihn direkt.
Seine dunklen Augen schienen sie durchbohren zu wollen. „Was denkst du?" fragte er sanft, so sanft, dass es sich fast gefährlich anhörte.
„Ich weiß es nicht. Darum bin ich ja gekommen. Ich möchte mir selbst eine Meinung bilden." Kendra zog ihm eine Zigarette aus der Brusttasche, zündete sie mit abgewandtem Gesicht an und nahm einen Zug. Seit Monaten hatte sie nicht mehr geraucht, deswegen brannte ihr der Tabak jetzt scharf in der Lunge. Vielleicht half es ihr, kühl und ruhig zu bleiben.
„Es gibt viereinhalb Morgen ungenutztes Land in den Bergen, die genau zwischen unseren Besitzen liegen, und deshalb führen wir einen Krieg", meinte Kendra hustend. „Niemand von uns besitzt genügend, dass sich der Goldabbau lohnt. Es könnte doch sein, dass dieses Land das Motiv für die Unglücksfälle auf,Westwind' ist?"
Raymond war eine Spur dunkler im Gesicht geworden. Er lehnte sich mit gekreuzten Armen gegen die Brüstung. Ja, sie ist sehr mutig, dachte er. Geradezu unverschämt mutig. Er hätte sie für diese Haltung gern geküsst. Nicht viele Frauen würden es wagen, ihn so bewusst herauszufordern. „Du redest nicht erst lange um den heißen Brei herum, nicht wahr?" fragte er sie.
„Nur sehr selten", bekannte Kendra. Sag doch etwas, bat sie stumm. Sag mir, dass du unschuldig bist. Ich werde dir glauben.
Raymond jedoch warf ihr einen Blick zu, der drohend und nachdenklich zugleich war. „Aus dir ist eine richtige kleine Hexe geworden", meinte er trocken.
Kendra blieb vor Überraschung die Sprache weg. Jetzt wollte sie Raymond erst recht herausfordern. „Das macht es mir leichter, den Kampf mit dir aufzunehmen", erklärte sie. Als sie zu ihm aufblickte, sah sie, dass sich sein Gesichtsausdruck verändert hatte.
Er sieht. . . hungrig aus, dachte sie triumphierend. Bin ich wirklich begehrenswert für ihn? Ganz bestimmt, überlegte sie. Sie würde diesen Blick sofort und überall erkennen. In allen Männeraugen. Ein kalter Schauer jagte ihr den Rücken hinunter. Der Panzer, mit dem sie sich umgeben hatte, bekam einen Riss. In panischer Angst blickte sie zur Seite. Sie wollte nicht, dass er sie begehrte. Nicht jetzt. Es war zu spät. Die Erfahrung, dass Küsse für einen Mann überhaupt keine Bedeutung hatten, war bitter genug gewesen. Sie würde keinem Mann mehr trauen — ihm erst recht nicht. Trotzdem wusste sie, dass sie in seinen Armen alles vergessen konnte. Und plötzlich kam ihr der Verdacht, dass er der einzige Mann war, der sie immer noch verletzen konnte. Der Gedanke erfüllte sie mit Angst.
„Was schlägst du also vor, um die Fehde zwischen Justine und mir zu beenden?" fragte Raymond sie scharf. „Sicher ist es zuviel verlangt, dich zu bitten, nach Hause zu gehen und deiner Schwester zu erzählen, dass ich nicht an ihrem Land interessiert bin", fuhr er fort.
„Ich ..." Sie musste sich zusammennehmen. Der hungrige Blick in seinen Augen war verschwunden, jetzt konnte sie ihm wieder die Stirn bieten. „Nein, nicht unbedingt. Ich würde auf der Stelle nach Hause eilen, wenn du wirklich ernst meinst, was du eben gesagt hast."
Raymond war zu verblüfft, um ihr gleich zu antworten. Nachdenklich sah er sie an.
„So einfach ist das?"
„Mehr oder weniger."
„Warum hast du dir eigentlich nie Mühe gegeben, erwachsen zu werden?" Kendra blickte ihn erstaunt an. „Wie bitte?"
„Entweder bist du so vertrauensselig und unschuldig wie vor zehn Jahren, oder du machst mir etwas vor. Hör zu, Kendra. Die Welt ist schlecht. Die Menschen lügen und betrügen. Das hast du doch sicherlich bereits herausgefunden."
Kendra spürte, wie sie rot wurde. Trotzig hob sie das Kinn. „Wenn ich herausfinde, dass sie mich anlügen, dann glaube ich ihnen nichts mehr. Aber bis sie es tun . . ." Sie schwieg.
Etwas wie Rührung kam in Raymond hoch. Dennoch blieb er skeptisch. „Willst du mir weismachen, dass du mir Glauben schenkst, wenn ich ein paar Zeugen beibringe, die beschwören können, dass ich in den fraglichen Nächten mit ihnen zusammen war?"
Kendra nagte an der Unterlippe. „Nun ..." Sie sah ihn offen an. „Ich nehme an, dass man Zeugen sehr leicht kaufen
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