Tiffamy Duo Band 29
nicht annehmen."
„O doch! Außerdem bleibe ich aus freien Stücken hier. Der Fall ist abgeschlossen." Justine lächelte gequält: „Ich wünschte, es wäre so. Wir haben zwar seit einiger Zeit Ruhe — genauer gesagt, seit April, so dass ich fürchte, Raymond plant etwas ganz Schlimmes."
Kendra verlor die Beherrschung: „Hör auf, Jessie, wir wissen doch noch nicht einmal, dass er es ist!"
Justine sah sie bestürzt an, ließ sich aber nicht einschüchtern: „Wenn er es nicht ist, wer ist es dann? Wer sonst könnte ein Motiv und die Mittel haben?"
Kendra seufzte, stand auf und schüttete den Kaffee, der inzwischen kalt geworden war, ins Spülbecken. Dann räumte sie die Tassen in den Geschirrspüler. „Ich weiß nicht", meinte sie, „aber ich habe die Absicht, es herauszufinden." Sie drückte Justine leicht an sich. „Ich werde mich jetzt in die Drachenhöhle wagen. Halt die Stellung."
Justine schwieg. Erst als Kendra die Küche durch die Hintertür verlassen hatte, rief sie hinter ihr her: „Sei vorsichtig, Drachen können Feuer speien!"
„Vielleicht", erwiderte Kendra. Sie lief die Treppe mit gespielter Zuversicht hinunter. Auf dem Weg zur Garage fiel ihr ein, dass sie den Wagen ja vor einigen Tagen zur Reparatur gebracht hatte. Dann würde sie eben hinüberreiten, sie hatte es Stony ja auch versprochen. Sie ging hinüber zum Stall, öffnete leise die Tür und trat ein. Tief sog sie den Stallgeruch ein, den sie niemals ganz vergessen hatte. Ohne zu zögern ging sie zu „Windy Dawns" Box. „Windy Dawn" war das Pferd, das Stony vor einigen Tagen erwähnt hatte. Es war jetzt dreizehn Jahre und zeigte erste Anzeichen von Alter. Doch als Kendra mit den Fingern schnalzte, hob „Windy" sofort seinen Kopf und sah sie aus großen intelligenten Augen an. Kendra lächelte vergnügt und streckte eine Hand nach dem Tier aus.
„Was machen Sie denn hier? Sofort nehmen Sie Ihre Hände weg!" erklang plötzlich eine scharfe weibliche Stimme hinter ihr. Kendra drehte sich um und sah sich einem Mädchen mit stahlblauen Augen gegenüber.
„Ich möchte mit dem Pferd ein bisschen ausreifen", sagte Kendra leichthin. „Ich bin Kendra Waite. Ich glaube nicht, dass wir uns kennen." Es war eine offene Einladung an das Mädchen, sich ebenfalls vorzustellen, aber es blickte Kendra weiterhin misstrauisch an. Es mochte Anfang Zwanzig sein, hatte langes blondes Haar und war nicht sehr groß. Die Augen waren das einzig Ausdrucksvolle an dieser kleinen Gestalt. Kendra hatte das Gefühl, als ob das Mädchen etwas zu verbergen suchte.
„Gut", sagte es zögernd und blickte hinüber zu „Windy Dawn". „Mrs. Blake hat mir gesagt, dass Sie kommen würden. Ich dachte nur ... es hat in der letzten Zeit ein paar Aufregungen hier gegeben. Ich ..."
„Ich weiß. Es ist schon in Ordnung", beeilte sich Kendra zu sagen. Sie machte die Stalltür auf, um „Windy Dawn" hinauszulassen. „Vorsicht ist besser als Nachsicht, nicht wahr?" meinte sie. Doch das fremde Mädchen gab keine Antwort. Komisch, dachte Kendra, als sie das Pferd sattelte, es kann anscheinend niemandem gerade in die Augen blicken. Sie nahm sich vor, Justine später nach dem Mädchen zu fragen.
★
Raymond hörte den Donner klappernder Hufe und wusste sofort, dass Kendra es war, die gleich durch das steinige Bachbett kommen würde. Er schlug den letzten Nagel in den Zaun, den er gerade reparierte, dann ließ er den Hammer zu Boden fallen. Er richtete sich auf, zog ein rotkariertes Tuch aus der Tasche und wischte sich damit über die Stirn, während er mit zusammengekniffenen Augen nach Norden blickte. Stony hatte ihm erzählt, dass sie kommen würde. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie es auf diese Art und Weise tun würde. Was beabsichtigte sie damit?
Das Pferd hatte rötlichbraunes Fell, die Farbe von Kupfer — genau wie ihr Haar, das im Wind flatterte, während sie auf ihn zugeritten kam. Wie früher, dachte er. Bruchstückhaft kehrte die Erinnerung zurück. Sie sah so vertraut und trotzdem so anders aus.
Sie wird Schwierigkeiten machen, überlegte er, während er beobachtete, wie sie näher kam, das Pferd zum Stehen brachte, abstieg und es dann am Zaun festband. Der Ritt hatte sie atemlos gemacht, ihr Busen hob und senkte sich, während sie nach Luft rang. Sie streichelte das Tier, flüsterte ihm etwas ins Ohr und lachte dann.
O ja, sie würde ihm Schwierigkeiten machen, darüber war er sich im klaren. Eine heiße Welle des Verlangens durchströmte
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