Tiffany Duo 134
Davids Entführer nie gefasst wurden, aber was hat das mit mir zu tun?"
Emorys Augen füllten sich mit Schmerz. „Die Polizei war sich damals fast sicher, dass irgendjemand in meiner Familie bei Davids Entführung und Ermordung die Finger im Spiel hatte, aber man konnte nichts beweisen. Deshalb habe ich Angst, dass die Person, die David auf dem Gewissen hat, versuchen könnte, dir ebenfalls etwas anzutun."
„Und warum sollte meine Heirat mit Hawk irgendetwas daran ändern?"
„Es hat mit meinem Testament zu tun. Ich beabsichtige festzulegen, dass mein gesamter Besitz an ihn fällt, falls dir etwas zustoßen sollte. Auf diese Weise würde niemand von deinem Tod profitieren. Meine Familie kennt Hawks Geschichte und jeder weiß, wie ergeben er mir ist. Zudem glaube ich nicht, dass sich an Hawk so schnell jemand herantrauen würde. Immerhin arbeitet er für die Polizei."
„Und wenn man es dennoch versucht?" wandte sie ein.
"Es würde niemandem etwas nützen. Falls euch beiden etwas zustößt, fällt mein gesamter Besitz an die Wohlfahrt. Davon abgesehen vertraue ich fest darauf, dass Hawk gut auf sich - und auf dich - aufpasst."
Da Hawk eine Ausbildung bei der Polizei absolviert und sechs Jahre als Streifenpolizist gearbeitet hatte, war das Vertrauen, das Emory in ihn setzte, mit Sicherheit gerechtfertigt. Gewiss konnte er, wenn es sein musste, auf sie beide aufpassen. Trotzdem kam das alles schrecklich plötzlich. Sie musste die Wahrheit, die sie eben erfahren hatte, erst verdauen.
"Ich muss darüber nachdenken."
„Ich weiß, dass ich dir damit eine Menge aufbürde, Renee", sagte Emory. „Aber meine Krankheit lässt mir keine andere Wahl. Auch wenn die Operation zufriedenstellend verlaufen ist, weiß ich nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt."
Renee stand auf und legte die Geburtsurkunde aufs Bett. „Tut mir Leid, aber ich kann mich jetzt noch nicht entscheiden." Sie griff nach ihrer Tasche und wandte sich zum Gehen.
„Renee", rief Emory ihr nach.
Sie blieb an der Tür stehen und schaute über die Schulter.
„Ich hatte nicht vor, es dir jetzt zu erzählen."
„Wann wolltest du es mir denn dann erzählen, Emory?" In ihrer Stimme schwangen Verletztheit und Bitterkeit mit. Und dass Hawk Zeuge von alldem wurde, machte es nur noch schlimmer.
"Wenn es nach mir gegangen wäre, nie. Aber meine Zeit wird knapp. Eigentlich hatte ich gehofft, dich noch zur Präsidentin machen zu können, bevor ich abtrete."
Ihr Schmerz vergrößerte sich noch.
„Und warum wolltest du es mir nicht erzählen?"
„Weil ich dein Leben nicht durcheinander bringen wollte. Aber jetzt ... der Vorstand wird verstehen, dass ich mein Lebenswerk meiner Tochter hinterlassen möchte. Es wird dir einiges erleichtern."
„Du hast noch mehr Familie."
„Und wem sollte ich die Firma deiner Meinung nach hinterlassen? Der Person, die mich bestiehlt, oder der, die meinen Sohn getötet hat, oder vielleicht der, die jeden Tag betrunken zur Arbeit erscheint?"
In dem Krankenzimmer wurde es still.
Emorys Erklärung hätte eigentlich helfen sollen. Und vielleicht half sie ja tatsächlich, wenn Renee ihren Schmerz darüber, dass sie getäuscht worden war, verkraftet hatte. Warum hatte ihre Mutter ihr nichts erzählt? Hätte sie es irgendwann getan? Renee machte die Tür auf und rannte blindlings den Flur hinunter. Erst als sie ihr Auto erreicht hatte, blieb sie stehen. Sie schloss die Tür auf, rutschte hinters Steuer und ließ den Tränen, die sie die ganze Zeit über zurückgehalten hatte, freien Lauf. Jetzt stand nicht mehr allein ihre Zukunft infrage, sondern ihre Vergangenheit ebenfalls.
Hawk starrte auf die geschlossene Tür. „Das sieht nicht gut aus sagte er in die Stille hinein.
Emory seufzte. „Sie ist eine vernünftige Frau. Eine der vernünftigsten, die ich je kennen gelernt habe. Es kam alles nur ein bisschen plötzlich." Emory verengte die Augen, während er Hawk musterte. „Aber ich habe mich gefragt, ob zwischen dir und Renee etwas ist. Gibt es da etwas, das ich wissen sollte, Hawk?"
Verdammt, dachte Hawk. Der schlaue alte Fuchs sah Dinge, die sonst niemand sah. Eigentlich war Hawk überrascht, dass Emory nicht schon früher etwas von dem, was da zwischen ihm und Renee lief, gemerkt hatte, aber sie hatten sich große Mühe gegeben, es geheim zu halten. „Ja, es gibt etwas." Hawk schob die Hände in seine Gesäßtaschen. „Wir sind ein paar Mal zusammen ausgegangen." Er hatte nicht die Absicht, weiter darauf einzugehen.
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