Tiffany Duo 134
interessant und nicht, weil es viel Geld wert wäre.“
„Ich passe trotzdem auf ihn auf.“
„Wir spionieren unsere Gäste nicht aus, Ahmed“, sagte sie entschieden. „Außerdem gibt es im Moment noch gar nichts zu stehlen.“
„Sie haben mich nicht verstanden, Ilehnisa .“ Er schaute sie aus dunklen Augen eindringlich an. „Ich passe auf Alex Bok auf, der so ein guter Freund von dem Schmuggler ist. Vielleicht stiehlt Alex Bok die Sachen ja später, wenn Farid weg ist.“
„Machen Sie sich nicht lächerlich. Alex ist kein Dieb.“
„Ich passe trotzdem auf“, beharrte er und beendete die Diskussion, indem er wegging.
Frustriert schaute sie mit gerunzelter Stirn in den farbenprächtigen Abendhimmel. Absurd. Nur weit Alex Farid kannte, musste das noch lange nicht heißen, dass er irgendwelche zwielichtigen Verbindungen zu dem Mann hatte. Himmel, schließlich hatte ihre eigene Schwester schon einmal im Gefängnis gesessen. Aber das bedeutete nicht, dass Nora ebenfalls kriminell war.
Und doch beunruhigte es sie. Ebenso wie es sie beunruhigte, dass Alex ihr nie genau erklärt hatte, was vor einem Monat im Negev tatsächlich passiert war. Jetzt fragte sie sich zum ersten Mal, was er überhaupt dort gemacht hatte.
Plötzlich fiel ihr ein, wie er sie heute Morgen angeschaut - und was er gesagt hatte. Ich hätte Ihnen die Kehle durchschneiden können.
War der Überfall im Negev womöglich eine Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Banden gewesen? Nora schüttelte ungehalten über sich selbst den Kopf. Sie hatte zu viel Fantasie, das war ihr Problem. Dabei hatte sie gerade an diesem Morgen erst gedacht - befürchtet -, dass sie sich in den Mann verliebt haben könnte. Und jetzt reichten schon ein paar offene Fragen, um ihn sich als eine verdächtige Figur vorzustellen.
Fragen, die sie wahrscheinlich gar nichts angingen. Sie sollte ihr Interesse besser auf die Ausgrabung konzentrieren. Und damit war sie weiß Gott genug beschäftigt.
Sie begann weiterzugehen, aber nach ein paar Schritten blieb sie erneut stehen. Während sie sich in irgendwelche privaten Sorgen verrannt hatte, war es fast dunkel geworden.
Aus der Ferne drang das Heulen eines Schakals zu ihr herüber, ein Laut, der so unheimlich war wie sonst nichts auf der Welt. Nora rieselte ein kalter Schauer über den Rücken. Der Mond war noch nicht herausgekommen, und die kahlen Felsen um sie herum verloren in der zunehmenden Dunkelheit ihre Formen. Das Land erschien ihr plötzlich fremd. Bedrohlich.
Zu viel Fantasie, erinnerte sie sich selbst, wobei sie sich umdrehte und auf den Lichtschein zuging, der aus dem Hauptzelt fiel.
Aber es konnte trotzdem nicht schaden, Alex morgen ein paar Fragen zu stellen. Was er mit Farid zu tun hatte und warum er vor vier Wochen allein im Negev unterwegs gewesen war.
Am nächsten Morgen erwachte Nora mit einem Gefühl von freudiger Erwartung, das sie sich nicht erklären konnte. Dabei sollte sie sich eigentlich eher Sorgen machen, wie sie eine halbe Tonne Steine wegschaffen konnten, ohne dass der Tunnel einstürzte.
Fröhlich in sich hineinsummend schlug sie die Zeltplane zurück und trat mit einem Badetuch und einem Kaftan in der Hand hinaus in einen pinkfarbenen und goldenen Morgen. Obwohl es noch früh am Tag war, war sie später dran als normalerweise. Da Alex ihr gestern Abend gesagt hatte, dass er sie heute nicht begleiten könne, war ihr eingedenk ihres Versprechens nichts anderes übrig geblieben, als aufs Laufen zu verzichten.
Statt sich darüber zu ärgern, blieb sie vor ihrem Zelt stehen, um den herrlichen Sonnenaufgang zu genießen. Gleich darauf ließ sie sich von der Gier eines Vogels faszinieren, der, einen glänzenden schwarzen Käfer unverrückbar im Blick, vor ihr auf dem Weg hüpfte.
Von der anderen Seite des Zeltplatzes drang ein vertrautes Gemurmel herüber. Es stammte von Ahmed, der sein Morgengebet verrichtete. Nora lächelte über den Sonnenaufgang, den Vogel und das Gebet und fügte, dankbar für den Tag und den Augenblick, ein stummes eigenes hinzu.
Ein paar Sekunden später schnappte sich der Vogel den Käfer und flog davon, Ahmeds Gemurmel versiegte, und Nora machte sich auf den Weg zur Dusche.
Aber warum sollte sie sich auch nicht gut fühlen? Sie war an dem Ort, an dem sie sein wollte, und sie machte die Arbeit, die sie liebte. Die Schmerzen von ihrem Sturz hatten nachgelassen. Das alles einschließlich des Luxus, eine gute halbe Stunde länger als gewohnt im Bett
Weitere Kostenlose Bücher