Tiffany Duo 134
wenn Sie mich nicht mehr brauchen.“
Jawhar musterte ihn einen Moment „Es liegt in der Natur der meisten Menschen, sich an das Leben zu klammern. Sie könnten allerdings in den nächsten Tagen die Erfahrung machen, dass der Tod ein Segen sein kann. Aber wir werden vorher erst noch etwas anderes ausprobieren.“ Er gab dem Mann, der neben ihm stand, ein Zeichen, woraufhin dieser zu Alex trat und ihm den Hemdsärmel nach oben schob. In seiner Hand lag eine Injektionsspritze.
Alex verzog keine Miene, als der Mann ihm die Kanüle in die Armbeuge stach. Eine schwache Hoffnung keimte in ihm auf, vermischt mit Angst. Vielleicht wurde es ja nicht so schmerzhaft wie erwartet. Nicht beim ersten Mal zumindest.
Als das Rauschgift in seine Blutbahn einzusickern begann, machte sich ein Kältegefühl in ihm breit.
„Es gibt viele Wege, einen Menschen zum Sprechen zu bringen, und ich bin kein Freund von unnötiger Grausamkeit“, sagte Jawhar. „Auf diese Weise werde ich am ehesten erfahren, was Sie wissen, und ich werde Ihnen weniger Schmerzen verursachen.“
Nora hörte alles mit an. Sie hockte auf dem kalten Steinboden vor der Tür und lauschte mit angehaltenem Atem. Obwohl sie durch die Schlitze nichts von Alex sehen konnte, hörte sie doch jede Frage, die gestellt wurde, und jede ausweichende Antwort. Und jede Ohrfeige.
Nach einer Zeit, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, brachten sie ihn zurück. Sie schlossen die Tür auf und stießen Alex hinein.
Er musste sich bücken, um durch die niedrige Türöffnung zu kommen. Einer der Wachmänner versetzte ihm von hinten einen Stoß, so dass er stolperte und fast hingefallen wäre. Mit einem Stöhnen richtete er sich wieder auf.
Sie rannte zu ihm.
„Oh, mein Gott, Alex“, sagte sie und legte den Arm um ihn. „Komm, du musst dich setzen.“
„Schon gut“, gab er mit schleppender Stimme zurück.
„Kann im Moment nur nicht reden. Mein Hirn ist Matsch ... die Droge.“
„Ich weiß. Hast du Schmerzen? Sie haben dich geschlagen.“
„Nicht schlimm. Nur ein paar Ohrfeigen.“ Er erschauerte. „Aber eiskalt ist mir. Frierst du auch so, Nora?“
„Komm und leg dich hin.“ Sie versuchte ihn zu dem Feldbett zuziehen. „Pass auf, dass du dich nicht stößt. Zieh den Kopf ein.“
Er stemmte seine Füße in den Boden und weigerte sich, auch nur einen Schritt zu gehen, obwohl er schwankte wie ein junger Baum im Wind. „Es wird dir dort nicht gefallen. Es ist zu schmal.“
„Natürlich wird es mir gefallen. Ich wärme dich. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sie ihn unter gutem Zureden zu dem Feldbett geschleppt hatte, doch nachdem er schließlich dort war, ließ er sich mit einem erleichterten Aufseufzen darauf niedersinken. Nora drehte sich um, um die Decke zu holen, die bei der Tür lag, wobei sie aufpasste, dass sie sich nicht an der niedrigen Decke stieß.
Seine Hand schloss sich überraschend fest um ihr Handgelenk.
„Geh nicht weg.“
„Ich gehe nicht weg.“ Sie glättete die Falten auf seiner Stirn. „Ich hole nur die Decke.“
„Leg dich mit mir hin.“
„Ja.“ Sie blinzelte ihre Tränen weg. „Ich bin gleich wieder da.“
Als sie mit der Decke zurückkam, hatte er sich schon hingelegt. Er hatte sich auf die Seite gerollt, so dass sie neben ihm auch noch Platz finden konnte. Seine Augen waren geschlossen, aber sobald sie neben ihm lag, schlang er einen Arm um sie und zog sie eng an sich heran.
„Warm“, murmelte er. „Du bist, so warm, Nora.“
Sie schloss die Augen und versuchte einzuschlafen, aber sie war zu angespannt und überhaupt nicht müde. Immerhin hatte sie ja erst vor kurzem mehrere Stunden geschlafen.
Sie machte die Augen wieder auf.
Unter normalen Umständen war Nora mutig. Aber diese Situation war von jeder Normalität weit entfernt. Sie befanden sich in der Hand von Leuten, die keine Grenzen kannten, wenn es um ihre Sache ging. Und das machte ihr schreckliche Angst.
Rigoros schob Nora alle Gedanken an das, was passieren könnte, beiseite. Sie führten zu nichts. Sie versuchte an die Ausgrabung zu denken. Was würde Tim tun, wenn er sie vermisste? Doch dieses Thema war nicht viel besser, denn am Ende merkte sie, dass sie sich schon wieder auszumalen begann, was mit ihnen - und vor allem mit Alex - geschehen würde.
Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, und es dauerte lange, bis sie endlich den lange herbeigesehnten Schlaf fand.
Wirre Träume störten Noras Schlaf. Sie hatte sich verlaufen und irrte allein durch
Weitere Kostenlose Bücher