Tiffany Duo 40
auf den Bürgersteig, wobei sie das Buch und
einen Schuh verlor und ein scharfer Schmerz ihren Arm durchzuckte, als sie gegen
die steinerne Wand eines Gebäudes prallte.
Der Mercedes schoss vorbei und fuhr ihren Schuh platt. Claires Herz schlug, als
wollte es zerspringen, während sie dem davonrasenden Wagen hinterher schaute.
Offensichtlich hatte der Fahrer, ein dunkelhaariger Mann mit einem dichten
Vollbart, seine Gedanken woanders gehabt, jedenfalls schien er von dem »Beinah-
Unfall« nicht die geringste Notiz zu nehmen. In den belebten Straßen Jerusalems mit
einem solchen Tempo zu fahren war verrückt. Claire erinnerte sich an Samuel
Wellmann und fragte sich, warum so viele israelische Fahrer im
Geschwindigkeitsrausch waren.
Sie fuhr sich mit zitternden Händen über das Gesicht, und erneut spürte sie einen
scharfen Schmerz in der Schulter. Sie hatte sich schmerzhaft gestoßen, aber es hätte noch schlimmer kommen können. Wenn du nicht noch rechtzeitig hochgeschaut
hättest und auf den Bürgersteig gesprungen wärst, sagte sie sich, oder wenn du
gestolpert wärst.
Sie holte mehrmals tief Luft und ließ die Hände wieder sinken. Einige Passanten
betrachteten sie neugierig. Ein Mann sprach sie auf hebräisch an. Vermutlich wollte
er wissen, ob sie verletzt sei, und Claire versuchte ihn mit einem Kopfschütteln zu
beruhigen. Sie hätte auch gelächelt, aber ihre Lippen zitterten zu stark, um zu
gehorchen.
Sie versuchte, sich durch einige tiefe Atemzüge zu beruhigen, und fragte sich, ob sie die Worte laut geäußert hatte. Der ältere Mann, der sie angesprochen hatte, hatte
das Buch und Claires Schuh von der Straße geholt und gab ihr die Sachen jetzt.
»Danke Ihnen«, brachte sie endlich heraus. Sie versuchte,
den Schuh anzuziehen. Er war völlig aus der Form und drückte am Spann, aber
wenigstens war der Absatz noch dran.
In diesem Moment trat eine Frau aus dem Haus, an dessen Wand Claire immer noch
lehnte, weil sie nicht sicher war, ob sie schon gehen konnte.
»Ich habe alles gesehen«, sagte die Frau auf englisch mit einem starken Akzent. Sie
war ziemlich dick, hatte schwarzes Haar und kaum größer als einsfünfzig. Vermutlich
eine Palästinenserin, dachte Claire. Die Frau unterhielt sich kurz mit dem Mann und
packte dann Claire am Arm. »Sie haben Glück gehabt, nicht wahr? Er sagt, Sie seien
nicht verletzt.«
Claire nickte. »Ich bin nur geschockt und fürchterlich erschrocken.«
»Kommen Sie mit.« Die Frau zog sie auf die Tür des Hauses zu. »Setzen Sie sich kurz
hin, und ruhen Sie sich aus. Ich bringe Ihnen eine Tasse Tee.«
Die Frau fühlte Claire in ein Geschäft, in dem es dämmerig war und angenehm nach
exotischen Gewürzen roch. »Setzen sie sich.« Sie drängte Claire auf einen Stuhl in
einer Ecke. »Autofahrer! Sie sind alle verrückt. Mein Sohn ist ein guter Junge, aber sobald er in einem Auto sitzt, ist er genauso verrückt wie alle anderen.« Sie
schüttelte den Kopf. »Die Regierung sollte irgend etwas unternehmen. Warten Sie
hier, ich mache Ihnen einen Tee, ja?«
Claire nickte lächelnd. Sie war froh, dass sie ein paar Minuten verschnaufen konnte.
Die Frau verschwand in einem Hinterzimmer, und Claires Augen gewöhnten sich
langsam an das Dämmerlicht. In den Regalen standen Gewürze, Tee und
Kaffeesorten aus aller Herren Länder. Als die Besitzerin zurückkam, hatte sie zwei
Tassen dampfenden Tees in den Händen und setzte sich neben Claire auf einen
Stuhl.
»Das riecht köstlich«, sagte Claire, nachdem sie die angebotene Tasse genommen
hatte. Sie nippte vorsichtig daran. Der Tee schmeckte leicht nach Mandeln und
etwas Fruchtigem, vielleicht Orangen. »Wunderbar.«
»Sind Sie Engländerin?«
»Amerikanerin.«
»Ah, Amerikanerin. Sie sind Touristin.« , »Nicht ganz. Ich bin im Auftrag meiner
amerikanischen Firma hier und werde eine Weile bleiben. Ich bin Claire Weston. Sie
sind sehr nett. Vielen Dank.«
»Ach, nicht der Rede wert. Ich bin Ilse Khaldun. Gefällt Ihnen mein Geschäft?«
»Ja, es ist faszinierend. Ich könnte hier Stunden verbringen, um mir alles
anzusehen.«
»Kommen Sie irgendwann wieder, ja? Und bringen Ihre Freunde mit?«
Claire lächelte. »Ich kenne noch niemanden, das heißt, kaum jemanden. Aber ich
kann mir vorstellen, dass Ihr Geschäft trotzdem gut läuft.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Die Einnahmen reichen für die Miete und für das
Essen.« Sie schaute zur Decke. »Mein Mann und ich leben
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