Tiffany Duo 40
Claire
lächelte ihn über den kleinen, mit Leinen gedeckten Tisch hinweg an. »Ich kann mich
nicht erinnern, jemals so hungrig gewesen zu sein.«
Sie trug einen Satinmorgenmantel in derselben tiefroten Farbe wie der Wein in den
schlanken gerillten Gläsern sie hatte. Der Mantel bildete vorn ein tiefes V, das einen erregenden Blick auf die Ansätze ihrer Brüste freigab. In dem gedämpften Licht der
Lampen schimmerte ihre Haut wie rosa Elfenbein, und ihr Haar war immer noch
reizend verwirrt. Eine schwache Brise, die durch die halb offenen Balkontüren
hereindrang, spielte mit einer widerspenstigen Locke, die ihr über die Wange fiel.
Oliver fühlte eine schmerzhafte Spannung in der Brust, während er Claire anschaute.
Er war sich nicht sicher, zu welchem Zeitpunkt es passiert war, aber irgendwann,
während sie sich geliebt hatten, hatte sich sein Plan, das Wochenende zu genießen
und dabei unbeteiligt zu bleiben, zerschlagen. Er schwankte zwischen Trauer und
Dankbarkeit hin und her. Trauer darüber, dass ausgerechnet Claire ihn von allen
Frauen, die er je gekannt hatte, am tiefsten berührte und Dankbarkeit, weil er ein so tiefes Gefühl überhaupt kennenlernen durfte. Er weigerte sich allerdings immer
noch, es Liebe zu nennen.
»Sex macht immer hungrig«, sagte er.
Claire bemerkte die Belustigung in seinem Blick, hob den Kopf und griff nach ihrem
Weinglas. »Spricht da die Stimme der Erfahrung?« Sie nippte an dem Wein. Er hatte
ein volles Bouquet und machte sie ein bisschen schwindlig. Es ist nicht nur der Wein, sagte sie sich. Die Benommenheit kam von diesem wundervollen Erlebnis von
vorhin. »Wie viele Geliebte hast du gehabt, Oliver?«
»Du überraschst mich, Claire. Eine Lady fragt so etwas nicht.«
Claire dachte einen Moment nach und stützte das Kinn in die Hand. »Ich dachte, wir
hätten uns darauf geeinigt, dass
ich keine Lady bin.« Sie warf einen Blick auf das zerwühlte Bett, und als sie Oliver wieder ansah, leuchtete ihr Blick übermütig. »Aber um auf diese Frage
zurückzukommen, ich wette, es waren so viele, dass du es aufgegeben hast, sie zu
zählen.«
»Claire.« sagte er warnend, aber seine Lippen zuckten verräterisch, trotz seines
Versuchs, entsetzt zu wirken.
Sie schaute ihn scharf an. »So viele, ja?«
Oliver lachte auf und reichte über den Tisch, packte Claires Nacken, zog sie zu sich herüber und küsste sie rasch und heiß auf die leicht geöffneten Lippen. Sie
schmeckte nach Wein und nach Frau, und Oliver fühlte, wie sein Blut sich erhitzte.
Als er sie losließ, ohne den Blick von ihr abzuwenden, befeuchtete sie sich die
Lippen. »Willst du mich ablenken?«
»Ja.« Er lehnte sich zurück und griff nach der Weinflasche, um ihre Gläser
nachzufüllen. Diese Aufgabe beruhigte ihn. »Iß, bevor alles kalt wird!«
Das erinnerte Claire wieder an ihren Hunger, und sie widmete sich dem köstlich
zubereiteten Fisch. Während des Essens leerten sie die Flasche Wein.
Schließlich schob Claire ihren Teller zurück. Sie strich Butter auf ein Brötchen und sagte: »Das ist das beste Brot, das ich bisher in Israel gegessen habe. Normalerweise sind die Brötchen steinhart.«
»Das Hotel hat einen der berühmtesten Küchenchefs des Landes. Das und die
Aussicht sind der Grund, warum ich hier übernachten wollte.« Sein Blick glitt zum
Ausschnitt ihres Morgenmantels, und er hatte Mühe, ihn wieder auf ihr Gesicht zu
lenken.
Claire lächelte. »Welche Aussicht meinst du?«
»Die vom Balkon«, antwortete er belustigt.
Sie aß ihr Brötchen auf und wischte sich die Finger an der Serviette ab. Dann stand
sie auf und nahm ihn bei der Hand. »Lass sie uns genießen.«
Oliver folgte Claire auf den Balkon. Dort lehnte sie sich an
das Geländer und schaute hinunter zum Strand, der von den Lichterketten der
Hotelterrasse erleuchtet wurde. Hinter dem Sand war das Meer schwarz und
geheimnisvoll. Die Brandung rauschte unablässig, und die salzige Luft war eine Spur
kühl. Oliver legte Claire den Arm um die Taille, und sie schmiegte sich an ihn.
»Schön«, flüsterte sie. »Können wir morgen an den Strand gehen?« Er legte das Kinn
sanft auf ihren Scheitel. »Hast du deinen Badeanzug dabei?«
»Willst du damit sagen, dass Nacktbaden verboten ist?« In der Dunkelheit
überflutete ihr betörender Duft seine Sinne. »Für dich schon.«
»Ich habe mir schon gedacht, dass du das so sehen würdest«, sagte sie und lachte.
»Deshalb habe ich meinen Badeanzug auch
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