Tiffany Duo 40
das Gebäude wollen, mißtrauischer sein. Ich werde es schon schaffen.«
Oliver schob die Hände in die Taschen. »Bist du sicher? Ich könnte über Nacht hier
bleiben.«
»Nein.« Sie ging an den Schrank, holte zwei Tassen heraus und wandte sich um. »Du
kannst mich nicht rund um die Uhr bewachen«, sagte sie und erwiderte Olivers
Blick. »Du musst arbeiten und ich auch.«
Er sah eine kleine Ader an ihrer Schläfe pochen und wusste, dass Claire längst nicht so sicher war, wie sie vorgab. Er
musste sich zusammennehmen, um sie nicht in die Arme zu nehmen. Statt dessen
lehnte er sich gegen die Türfassung. »Meine Arbeit kann warten«, sagte er ruhig.
»Wenn ich deinen Freund Green richtig verstanden habe, hast du sie schon viel zu
lange warten lassen«, sagte sie mit einem humorlosen Lachen. Der Duft des frisch
aufgebrühten Kaffees erfüllte die Küche. Claire ging zum Herd und goss Kaffee in
zwei Tassen.
Oliver richtete sich auf. »Das ist nicht wichtig.«
»Doch das ist es!« Claire wirbelte herum. »Du bist nicht verantwortlich für mich, und ich will nicht, dass du deinen Job aus einem falsch verstandenem Pflichtgefühl
heraus vernachlässigst.« Entschlossen stellte sie seine Tasse auf den Tisch und
nippte im Stehen an ihrem Kaffee.
Oliver bemerkte die Schatten unter ihren Augen. Letzte Nacht hatte sie unruhig
geschlafen. Und auf der Rückfahrt nach Jerusalem hatte sie kaum gesprochen. Er
ging zum Tisch, und während er seine Tasse nahm, sagte er: »Du kannst nicht
einfach so tun, als wäre nichts geschehen.«
Claire betrachtete ihn ernst und trank noch einen Schluck. »Das habe ich auch nicht
vor. Ich habe während der Fahrt darüber nachgedacht. Wenn jemand mich
umbringen will, wird er wahrscheinlich versuchen, es wie einen Unfall aussehen zu
lassen. Sonst hätte er sicher eine Pistole benutzt. Leuchtet dir das nicht ein?«
»Möglicherweise hast du recht«, stimmte Oliver ihr nach kurzem Nachdenken zu.
»Eine Pistole wäre sicherer. Außerdem könnten sie dich damit auch aus der
Entfernung töten.«
»Deshalb werde ich die Türen abschließen, wenn ich hier oder im Büro bin. Und ich
werde vorsichtig sein, wenn ich ausgehen.« Sie stellte ihre leere Tasse in das
Spülbecken, lehnte sich gegen den Küchenschrank und fuhr sich mit den Fingern
durchs Haar.
»Du bist erschöpft und brauchst Ruhe.« Er stellte die halbvolle Tasse Kaffee weg und ging zu ihr. »Wirst du schlafen
können?«
Claire nickte. »Mach dir keine Sorgen um mich.«
Er strich ihr sanft mit den Fingern über die Wange. »Versprich mir, dass du anrufst, wenn du irgend etwas brauchst.« Seine Stimme klang rau. »Ich kann in ein paar
Minuten da sein.«
»Das mache ich«, flüsterte sie.
Er küsste sie zärtlich und streichelte liebevoll ihren Hals. Claire öffnete die Lippen und hätte sich gern an ihn geschmiegt, um bei ihm alles zu vergessen. Aber das
traumhafte Wochenende war vorbei. Die Rückkehr nach Jerusalem war auch eine
Rückkehr in die Wirklichkeit gewesen.
Oliver richtete sich wieder auf und schaute Claire eindringlich an. »Ich finde schon allein hinaus. Geh du jetzt schlafen.« Er legte einen Moment die Hand auf ihr Haar,
bevor er den Raum verließ.
Claire bewegte sich nicht, bis sie die Tür hinter ihm ins Schloss fallen hörte. Einem zwanghaften Impuls gehorchend, überprüfte sie dennoch, ob die Tür zu war, und
legte die Sicherheitskette vor. Sie überprüfte auch die Fenster, obwohl sie wusste,
dass Oliver das schon gemacht hatte. Als sie sich endlich sicher genug fühlte, nahm
sie eine heiße Dusche und ging ins Bett.
Trotz ihrer Müdigkeit konnte sie nicht sofort einschlafen. Die Ereignisse vom
Wochenende, die so viele Zweifel und Ängste in ihr geweckt hatten, zogen noch
einmal vor ihrem inneren Auge vorbei. Der Schlüssel zu allem, zu dem bärtigen
Fremden, dem Beinah-Unfall in Jerusalem und vielleicht auch zu dem fast tödlichen
in Atlanta, musste in ihrem verlorenen Gedächtnis liegen. Wenn nicht, war sie nicht
in Gefahr, und alles war nur ein verrückter Zufall. Doch das konnte sie erst
entscheiden, wenn sie ihre Erinnerung an den Monat vor ihrem Unfall in Atlanta
wiederfand.
Warum schaffte sie es nicht?
.Claire wälzte sich ruhelos in ihrem Bett hin und her und suchte nach einer
bequemeren Lage. Dieser Gedächtnisverlust
machte ihr alles und jeden verdächtig, sogar Oliver.
Oliver. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er etwas vor ihr verbarg. Aber wie
konnte
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