Tiffany Duo 40
Bruchstücke des Traums
wieder in ihr Bewusstsein drangen. »Ich habe mich gestritten«, sagte sie
nachdenklich. »Mit Ron Wiley.«
»Deinem Chef«, stellte Oliver nüchtern fest.
Sie nickte. »Ich glaube, es war mehr als nur ein Traum, es war eine Erinnerung. Ron
und ich hatten einen schrecklichen Streit. Ich hielt ihm irgendwelche Papiere hin,
und er riss sie mir aus der Hand. Ich war so wütend. «
»Erinnerst du, was das für Papiere waren? Briefe? Notizen?«
Claire versuchte vergeblich, sich daran zu erinnern. »Ich weiß nicht, es ist so
verwirrend. Ron und ich waren fast immer einer Meinung, und ich kann mir nicht
vorstellen, was uns so wütend aufeinander gemacht haben könnte.«
Oliver stützte sich auf einen Ellbogen auf. Claire fühlte, wie seine Muskeln sich
anspannten und wie er sie in der Dunkelheit anschaute. »Claire, es könnte wichtig
sein. Denk nach! Was hat er in dem Traum zu dir gesagt? Was hast du gesagt?«
»Ich habe nachgedacht. Aber ich konnte nichts hören. Es war fast wie in einem
Stummfilm. Wir waren in Rons Büro, aber ich konnte nicht hören, was wir gesagt
haben.«
Er stieß heftig die Luft aus. »Versuch dich zu erinnern.«
Warum ist Oliver so hartnäckig? fragte sie sich. »Versuchen
allein nützt nichts«, entgegnete sie. »Das mache ich schon seit Monaten.«
Er ließ sich nach hinten fallen. »Vielleicht versuchst du es bewusst, aber ein Teil von dir will sich nicht erinnern. Sonst könntest du es.«
Er klang fast verärgert, und Claire drehte sich von ihm weg auf die Seite. Warum ist es so wichtig für ihn, dass ich mich erinnere? fragte sie sich. Dann fielen ihr Bob
Green und Olivers geheimnisvolles Verhalten wieder ein. Hatten sie über sie
geredet? Sie hatte den Eindruck, dass es noch vieles gab, was sie von Oliver nicht
wusste.
Oliver ballte verzweifelt die Hände zu Fäusten. Wollte jemand Claire töten? Er
konnte nicht sicher sein, solange er nicht wusste, woran sie sich nicht erinnerte. Wie sollte er sie beschützen, wenn er nicht wusste, wovor? Es war zwar immer noch
wichtig für ihn, dass seiner Schwester Gerechtigkeit widerfuhr, aber Claires
Sicherheit war ihm inzwischen ebenso wichtig geworden. Sie selbst war ihm wichtig.
Oliver fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Er konnte genauso gut zugeben, dass
er sich in sie verliebt hatte. Er wusste nicht, wie und wann es geschehen war, aber
etwas Schlimmeres hätte nicht passieren können. Es würde seine Nachforschungen
unendlich viel schwieriger machen.
Wenn Claire die Wahrheit über ihn erfuhr, hasste sie ihn womöglich. Doch bis dahin
war sie verwundbar für ihn, und er musste sichergehen, dass ihr nichts geschah.
Seine Gefühle für sie konnte er klären, wenn alles vorbei war. Er drehte sich auf die Seite und zog sie an sich, und Claire kuschelte sich an ihn. Sein warmer Atem streifte ihr Haar.
»Es tut mir leid«, flüsterte Oliver. »Ich weiß, dass du dich erinnern willst.«
»Es ist schon gut«, sagte sie leise und streichelte seine Hand, die auf ihrer Brust lag.
Es war so viel einfacher, beruhigt wieder in den Schlaf zu sinken, als die
beunruhigenden Gedanken weiterzuverfolgen, die sich ihr aufgedrängt hatten.
9. KAPITEL
Oliver steckte den Schlüssel in das neue Türschloss von Claires Wohnung. Es war
sieben Uhr am Sonntagabend, und sie waren gerade aus Tel Aviv zurückgekommen.
Sie hatten vorher im Büro des Hausverwalters die Schlüssel abgeholt, und Claire war
sichtlich erleichtert gewesen, dass der Hausverwalter ihre Anordnungen befolgt und
während ihrer Abwesenheit neue Schlösser eingebaut hatte.
Oliver ging voraus in die Wohnung, um sie kurz zu überprüfen, dann kam er zu Claire
in die Küche. Sie machte gerade Kaffee und hatte Oliver das Profil zugewandt. Das
Haar fiel ihr ins Gesicht, und einen Moment lang nahm er den Duft von Flieder wahr.
»Sieht aus, als wäre alles in Ordnung«, sagte Oliver, nachdem er Claire eine Weile
beobachtet hatte.
»Danke.« Sie seufzte müde auf, als sie die Kaffeekanne auf den Herd stellte. In Tel
Aviv hatte sie es geschafft, ihre Ängste zu vergessen, aber hier in Jerusalem stiegen sie erneut in ihr hoch. Dennoch war sie fest entschlossen, wegen einer Sache, die
bloßer Zufall sein konnte, nicht überzureagieren. Bei aller Vorsicht wollte sie doch nicht aufhören, das Leben zu genießen. »Der Hausverwalter hat versprochen, den
anderen Schlüssel gut aufzubewahren. Und er will in Zukunft Fremden gegenüber,
die in
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