Tiffany Duo 40
solltest warten, bis du dich wieder genau an alles erinnern kannst, bevor du mit Beschuldigungen um dich wirfst«, riet er ihr. »Wir haben viel Vertrauen in dich
gesetzt, Claire. Ich hoffe, du enttäuschst uns nicht.«
War das eine versteckte Warnung, dass sie ihren Job verlieren würde, wenn sie
weiterhin Zweifel an Wiamcyn äußerte? »Ich kann dazu jetzt nicht mehr sagen,
Ron.«
»Natürlich, das verstehe ich.« Er klang mitfühlend.
»Dann also auf Wiedersehen.« Claire legte auf, beugte sich über die Couch und
nahm den Kopf zwischen die Hände. Sie
versuchte sich auf das zu konzentrieren, was in Rons Büro passiert war. Sie erinnerte sich daran, dass sie Drapers Nachricht gelesen und wieder in den Ordner
zurückgelegt hatte. Aber auf Rons Schreibtisch hatte noch eine andere Mitteilung
gelegen. Eine an Draper von Rons Vater, Adam Wiley. Habe ich die auch gelesen?
fragte sie sich. Dann fiel es ihr ein. Ja. ja! Sie hatte sie gelesen! Sie war zwar
vorsichtig formuliert gewesen, aber sie enthielt die Androhung einer Kündigung,
falls der Wissenschaftler sich weiterhin der Vermarktung von Wiamcyn
entgegenstellen würde.
Claire fuhr sich mit den Händen durchs Haar und lehnte sich seufzend gegen die
Couch. Es sah Adam Wiley ähnlich, jemanden zu feuern, der sich ihm
entgegenstellte. Und Reynolds Draper war ebenso unabhängig wie Adam Wiley. Er
hätte sich wegen seines Jobs nicht den Mund verbieten lassen, wenn er Zweifel an
Wiamcyn gehabt hätte. Nach Rons Darstellung hatten die Ergebnisse der späteren
Tests Draper dazu gebracht, seinen Widerspruch aufzugeben. Außerdem hätte die
Gesundheitsbehörde das Mittel nicht freigegeben, wenn nicht genug
Forschungsmaterial vorgelegen hätte.
Und letztlich war Claire sich ihrer Erinnerung immer noch nicht sicher genug, um
den Streit fortzuführen. »Du musst warten, bis du dich genauer erinnern kannst«,
sagte sie sich laut.
11. KAPITEL
Claire kam es vor, als würden die nächsten Tage nur schleichend vorübergehen. Sie
konnte Oliver nicht treffen, der gesagt hatte, wenn er nicht arbeiten würde, sei er
bald arbeitslos. Also richtete sie die neuen Büros fertig ein und bestellte das nötige Zubehör. Vom Arbeitsamt in Jerusalem bekam Claire Bewerberinnen geschickt für
die Stelle der Empfangsdame und Sekretärin, und sie begann, die Kandidatinnen zu
befragen.
Aber immer wieder wurde sie von ihren Gedanken an Oliver
abgelenkt. Was tut er gerade? Wie konnte er soviel zu tun haben, dass er nicht
einmal Zeit für einen Anruf fand? Sie sagte sich, dass sie keinen Grund hätte, sich
vernachlässigt zu fühlen. Schließlich hatte sie Oliver nicht am Bändel, und er konnte jederzeit aus ihrem Leben verschwinden.
Du versuchst dich auf das Schlimmste vorzubereiten, stellte sie fest. Aber ihre
Bemühungen brachten ihr nur einen dumpfen nagenden Kopfschmerz ein, der vier
Tage anhielt, bis Oliver sie am Samstag endlich anrief und sie fragte, ob sie am
Sonntag mit ihm nach Petra fahren wolle. Er erklärte nicht, warum er sie nicht früher angerufen hatte, und sie fragte nicht nach den Gründen.
Mit gemischten Gefühlen legte Claire schließlich den Hörer auf. Einerseits war sie
erleichtert durch seinen Anruf, andererseits ärgerte sie sich darüber, dass sein
Stillschweigen sie so mitgenommen hatte. Sie hatte sogar einen Moment lang mit
dem Gedanken gespielt, eine frühere Verabredung für Sonntag vorzuschwindeln.
Wie kann er sich so sicher sein, dass er mich so kurzfristig sehen kann, wie es ihm
beliebt? fragte sie sich. Aber sie wollte ihn unbedingt sehen und hatte zugestimmt.
Claire begrüßte ihn sehr kühl, als er am Sonntag an ihrer Tür erschien. Er sah müde
aus, so als hätte er tatsächlich ununterbrochen gearbeitet. Sie unterdrückte ihr
Mitleid, und als er sie umarmen wollte, wich sie ihm aus. »Ich hole meine Tasche«,
sagte sie statt dessen.
Im Wagen stellte Oliver lächelnd fest: »Du bist verärgert.«
Claire schloss heftig den Sicherheitsgurt. »Wie kommst du darauf?«
Er musterte aufmerksam ihr Gesicht, bevor er den Motor anließ. »Dein Kinn verrät
dich. Du streckst es nach vorn, wenn du wütend bist.«
Einen Moment lang schaute sie ihn an, dann gab sie auf. »Verdammt, Oliver, warum
hast du mich die ganze Woche nicht angerufen?«
Der Motor lief, aber Oliver fuhr nicht los. »Ich sagte dir
doch, dass ich arbeiten würde.« Er hatte eine Woche lang nichts als Nummern
gelesen, bis sie ihm vor den Augen
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