Tiffany Duo 40
gehalten.«
»Draper ist verschwunden.«
Claire erbleichte. »Was? Woher weißt du das?«
»Bob Green hat es mir erzählt, als wir uns in Tel Aviv getroffen haben.«
Claire erschrak und rieb sich die Arme. »Glaubst du, dass er tot ist?«
»Wenn er klug ist, hat er sich versteckt. Auf jeden Fall wissen sie, wo du bist, Claire.
Und wenn du Wiley erzählt hast, dass du dich an den Inhalt dieses Dossiers
erinnerst, weiß er, dass du die Firma ruinieren kannst.«
Claire begriff nur langsam, was er meinte. »Ron? Nein, ich kann nicht glauben, dass
er hinter den Anschlägen auf mein Leben steckt.«
»Ron oder Adam oder beide.«
»Sie sind keine Verbrecher!«
»Es wird sie Millionen kosten, wenn sie den Fall verlieren. Vielleicht steht sogar die Existenz der Firma auf dem Spiel.« Er sah, wie Claire den Kragen ihres
Morgenmantels packte. »Verstehst du jetzt, in welch großer Gefahr du schwebst?«
Claire wurde noch bleicher, schaute ihn aber weiterhin scharf an. »Ich weiß, was ich tun muss«, sagte sie langsam. »Ich habe darüber nachgedacht, und es ist der einzige
Ausweg.«
»Was?«
»Ich werde alles, was ich über Wiamcyn weiß, veröffentlichen.«
»Claire, die Notiz in dem Dossier ist sicherlich schon verschwunden, und du hast
keinen Beweis dafür. Sie werden sagen, du hättest dich geirrt. Sie werden deinen
Gedächtnisverlust anführen und dich als psychisch labil darstellen.«
»Lass sie machen, was sie wollen. Wenn ich gesagt habe, was ich weiß, werden sie
keinen Grund mehr haben, mich loszuwer-
den, falls sie überhaupt die Schuldigen sind.«
»Warte, bis wir herausgefunden haben, was mit Draper passiert ist«, bat er.
»Nein.« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Ich habe mir alles genau überlegt. Ich
werde mit einem Reporter reden, Bob Green ist doch einer. Vermutlich ist er an der
Wiamcyn-Story interessiert und wird glücklich sein zu hören, was ich ihm zu
erzählen habe. Wie kann ich Verbindung mit ihm aufnehmen?«
Oliver schaute einen Moment weg. Als er sie wieder anblickte, hob er die Schultern.
»Das wird nicht nötig sein.«
»Wenn du es mir nicht sagst, finde ich ihn auch allein. Du hast erwähnt, dass er
für ,World Press' arbeitet.« Sie ging zum Telefon, aber Olivers nächste Worte hielten sie auf.
»Du kannst es genauso gut mir erzählen. Ich arbeite auch für, World Press'.«
Irgendwie schien es Claire, als hätte sie es die ganze Zeit über gewusst. Oliver selbst arbeitete an dem Wiamcyn-Artikel, nicht Green. Also war nicht nur seine Schwester
der Grund gewesen, warum er ihr nach Israel gefolgt war. Mein Gott, war ich
dumm! sagte sie sich. Sie bekämpfte den Schmerz in ihrer Brust. Du kannst später
zusammenbrechen! sagte sie sich. Jetzt musst du zuerst einmal deine Haut retten.
Sie zwang sich dazu, zu dem Lehnstuhl zurückzugehen und sich hinzusetzen.
Es fiel Claire leichter, die Geschichte zu erzählen, ohne Oliver ansehen zu müssen.
Sie saß ruhig und mit geschlossenen Augen da und sagte ihm, an was sie sich
erinnerte. Während sie redete, erinnerte sie sich an immer mehr Einzelheiten, so als hätte der Entschluss zu reden einen Knoten gelöst. Sie konzentrierte sich auf die
Story und schob die Gedanken an die Enttäuschung und den Schmerz durch Olivers
Betrug beiseite.
Oliver machte Notizen und schaute gelegentlich zu Claire hin. Er hätte die Story gern zurückgehalten, bis man Draper gefunden hätte, aber Claire hatte deutlich gemacht,
dass sie einen anderen Reporter suchen würde, wenn Oliver die Enthüllungen nicht
sofort veröffentlichte. Vielleicht ist eine sofortige Veröffentlichung
wirklich ihr bester Schutz, dachte er. Ihm fielen die tiefen Schatten unter ihren
Augen auf, die dadurch, dass sie die Wahrheit über ihn erfahren hatte, sicher nicht
verschwinden würden. Aber sie würde ihm bestimmt nicht erlauben, mehr für sie zu
tun, als dafür zu sorgen, dass sie wieder ruhig schlafen konnte.
Als sie fertig war, sagte er: »Das hier wird eine Artikelserie über den Prozess
werden, und ich werde nur das schreiben, was du mir erzählst. So wird niemand
verleumdet werden.«
Claire öffnete die Augen. »Was wirst du über das Verschwinden Dr. Drapers
schreiben?«
»Nur, dass wir vergeblich versucht haben, eine Stellungnahme von ihm zu
bekommen.« Er schraubte den Füller wieder zu und legte ihn neben den Notizblock
auf den Couchtisch. »Komm«, sagte er dann und unterdrückte das Verlangen, sie
festzuhalten und den Schmerz
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