Tiffany Duo 40
»Ich hab dir den Ball zugeworfen, Baby. Fang ihn auf
oder geh nach Hause.«
Ja, es war höchste Zeit für einen neuen Beginn. Der Schock
über den Verlust der beiden geliebten Menschen hatte sie in eine seltsame Trägheit
versetzt. Sonst hätte sie schon vor zwei Jahren gekündigt.
»Gesucht: Ehefrau für Rancher.« Madelyn griff nach der Zeitung und las die Anzeige
noch einmal. Nein, so verzweifelt war sie nun auch wieder nicht, oder? Sie brauchte
einen Job, einen Tapetenwechsel, aber keinen Mann.
Andererseits war sie achtundzwanzig, alt genug, um zu wissen, dass ihr die
Großstadthektik nicht zusagte - obwohl sie fast immer in Städten gelebt hatte.
Während ihrer Kindheit in Richmond war sie so glücklich gewesen, wenn sie an den
Wochenenden die kleine Farm ihrer Großmutter besucht hatte, in einer stillen,
schönen Landschaft. Sie hatte die Ruhe und den Frieden dieses Hauses stets
genossen und sich danach zurückgesehnt, als sie nach der Wiederverheiratung ihrer
Mutter nach New York gezogen war.
Nein, so verzweifelt war sie nicht - aber neugierig, und sie brauchte dringend eine
Ablenkung von ihren Problemen, während sie überlegte, welchen Job sie sich
suchen sollte -und wo. Es wäre wie ein erstes Rendezvous. Und wenn es klappte -
okay. Sie hatte nichts gegen Montana. Und wäre es nicht lustig, wenn sie ihren
Enkeln erzählen könnte, sie habe den Großvater mittels einer Heiratsanzeige kennen
gelernt? Und wenn - was wahrscheinlicher war, - nichts dabei herauskam, würde es
niemandem schaden. Wenn sie auf die Heiratsannonce eines Montana-Ranchers
antwortete, würde sie sich viel sicherer fühlen als bei einer Verabredung mit dem
Verfasser einer der hochgestochenen New Yorker Anzeigen.
Von plötzlicher Abenteuerlust gepackt, spannte sie ein Blatt Papier in ihre
Schreibmaschine ein, tippte einen Antwortbrief, adressierte ein Kuvert, klebte eine
Marke darauf und warf es in den Ablagebehälter für die Post. Danach verspürte sie
ein flaues Gefühl im Magen, als hätte sie eine unglaubliche Dummheit gemacht.
Aber genauso war ihr auch zumute gewesen, als sie das erste Mal am Steuer eines
Autos gesessen hatte. Und wenn
sie Achterbahn gefahren, aufs College gegangen, zum erstenmal geflogen und zu
ihrem ersten Rendezvous gegangen war. Dieses Gefühl hatte fast alle Premieren
ihres Lebens begleitet, doch niemals eine Katastrophe angekündigt. Statt dessen
hatte sie alle neuen Erfahrungen sehr genossen. Vielleicht war das ein gutes
Zeichen.
Jedenfalls gab es nichts zu befürchten. Wahrscheinlich würde sich dieser Montana-
Rancher gar nicht bei ihr melden. Was hatten sie schon für Gemeinsamkeiten?
Ray Duncan las den New Yorker Absender auf dem Kuvert und runzelte die Stirn. Er
schlitzte es auf und zog ein mit Maschine beschriebenes Blatt heraus. Was wusste
eine New Yorkerin vom Leben auf einer Ranch? Er war versucht, den Brief in den
Mülleimer zu werfen. Sicher wäre es reine Zeitvergeudung, ihn .zu lesen - ebenso
wie die Fahrt nach Billings, wo er seine Post abgeholt hatte. Heute hatte er nur diese eine Antwort bekommen - ausgerechnet aus New York.
Da das Interesse an seiner Anzeige nicht gerade überwältigend war, beschloss er,
den Brief zu lesen. Erst die dritte Antwort... Offenbar gab es nicht allzu viele Frauen, die auf einer Ranch in Montana leben wollten.
Das kurze Schreiben enthielt bemerkenswert spärliche Informationen. Sie hieß
Madelyn S. Patterson, war achtundzwanzig, nie verheiratet gewesen, gesund, kräftig
und arbeitswillig. Als einzige der drei Frauen hatte sie es versäumt, ein Foto
beizulegen.
Sie war jünger als die beiden anderen. Die Lehrerin, etwa in seinem Alter, sah nicht übel aus. Die andere war sechsunddreißig, zwei Jahre älter als er, und nie berufstätig gewesen. Sie hatte ihre invalide Mutter gepflegt, die kürzlich gestorben war. Nach
dem Foto zu schließen, unscheinbar, aber nicht hässlich. Beide dürften realistischere Erwartungen in das harte Leben auf einer abgeschiedenen Ranch setzen als diese
Madelyn S. Patterson.
Andererseits könnte sie ein Kleinstadtmädchen sein, das nach
New York gezogen war und dem die dortige Atmosphäre nicht gefiel. Sie musste die
Heiratsanzeige in einer Zeitung aus dem Mittelwesten gelesen haben, die ihr
geschickt worden war.
Jedenfalls hatte er zu wenige Antworten erhalten, als dass er sich's leisten konnte, diesen Brief zu ignorieren. Er würde mit Madelyn S. Patterson die gleiche
Vereinbarung
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