Tiffany Duo 40
elend, in seinem Kopf pochte es schmerzhaft,
immer wieder drehte sich sein Magen um. Aber er schleppte sich aus dem Bett und
versorgte die Tiere im Stall. Die trugen keine Schuld daran, dass er ein verdammter
Narr war.
Als das Kopfweh nachließ, war es zu spät, um nach Crook zur
Gemischtwarenhandlung zu fahren und neue Türschlösser zu kaufen.
Am folgenden Tag begannen die Kühe zu kalben. Es war immer dasselbe - sobald die
erste ihre Wehen bekam und sich an ein stilles Plätzchen zurückzog, um ihr Kälbchen
auf die Welt zu bringen, nahmen sich die anderen ein Beispiel daran. Und sie
suchten sich die unmöglichsten Schlupfwinkel aus. Für einen einzelnen Mann war es
eine beinahe unlösbare Aufgabe, alle Kühe aufzuspüren, nachzusehen, ob es den
winzigen Tierchen gut ging, den Kühen zu helfen, die in Schwierigkeiten gerieten,
kranke Kälber zu verarzten und totgeborene wegzubringen. Jedes Mal mangelte es
mindestens einer Kuh am nötigen Mutterinstinkt, und sie weigerte sich, ihren
Sprössling anzunehmen. Solche Kälber mussten von anderen Kühen »adoptiert«
oder im Stall großgezogen werden.
Es dauerte drei Tage, bis er sich endlich eine Atempause gönnen konnte. Erschöpft
sank Ray auf die Couch im Wohnzimmer und schlief sechzehn Stunden lang.
Fast eine Woche, nachdem Madelyn die Ranch verlassen hatte, fand Ray endlich
Zeit, um nach Crook zu fahren. Schmerz und Wut hatten sich in ein dumpfes Gefühl
der Leere verwandelt.
Als er auf Floris' Cafe zufuhr, entdeckte er den weißen Ford, der davor parkte.
Sein Herz begann wie rasend zu schlagen. Madelyn war also zurückgekommen.
Offenbar machte sie im Cafe Rast, ehe sie ihre Sachen von der Ranch holen wollte.
Er stoppte den Lieferwagen vor der benachbarten Gemischtwarenhandlung, starrte
den Kombi an und trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. Vertrauter Zorn
explodierte in ihm, und plötzlich gewann er eine Erkenntnis, in blendender Klarheit.
Er würde sie nicht gehen lassen. Und wenn er sie vor allen Scheidungsrichtern im
ganzen Land bekämpfen musste - er wollte seine Ranch erhalten, und Madelyn
würde seine Frau bleiben. Die Trennung von Alana war ihm nicht schwergefallen.
Aber Madelyn durfte ihm nicht weglaufen. Sie erwartete sein Baby, ein Baby, das
unter seinem Dach aufwachsen sollte - und wenn er sie jeden Tag ans Bett fesseln
musste, ehe er zur Arbeit ging.
Ray stieg aus dem Lieferwagen und eilte mit grimmiger Miene zum Cafe. Die Absätze
seiner Stiefel donnerten auf dem hölzernen Gehsteig.
Er stieß die Tür auf, blieb mitten im Gastraum stehen, ließ seinen Blick über die
Nischen und Barhocker wandern. Nirgends entdeckte er eine langbeinige Blondine
mit trägem Lächeln, nur zwei Cowboys saßen an der Theke.
Dann schwang die Küchentür auf, und seine langbeinige Blondine kam heraus, mit
Schürze, zwei Teller in den Händen, auf denen sich dampfende Pommes-Frites Berge
neben riesigen Hamburgern häuften. Sie schaute ihn kurz an, und ohne eine Miene
zu verziehen, servierte sie den Cowboys ihr Essen. »Ihr müsst mir's sagen, wenn ihr
noch einen Nachtisch wollt. Floris hat heute morgen einen Apfelkuchen gebacken.
Der schmeckt so gut, dass man weinen könnte.« Dann musterte sie Ray mit kühlen
Augen. »Ja, bitte?«
Die Cowboys drehten sich um, und einer hüstelte, als er feststellte, mit wem
Madelyn sprach. Ray kannte fast jeden im Umkreis von hundert Meilen, und die
Leute kannten ihn auch, zumindest vom Sehen. Und man kannte auch Madelyn.
Eine so attraktive, stilvoll gekleidete Frau blieb nicht unbemerkt. Also wussten die zwei Cowboys, dass es der Ehemann der neuen Kellnerin war, der mit unheilvoller
Miene hinter ihnen stand.
Mit gefährlich ruhiger Stimme sagte Ray: »Bring mir eine Tasse Kaffee.« Dann
schlenderte er zu einer Nische, setzte sich und streckte die Beine aus.
Sofort bediente sie ihn, stellte eine Tasse Kaffee und ein Glas Wasser vor ihn auf den Tisch. Dann schenkte sie ihm ein unpersönliches Lächeln, das ihre Augen nicht
erreichte, und fragte: »Sonst noch was?« Dabei wandte sie sich bereits ab.
Er packte ihr Handgelenk und zwang sie, stehen zubleiben. Als er die zarten Knochen
unter seinen starken Fingern spürte, wurde ihm plötzlich klar, wie aussichtslos sie
ihm in körperlicher Hinsicht unterlegen war. Trotzdem wich sie niemals vor ihm
zurück. Nicht einmal im Bett, wenn er ihre Hüften umfasste und kraftvoll in sie
eindrang - im Gegenteil, sie hob sich empor und schlang
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