Tiffany Duo 48
und Sybil erkannte sofort den Duft von Muschelsuppe mit
Tomaten und Champignons aus dem Restaurant in der Stadt. Ihr wurde ganz
schwach vor Hunger. "Wie können Sie so etwas sagen, nachdem ich Ihnen ein
solches Friedensangebot mitgebracht habe?"
Er spielte mit ihr, das war ihr ganz klar, und seine schönen Augen funkelten beinahe
diabolisch. Nur der Teufel selbst würde einer völlig ausgehungerten Frau
Muschelsuppe mit Tomaten und Champignons vor die Nase halten. "Ein
Friedensangebot?" Sie hatte zynisch klingen wollen, aber ihre Stimme hörte sich
eher kläglich an.
"Das dem Vergnügen dient, nicht der Ernährung" er zeigte auf die Tüte. "Suppe, Rauchfleischsandwiches und sogar die Cola, die Sie wohl am liebsten haben, den
leeren Dosen hinten in ihrem Wagen nach zu urteilen."
Sybil stand auf und dachte über diese Versuchung nach. Der griechischen
Mythologie nach war Persephone von Hades in die Unterwelt entführt worden. Sie
wäre mühelos wieder freigekommen, wenn der Hunger sie nicht überwältigt und sie
nicht diese sechs Granatapfelkeme gegessen hätte. Die Geschichte sollte ihr
eigentlich zu denken geben. Auch vor ihr stand ein gefährlicher, äußerst
verwirrender Mann und bot ihr köstliche Rauchfleischsandwiches und Cola an. Ob
sie dem wohl widerstehen konnte?
"Was verlangen Sie als Gegenleistung?" fragte sie argwöhnisch.
Er lächelte vollkommen unschuldig. "Gar nichts! Ich erwidere nur den Gefallen, den Sie mir gestern abend erwiesen haben, und füge sogar noch einen hinzu - ich werde
nämlich mit Ihnen essen."
Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu. "Rauchfleischsandwich?"
"Und Cola."
Wie konnte er nur ihre größte Schwäche kennen, eine Schwäche, die sie immer so
hart zu bekämpfen versuchte. "Nun ja, wenn Sie wirklich ein Vampir sind, sollte das Rauchfleischsandwich Sie auf Distanz halten."
"Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen. Wahrscheinlich sind Vampire sogar ganz
verrückt nach Knoblauch."
"Ihnen ist aber auch nichts heilig." Sybil ging voraus in die alte Küche, die zum Haus gehörte. "Dem Ganzen entnehme ich, daß Sie alles gefunden haben, was Sie
brauchen? Das Lebensmittelgeschäft, das Restaurant und den Getränkemarkt?"
"Ehrlich gesagt, im Moment reicht mir wohl das Schnellrestaurant in Danbury.
Vielleicht können Sie mir später sagen, wo ich sonst noch hingehen kann."
"Mit Vergügen", murmelte sie und deckte den Tisch.
"So habe ich das nicht gemeint."
"Schade." Sybil öffnete eine Coladose und seufzte genüßlich auf, während sie ihr Glas füllte. "Wie haben Sie sonst den Morgen verbracht?"
"Ganz schön neugierig!" Er biß in sein Sandwich. "Nun, ich habe Besuche gemacht."
Dulcy, dachte sie und fühlte sich plötzlich elend. Nein, Dulcy war ja in ihrer Kanzlei.
"Ich wußte gar nicht, daß Sie hier schon Leute kennen", wagte sie sich vorsichtig vor.
"Ich habe sie gestern kennengelernt. Die Schwestern Muller kamen mit Ihrer
Freundin Leona vorbei, und sie baten mich, doch heute früh zu ihnen zum Frühstück
zu kommen."
"Und das haben Sie getan?"
"Warum dieser skeptische Unterton? Das sind zwei faszinierende alte Damen. Sie
versorgten mich mit höllisch starkem Kaffee, klebrigsüßen Wecken und viel
Kleinstadtklatsch. Ich habe mich prächtig amüsiert."
"Ich hätte nicht gedacht, daß die beiden nach Ihrem Geschmack sind."
"Bisher haben wir noch gar nicht festgelgt, was nach meinem Geschmack ist. Und
ich mag alte Damen. Sie sind immer äußerst mitteilsam und informativ."
Sybil trank ihr Glas leer und begann mit der Suppe. "Zumindest habe ich ein ziemlich reines Gewissen, sie können Ihnen nichts allzu Peinliches von mir erzählt haben."
"Ehrlich gesagt, wir haben gar nicht von Ihnen gesprochen."
Sie warf ihm einen prüfenden Blick zu. "Verzeihung. Im Winter werde ich immer
etwas ich bezogen."
"Es ist nicht so, daß ich nicht vorgehabt hätte, sie gründlich über Sie auszufragen.
Aber dann wurden wir durch ihren kürzlich erlittenen Verlust ganz von diesem
Thema abgelenkt."
Aus einem unerfindlichen Grund fühlte Sybil sich besser. "Ich weiß, ist das nicht furchtbar? Sie haben ihre gesamten Ersparnisse durch dieses dumme
Investmentprogramm verloren."
"Das sagten sie mir."
"Wenigstens haben sie noch genug zum Leben", fuhr Sybil fort. "Sie werden keine Not leiden müssen. Es bekümmert sie jedoch, daß sie nun nichts mehr haben, das
sie ihren Nichten und Neffen vererben können."
"Miss Edla meinte, sie wären nicht die
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