Tiffany Duo 48
zurück. "Das ist die falsche Richtung", rief er, der heftige Wind riß ihm die Worte von den Lippen. "Das Haus ist dort drüben."
"Natürlich." Zitternd schlang sich Sybil den dünnen Tuchmantel fester um den Körper. Hatte sie doch nur ihre alte Daunenjacke an! Ganz zu schweigen von warmer
Unterwäsche Jeans und Stiefeln. "Gehen wir." Sie machte zwei Schritte zurück, dann knickte sie auf ihren hohen Absätzen um und fiel erneut in den Schnee.
Einen Moment lang blieb sie einfach liegen, heiße Tränen strömten über ihre kalten
Wangen. Dieses Mal half Nick ihr nicht einfach auf die Beine, er nahm sie
kurzerhand auf die Arme und ging zielstrebig los, mitten in den Schneesturm hinein.
Sybil wehrte sich anfangs, aber ein Klaps von ihm brachte sie zum Schweigen. "Je eher wir endlich ins Haus kommen, desto besser", rief er gegen den heulenden Wind an. "Und wenn ich dich trage, kommen wir viel schneller voran."
Sybil fügte sich und gab sich alle Mühe, ganz reglos in seinen Armen zu liegen. Sie
haßte das alles, den Schnee, die Kälte, den Sturm und auch Nicks Gesellschaft.
Wenigstens jetzt, in dieser Situation.
Einmal rutschte Nick aus, so daß sie beide im Schnee landeten, aber ehe Sybil noch
aufstehen und selbst weiterlaufen konnte, hatte er sie schon wieder hochgehoben,
wie es schien, ohne die geringste Mühe, und stapfte unbeirrbar weiter durch den
Schnee.
Es verschlug ihr kurz den Atem, als Nick abrupt gegen eine unnachgiebige Mauer
prallte. Die Farm! Wieder landeten sie beide im Schnee, und diesmal tat Nick gar
nichts, um ihr aufzuhelfen. Er war zu beschäftigt damit, seiner Wut freien Lauf zu
lassen.
Sybil überhörte sein Fluchen. Sie stand mit zittrigen, halb erfrorenen Beinen auf und faßte nach dem Türgriff. Die Tür war abgeschlossen, und nun schimpfe auch Sybil
entnervt los.
"Beruhig dich", murmelte er gepreßt und brauchte eine Ewigkeit, um in der
Dunkelheit das Schlüsseloch zu finden. "Wir sind ja gleich drinnen."
"Gleich dauert zu lange!" stieß sie zähneklappernd hervor. "Habe ich dir nicht gesagt, du brauchst in dieser Gegend nicht abzuschließen?"
"Alte Angewohnheiten legt man nicht so schnell ab." Endlich hatte er das Schloß gefunden, die Klinke gab nach, die Tür ging
auf. Sie stolperten ins Haus, in die Wärme und die Sicherheit, und brachen auf dem
Dielenfußboden zusammen. Nick trat die Tür mit dem Fuß zu, dann blieb er
schweratmend und erschöpft halb über Sybil liegen.
Sybil hatte das Gefühl, am ganzen Körper steifgefroren zu sein, in ihren
Haarsträhnen hing Eis, ihre Hände waren gefühllos, und ihre Zähne schlugen so hart
aufeinander, daß sie kaum sprechen konnte. Letzteres würde Nick bestimmt zu
schätzen wissen.
"Hast du die Heizung nicht abgestellt, als du wegfuhrst?" stammelte sie und versuchte, unter ihm wegzurutschen. So verschneit wie er war, wurde ihr durch
seine Nähe noch kälter.
"Nein, zum Glück nicht", erwiderte er matt.
"Zum Glück", echote sie. "Würdest du bitte zur Seite rutschen? Du fühlst dich an wie eine kalte Schneewehe."
"Der Wunsch einer Dame ist mir Befehl." Mühsam stand er auf und reichte ihr die Hand, um ihr behilflich zu sein. Ihre Knie gaben nach, und sie taumelte gegen seine
kalte, schneebedeckte Brust, Schauernd wich sie zurück, ihr war, als hätte sie einen
Eisbären umarmt.
Nick schaltete das Licht an. Es war so hell, daß Sybil geblendet die Augen schließen
mußte. Sie schwankte.
"Ich will, daß du ins Schlafzimmer gehst und dich ganz ausziehst", ordnete er an.
"Vergiß es."
"Und dann duschst du so heiß wie möglich und bleibst so lange unter der Dusche,
bis du aufgetaut bist. Ich rede hier nicht von Sex, Saralee, hier geht es nur ums reine Überleben. Wenn du dich aufgewärmt hast, findest du ein paar frische Sachen in
meinem Schrank. Ich mache inzwischen Feuer und suche uns etwas zu trinken."
"Keinen Liebestrank, bitte", murmelte sie. "Zwei Portionen sind mehr als genug."
"Zwei? Wer hat dir denn die zweite verabreicht?"
"Spielt keine Rolle", wehrte sie ab. "Zeig mir, wo es lang geht."
Sanft schob Nick sie durch das dunkle Wohnzimmer ins Schlafzimmer. Sybil tastete
nach dem Lichtschalter, taumelte ins Bad und fing an, sich ihre völlig vereisten
Sachen auszuziehen. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, die Tür zu schließen.
Wenn Nick in dieser Situation den Voyeur spielen wollte, war das sein Problem. Sie
sehnte sich nur danach, endlich wieder warm zu werden.
Zuerst schmerzte das
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